Das Erstaunliche an den Safari-Fahrzeugen, mit denen wir die letzten Tage über Stock und Stein geholpert sind, war eigentlich, dass sie so verdammt gut gepolstert sind. Ging es rasant über einen Huckel konnte man schon mal hochgeschleudert werden, aber man landete wieder ganz bequem auf seinen Sitz. Die Strecken, die da gefahren werden, haben es wirklich in sich und dass die Guides hier in ihrer Ausbildung das »Fahren« lernen, erscheint bei den Wegen auch ganz logisch. In der normalen Fahrschule bekommt man das nicht mit auf den Weg.

Während die Ranger in den staatlichen Nationalparks sich strikt an die Wege halten, die vorgegeben sind, auch wenn sie mehr Wege befahren dürfen als der gewöhnliche Fahrer, sieht das in den Private Game Reserves ganz anders aus. Es gibt mehr Wege durch den Busch und wenn unbedingt ein Tier beguckt werden soll, dann fährt man auch abseits der Wege – was richtiges Können sowohl des Guides wie auch des Trackers erfordert. Die Truppe hatte sich noch mit zwei Ferngläsern versorgt, um Tiere besser sehen zu können. Während das im Krüger sehr hilfreich war, war es im Timbavati nicht notwendig: Die Ranger fuhren uns immer direkt an die Tiere. Manchmal hätte man nur den Arm ausstrecken müssen, um eine Giraffe, einen Elefanten oder ein Nashorn streicheln zu können. Dass das keine gute Idee ist, wird einem aber schon an Tag 1 der Tour beigebracht und kommt gleich nach der Lektion, dass man nicht aus dem Auto aussteigen soll. Die Tiere bekommen diese Lektion übrigens nicht beigebracht und so musste sich Daniel, der Tracker, vorn auf seinem Sitz gegen neugieriges Ertasten von Seiten der Elefanten schon mal ein wenig wehren.

Der Umgang mit der Umgebung ist trotzdem sehr respektvoll gewesen: Wurde mit einem Wagen in den Busch gefahren, so wurde recht genau darauf geachtet, dass man zurück auf dem gleichen Pfad fuhr. Wenn ich von einer Fahreigenschaft unserer Führerin sehr beeindruckt war, dann von der, wie akkurat sie rückwärts fahren konnte – und, mit welcher rasanten Geschwindigkeit. Das ist jetzt kein »Oh, für eine Frau«-Ding, wäre unser Guide ein Mann gewesen, so hätte ich dies auch erwähnt. Wahrscheinlich ist das rasante Rückwärtsfahren auch Teil der Guide-Offroad-Prüfung. Als wir Sonntag, vorgestern, von unserer Safari zurückkamen – gut abgefüllt mit diversen Getränken unseres Zwischenstopps – hielt unser Wagen unmittelbar vor dem Camp. Der Grund war eine Ameisenstraße über den Weg. Was genau dort gerade passiert, war nicht auszumachen: Vielleicht waren sie gerade auf einem Kriegspfad, vielleicht war auch nur etwas abzutransportieren – auf jeden Fall, wollte unsere Führerin nicht über die Ameisen fahren: Bad Karma! Greta hatte aber ein ganz dringendes Bedürfnis und in der Situation war ihr das Karma der Führerin egal. Aber statt einfach über die Ameisen zu fahren, fuhren wir ein Stück zurück und suchten einen anderen Weg zum Camp. Das war in dem Fall nicht so schwer, aber ich fand es mehr als bemerkenswert. Gestern morgen trafen wir auf einen Elefanten, der auf der Straße im Stehen schlief. Sie fuhr nicht näher an ihn heran oder um ihn herum, damit würde sie ihn wecken (und eventuell verärgern).

