Man ist schon ziemlich alt, wenn man Sätze wie diesen Schreiben kann: »Vor dreiunddreißig Jahren war ich schon mal in Budapest gewesen. Damals…« Ja, also: Vor dreiunddreißig Jahren war ich schon mal in Budapest gewesen. Damals war das ziemlich cool gewesen – es war mein erster Flug gewesen, meine erste Fernreise überhaupt. Das Gute an dieser langen Zeitspanne ist, dass ich kaum noch Erinnerungen an die Stadt hatte und ich der Stadt auch eine lange Zeit gegeben habe, sich zu ändern.

Wir sprechen hier immerhin von 1984 und das war noch vor den Systemwechseln. Ungarn hatte damals schon den Ruf, westlicher zu sein, als der Rest des Ostblocks. Das gab uns die Chance, uns mal richtig arm zu fühlen. Denn in Ungarn war für uns alles teuer. Richtig teuer.

So gesehen ist das jetzt schon besser. Man kann für gutes Geld richtig gut Essen gehen. Zu gehobenen Imbiss-Preisen waren wir am Donnerstag bei einem Vietnamesen quer über die Straße und für verhältnismäßig wenig Geld haben wir gestern hervorragend gegessen. Geht man in den Supermarkt glaubt man sich dann zwar in Deutschland und auch bei manchen Attraktionen, hat man in Budapest an das westliche Niveau gefunden – aber im Großen und Ganzen können wir uns diesmal darüber nicht beklagen.

Wie schon im letzten Jahr in Kopenhagen haben wir uns für eine AirBnb-Wohnung entschieden. Sie liegt mitten in der Innenstadt, eine Minute zum Parlament, drei Minuten zum Adam-Clark-Platz und der Kettenbrücke. Zehn Minuten zu einem wirklich genialen Eisladen. In einem der richtig alten Bürgerhäuser, in denen wir über niedrigstufige Treppen in den zweiten Stock gehen mussten, dann in den Innenhof hinein zu unserer Wohnung gelangen. Was dem Ambiente ein wenig abträglich ist, dass es keine Concierge gibt, die uns hineinlässt, sondern nur einen Code. Aber das ist in Frankreich nicht anders.

Empfangen wurde ich von der Dame, die die Wohnung säubert. Nach einer kleinen Einführung, verschwand sie und ich freute mich, dass es eine schöne Dusche gab. Ein wenig war ich ins Schwitzen gekommen und nach einer langen Reise (ja, fast zehn Stunden waren es schon gewesen), freute ich mich auf einen ausgiebigen Toilettengang und eine schöne lau-kalte Dusche. Raus aus den Klamotten, rein ins Bad. Details will ich hier nicht ausführen, aber ich war mit dem ersten Arbeitsgang noch nicht am Ende, da klingelte es an der Türe. Das Schwesterchen konnte es nicht sein. Was tun? Ich entschied mich, mir eines der Badetücher um den Leib zu spannen, und zu luschern, um wen es sich handeln würde. Die Alternative – ignorieren – hätte bedeutet, dass ich bei geöffneter Bad-Türe eventuell in unvorteilhafter Haltung erwischt worden wäre. Das war, wie sich herausstellte auch das geringere Übel, denn es war die Zugehfrau, der eingefallen war, dass ich gesagt hatte, dass ich nicht mit meiner Frau hier wäre und mir dann vielleicht Bettwäsche fehlen würde. Hah! Bei der Gelegenheit stellte ich fest, dass die Tür nicht abgeschlossen war und jeder jederzeit hätte hereinkommen können.

Nachdem wir Donnerstag Abend getrennt angekommen sind, haben das Schwesterchen und ich uns gestern daran gemacht die Stadt zu erobern. Wir marschierten über die Kettenbrücke nach Buda und wollten mit der Bahn nach oben fahren. Vorher fing uns ein Hop on/Hop off-Jünger ab und verkaufte uns Tickets für den Bus, samt einem Shuttle auf den Berg. Wo man das Geld jetzt ausgibt war egal und für Hop on/Hop off hätten wir uns sowieso entschieden, um einen Überblick über die Stadt bekommen.

