Billy Bob Thornton brachte mich dazu, über meinen moralischen Kompass zu sinnieren. Es es wirklich okay, wenn man einen Killer wie Lorne Malvo mag. Das ging mir nämlich so, als ich ihn in „Fargo“ sah. Das ist umso erstaunlicher, da es sich nicht um Taten handelte, die im Affekt geschahen. Sondern Malvo ging immer planvoll zu. Im Gegensatz zu Lester Nygaard (gespielt vom grundsympathischen Martin Freeman), der verbrecherische Tendenzen erst entwickelt, nachdem er in einem Anfall von Wut seine Frau umbrachte. Interessanterweise fand ich Nygaard nicht halbso interessant und sympathisch.

Ich habe „Fargo“ in Schüben gesehen. Die erste Folge mit der besten Ehefrau, die es gibt. Wir fanden sie skuril, es lag auf meiner Schiene. Aber es kam, wie es kommen musste – wir schauten sie nicht weiter zusammen. Irgendwann gab es eine Woche des Strohwitwer-Seins, in der ich viele Folgen im Stück wegschaute. Bis zur Folge 9. Die hatte ich, wie ich letzte Woche merkte, nur bis zur Hälfte geschaut. Irgendwann muss man das mal zum Ende bringen. Jetzt also: Geschafft! Viele Sachen sieht man und denkt sich: „War gut, aber muss jetzt nicht noch mal.“ Da gehören so Mainstream-Serien wie „Bones“, „NCIS“ und Co. zu – solide gemacht und unterhaltsam. Die Zeit, die man es schaut, bereut man nicht, wenn man dem Genre geneigt ist. Aber noch einmal schauen? Fiele mir im Leben nicht ein. (Vielleicht in zwanzig Jahren aus nostalgischen Gründen…) „Fargo“ indes kann ich mir gewiss noch einmal anschauen.

Der Abschluss war okay für mich, aber ich fragte mich natürlich, wie es in der Staffel zwei wohl weitergehen würde. Also schaute ich, es war schon weit nach Mitternacht an dem Tag, auch noch die erste Folge. Ich will noch keine Wertung abgeben, da ich mit den Figuren noch warm werden muss (gleicher Name, andere Gesichter), aber die liebevolle Umsetzung der Zeit fällt schon mal ins Auge (überall hängen Reagan-Plakate an den Wänden).

Was ich auch immer wieder schauen kann, ist „Big Bang Theory“ und freue mich über den Erfolg der Serie. Wir haben nach der Veröffentlichung der DVD von Staffel 8 alles recht flott gesehen. Jetzt haben mir einzelne Folgen aus der Staffel noch einmal gegeben – ein halbes Jahr später. In der 7. Folge taucht ein Arzt mit dem Namen „Oliver Lorvis“ auf, der einigermaßen fasziniert von Penny ist. Schlaffe Schultern, sehr höflich, ist er der Meinung, dass Penny sich in ihn verliebt hat und lässt sich nur widerwillig vom Gegenteil überzeugen. „Den kennst Du doch“, dachte ich mir und dann kam es – das ist ja der sympathische Killer-Darsteller Billy Bob Thornton.

Lustig auch, dass wir den Darsteller des Raj Koothrappali der Serie – Kunal Nayyar – in einem kanadischen Bollywood-Film gesehen hab. Ich war ein wenig skeptisch, nachdem ich las, dass in dem Film getanzt wird. So etwas spricht mich normalerweise nicht so an. Aber die überwiegend guten Kritiken machten uns weich, mal „Dr. Cabbie“ anzuschauen. Will man einem Film, der gute Laune machen soll und einen nicht mit Tiefe quält, vorwerfen, dass er vorhersehbar ist? Nöö, würde ich mal sagen, denn wir haben den Film gesehen und fühlten uns für den Sonnabend sehr gut unterhalten. Kunal Nayyar war eindeutig engagiert worden, um der Spaßvogel zu sein. Für Popkorn-Kino war das haargenau richtig und wenn man damit umgehen kann, das Leute in einem Film tanzen, auch die kühle kanadische Blondine, die gar nicht so aussieht, als würde sie so tanzen wollen, wid man seinen Spaß haben.

„Whiplash“ war da schon ein anderes Kaliber. Als ich gehört habe, dass J.K. Simmons den Oscar als bester Nebendarsteller bekommen hat, freute ich mich wirklich. Denn seine Darstellung in der Serie „The Closer“ war schon prägnant. Da spielte er definitiv eine Nebenrolle. Aber in „Whiplash“ war zwar nicht der Haupt-Hauptdarsteller, aber eine Nebenrolle. Für mich ist ein Nebendarsteller jemand, auf den ein Film auch verzichten kann, ohne dass die Geschichte zusammenbricht. Ich habe erhebliche Zweifel, dass der Film noch funktionieren würde, wenn es die Figur des brutalen Fletchers als Musiklehrer und Band-Leaders nicht geben würde. Andererseits hoffe ich, dass es nicht zu viele Lehrer gibt, die so sind, wie die Darstellung des Lehrers. Man fragt sich schon, warum in einem schusswaffenbetonten Land wie den USA, dieser Lehrer so lang überleben konnte, und nicht einer seiner Schützlinge Amok gelaufen war. Ganz gewiss gehört dieser Film nicht in die Kategorie „Popkorn-Kino“.

Apropos Comedy: Ich hatte vor Kurzem geschrieben, dass die meisten Comedy-Serien einen gewissen Anlauf brauchen, bevor sie funktionieren. Wir haben am Sonnabend eine entdeckt, auf die das nicht zutrifft. Auf Netflix entdeckten wir „Lovesick“, eine britische Serie und noch gar nicht so alt. Ich entdeckte nur ein bekanntes Gesicht. Die Darstellerin der Evie spielte in Misfits mit und ich fand sie da genauso sympathisch. Es geht um einen Mittzwanziger, der erfährt, dass er eine Geschlechtskrankheit hat (nichts, was wirklich dramatisch wäre). Nun hat er eine Liste gemacht und möchte seine Verflossenen (eine ganze Reihe) über die Tatsache informieren. Ein Großteil der Geschichte machen Rückblenden aus. Von null auf hundert,  kann man sagen, hat sich die Serie einen Platz bei uns erobert. Mit Schrecken musste ich feststellen, dass es nur sechs Folgen bisher gibt. Netflix hat zwar angekündigt, dass es eine zweite Staffel drehen wird – aber wann wird die fertig sein?