Während es Sonntag-Morgen während der Safari auch mal geregnet und gedonnert hatte, wogegen wir uns mit gestellten Ponchos wappneten. So ein wenig Regen hält uns doch nicht von einer Safari ab. Morgens gab es zwischendurch ein paar heiße Getränke und ein wenig Gebäck, abends wurden die härteren Getränke rausgeholt und dazu gab es getrocknetes Obst und Fleisch. Einen Gin Tonic im Busch zu trinken, während die Sonne untergeht – das hat wirklich was.

Die Guides nehmen den Krams in einer Kiste mit, die hintern auf eine Ablage des Range Rover gestellt wird. Es gibt keine weitere Befestigung. Wir fragten unsere Führerin, ob ihr die Kiste schon mal verloren gegangen ist und sie verneinte, das würde ganz gut halten. Da sie die Frage auch interessierte, fragte sie wiederum Daniel, den Tracker, und er meinte: »Einmal, einmal in zwanzig Jahren.« Das stelle ich mir ganz lustig vor, wenn man der Stelle ankommt, wo man den Sun Downer einnehmen möchte und dann feststellt: »Uups, die Kiste ist weg!«

Auf unserer letzte Safari, die wir gestern Morgen hatten, lernten wir keine neuen Tiere kennen. Wir trafen nur auf alte Bekannte, von denen wir uns nun zu verabschieden hatten. Wie auch von dem Luxus, dem persönlichen Butler, das Rundum-Sorglos-Paket, das wir dort hatten. Man mag es erst einmal nicht glauben, aber wir sind recht verwöhnt aus dem Wildnis wiedergekommen.

Unser nächster Stopp lag dann nicht so weit entfernt von dem Game Reserve, wir waren knapp anderthalb Stunden unterwegs – das aber nur, weil man halt sehr langsam in dem Game Reserve fahren darf. Kurz hinter Hoedspruit (also etwa 18 Kilometer) kam die Abbiegung zur Blyde River Wilderness Lodge. Von der Straße weg sind es noch einmal sieben Kilometer. Für die benötigt man sowohl am Tag wie auch in der Nacht etwa 20 Minuten. Die Straße ist entzückend, man wird noch einmal richtig durchgerüttelt. Man fährt dann in ein Private Reserve, welches mit harmlosen Tieren bestückt ist, und kommt dann zur Loge, die – wie der Name es schon verspricht – am Blyde River liegt. Das ist eine grüne Oase und auch die Räume sind schön eingerichtet. Irgendwas gibt es immer, was stört. Das Bett ist ein französisches Doppelbett: Da ich ein Wühler bin, gibt es nachts immer Territorialgefechte mit der besten Ehefrau der Welt, zumal man sich noch um die knappe Decke zu balgen hat. Erschwerend kam hinzu, dass über dem Bett ein Moskito-Netz breitgemacht worden ist, was den Handlungs- und Wühlspielraum weiter einschränkt und welches sich auch nicht beiseite nehmen ließ, da die Ehefrau entschieden der Meinung war, dass es einen guten Grund haben würde, wenn das Netz über dem Bett hängt. Ich hätte gesagt: »Pure Romantik«, aber meine Meinung zählte nicht. Um es besser zu sagen. Links gab es die Balgerei mit der Ehefrau, rechts verfing ich mich im Netz.

Wir waren selten entschlusslahm, als wir gestern hier ankamen. Die Lodge ist unsere »Basis« für die Panorama Route. Diese ist aber vierzig Kilometer weg. Viele andere Sachen kann man hier aber nicht machen. Nachdem wir diverse Hippos gesehen hatten, wollten wir nicht zu Jessica, dem zahmen Hippo. In ein anderes Reserve, um noch mal Safari zu machen, wollen wir auch nicht – die letzten Tage waren nur Safari gewesen. So machten wir uns dann doch auf den Weg, um die ersten Punkte der Panorama-Route »abzuarbeiten«.