Wir lustwandelten auf der Burg, marschierten zur Matthiaskirche, die wir aber nicht besichtigten, verschafften uns aber einen Überblick über Budapest, in dem wir von der Fischerbastei über die Stadt schauten. Dafür muss man natürlich bezahlen. Wir haben ein Ticket erworben, wo man auch die Eintrittskarten für die Kirche bekommt. Die Bastei besteht nun aus zwei Teilen für die man getrennt bezahlen muss. Günstiger kommt man auf der anderen Seite weg und man sieht auch mehr vom Parlament und ist noch ein Stück höher. Warum das so ist, muss man die Ungarn befragen.

Das Schwesterchen hatte mittlerweile Koffein-Entzugserscheinungen, zum Frühstück hatte sie sich keinen Kaffee gemacht, da wir keine Milch hatten (was daran lag, dass bei meinem Supermarkt-Besuch ich vor einer Reihe von Tetra-Paks mit unterschiedlichen Bezeichnungen stand, die alle Milch hätte sein können, aber ich mir nicht gewiss war. Das müssen wir heute noch klären.) Also waren wir bei Starbucks. Wenn man dort was kauft, bekommt man so gar einen PIN, mit dem man die stillen Örtlichkeiten besuchen kann.

So dann ging es hinunter zur Kettenbrücke und ab in den Bus, der uns die nächsten anderthalb Stunden durch die Stadt fuhr und wir einen Überblick bekamen. Wir stiegen dann an der Basilika aus und schlenderten durch die Innenstadt zurück zu unserer Wohnung. Da machten wir uns frisch, ruhten die Füße ein wenig aus und mir wurde berichtet, dass meine Geräusche auch auf eine Komplettabschaltung hindeuteten.

 

Ich hatte gelesen, dass es in der Nähe der Basilika einen sehr guten Eisladen geben würde. Der musste natürlich besucht werden. Nach ein wenig Sucherei fanden wir ihn auch. Der Clou – das Eis wird nicht nur mit einem äußerst leckeren Geschmack bereitgestellt. Nein, sie formen das Eis auch noch als Rose. Das braucht natürlich ein wenig Zeit und deshalb sollte man auch ein wenig Geduld mitbringen. Ich sah allerdings später, dass es eine Dependance ein paar Häuser weiter gab.

Der Marsch ging dann weiter. Die Einkaufsstraßen in Budapest können sich mit jeder anderen europäischen Metropol-Einkaufsstraße messen. Die Architektur ist manchmal beeindruckend, die Läden sind in der Regel langweilig. Tja, isso. Durch die Stadt flitzen junge Männer mit ihren Segways und Monster-Rollern, um Touristen für solche Touren zu bewegen. Wir haben dafür auch Gutscheine, aber wir haben noch für so vieles Gutscheine und so viel Pizza, Gullaschsuppe und Biere können wir überhaupt gar nicht verzerren.

Dann kam der Hunger. Wir entschieden uns für ein Restaurant in der Nähe der Basilika. Das war auf Touristen ausgelegt, keine Frage. Das, was geboten wurde, war trotzdem sehr, sehr gut. Das Schwesterchen hatte ein Paprika-Huhn als Hauptspeise und ich hatte Entenbrust mit Rote Beete in kleinen Kügelchen.

Danach ging es noch zur Nachtfahrt durch Budapest, die anderthalb Stunden dauerte und als wir danach nach Hause kamen, war nicht mehr Zeit für viel. Das Schwesterchen war etwas durchfroren. Aber der Blick von der Budaer Seite auf das Parlament ist gerade nachts wirklich fantastisch. Rätselhaft bleibt jedoch, was das für Vögel waren, die dort so zahlreich über dem Parlament flogen und dem Ganzen einen mystischen  Anstrich gaben. Zumal das am Abend zuvor nicht so war.

Für uns ging es gleich in die Schlafklamotten und dann waren die Äuglein auch schon zu.