Ich könnte schwören, dass vor neun Jahren – als wir das erste Mal dort waren – noch kein Trubel dort herrschte. Auch habe ich so überhaupt gar keine Erinnerung daran, dass wir Eintritt hätten bezahlen müssen. Es sind jetzt keine Unsumme, die man an Eintritt bezahlt. Bei den Three Rondawels waren es 25 Rand, bei den Bourkes Luck Potholes waren es 55 Rand – dafür dass man sich bei jeder der Attraktionen mindest 45 bis 60 Minuten aufhält, ist das wirklich in Ordnung.

Bei den Potholes lagen Glück und Unglück recht nah beieinander. Wir waren da kurz vor fünf Uhr nachmittags angekommen und es war einfach schön, diese Formation und seine Wasserfälle wieder zusehen. (Vermutlich war es auch so, dass es schön war, sie erstmals zu sehen.) Die Junioren-Mannschaft hüpfte auf den Steinen über die kleinen Fälle hinweg und suchte sich seinen Weg. Die alten Kerle musste hinterher. Da waren schon einige Sprünge zu absolvieren und das Risiko, sich dabei richtig zu blamieren, war wirklich nicht gering. Aber es machte irgendwie Spaß und vor allem, ab einem bestimmten Punkt gab es kein zurück mehr. Also ging es nur noch hinterher. Es blieb allerdings Greta vorbehalten, nicht nur sehr aussagekräftige Fotos davon zu machen, wie unelegant ich mich in diesem Terrain bewege, sondern selber auch ein Vollbad zu nehmen. Bei einem Sprung rutschte sie ab und landete voll im Wasser. Es war kein Drama, kleine Dellen gab es jedoch. Der Kommentar ihres Bruders Henrik dazu, nachdem wir das Video im Nachgang dazu betrachteten: »Dabei ist vorher doch ein Typ zu sehen, der das mehrmals ganz elegant macht.« Ist nur noch die Frage, wie man das Material DSGVO-konform Social Media-gerecht aufbereiten kann…

Das zweite Glück, außer dem Anschauen an sich, war: Um fünf Uhr waren alle Leute weg und nur noch wir waren da. Ich weiß nicht, wie oft man als Tourist diese Formation ohne Menschen zu sehen bekommt.

Nachdem wir Greta medizinisch versorgt hatten, ging es wieder zurück in Richtung Hoedspruit, wo wir ein kleines Mahl im Hate & Creek einnahmen. Dreimal Nudeln, viermal Filet: Ich kann nur für meines Filet sprechen – das African Fillet kam mit einer Schokoladen-Chili-Sauce daher. Das Chili hatte keine dominierenden Einfluss, kam sehr milde daher – eine der besten Speisen, die ich während der ganzen Zeit hatte. Dazu hatte ich, um mich von den anderen Filet-Essern abzusondern, auch noch Kartoffelbrei geordert – der im zweiten Anlauf auch kam – und wenn es ein Gedicht von Kartoffelbrei gibt, so kann man ihn in diesem Restaurant finden.

Nach unserer abenteuerlichen Rückkehr in der Wilderness Lodge, checkten wir noch kurz bei Emirates ein und vielen dann erschöpft ins Bett.

Die Worte des Herren aus St. Lucia, der meinte: »In Afrika macht man Safari. Erholen kann man sich später auf Arbeit.« sind gar nicht soweit hergeholt. Einerseits tut es ein wenig weh, dass die Abfahrt so unmittelbar bevorsteht und wir uns jetzt schon Gedanken, um das Zurückkommen machen müssen: Wie lang fahren wir nach Johannesburg? Welche Zeit geben wir Henry, dass er uns zum Flughafen fährt? Hat das mit dem Einchecken geklappt? Statt noch ein wenig Zeit zu haben und im Land herumzudüsen. Schließlich muss ich erst Montag wieder arbeiten. Andererseits bin ich auch ganz froh, dass wir noch drei ganze Tage haben, bevor wir wieder in den Alltagstrott zurückmüssen.