Für uns war es die erste Reiseroute, die wir per KI geplant haben. Das war mal eine interessante Erfahrung. An den genauen Prompt kann ich mich nicht mehr erinnern, aber an einige Schlagworte, die ich der KI mitgegeben habe, kann ich mich noch entsinnen: kleine Städte, sehenswert, von Touristen nicht überlaufen und die Regionen habe ich mitgegeben sowie einen Zeitrahmen. Damit war ich recht schnell am Ziel gewesen, ohne großartig Reiseführer gewälzt zu haben.

In einem zweiten Schritt haben wir uns die Orte angeschaut und auch evaluiert, was sind in der Nähe befand und ob es Unterkünfte gab, die wir mieten konnten. Aber das ging auch recht zügig von statten, sodass alsbald die Route stand. Dann kehrte fünf Monate lang Ruhe ein und ich begann mich zu fragen, was wir denn en detail machen konnten. Auch hier nahm ich die KI zur Hilfe und ließ mir ein Programm erstellen. Das Validieren erfolgte dann über TripAdvisor und Co. – die üblichen Verdächtigen. Und durch eine zweite KI, der ich die Vorschläge der ersten zum Fraß vorwarf und und fragte, ob das alles plausibel war.

Nun, da die Reise vorbei, lässt sich das beurteilen und ich würde sagen: Ja, das konnte sich sehen lassen. Manchmal korrespondierte unsere Bereitschaft Vorschläge anzufahren nicht mit denen der KI, aber wir haben kaum Vorschläge gehabt, bei denen wir gesagt haben: Das war großer Mist! Nun will ich aber nicht »auf die Kacke hauen« und von der ersten KI-Reise unsere Lebens sprechen. Denn wir waren immer noch auf Karten unterwegs und haben auch geschaut, was unsere Gastgeber uns empfahlen. Nur so sollte die Reise zu dem schönen Erlebnis werden, wie wir sie in Erinnerung behalten werden.

Los geht’s

Genug der Vorrede.

Beim Flug waren wir Sparfüchse. Von Hamburg aus ging es mit EasyJet Richtung Rom. Dort landeten wir gegen halb sechs Uhr nachmittags an einem Freitag, holten dann unseren Mietwagen und hatten noch zwei Stunden Fahrt Richtung Santo Stefano di Sessanio vor uns. Eine Überschlag-Rechnung brachte mich auf zehn Uhr Ankunft. Wir waren entsprechend präpariert: Da die Mahlzeiten bei EasyJet nicht sehr üppig ausfallen (also nicht stattfinden ist die richtigere Bezeichnung) und wir nicht damit rechnen konnten, dass um die Uhrzeit noch irgendein Restaurant in Santo Stefano di Sessanio bereit gewesen wäre, uns zu bewirten, hatten wir reichlich Stullen geschmiert. Eventuelle Reste hätten wir als Hasenbrot essen können.

Was soll ich sagen: Wir waren um zehn vor zehn bei unserer Unterkunft. Böse Zungen behaupteten, ich hätte mich nur verfahren, um näher an die von mir vorgegebene Zeit heranzukommen. Aber die Wahrheit war, dass wir durch einen Tunnel fuhren und die Ausfahrt unmittelbar dahinter war. Das iPhone-Navi hatte das noch nicht geschnallt … oder vielmehr ich. Und so waren wir im Fluge vorbei und mussten die nächste Ausfahrt nehmen, die uns dann durch die dunkle Nacht über die interessanten, italienischen Straßen führte.

Angekommen

Der Schlüssel steckte und wir konnten alles betrachten, die Zimmeraufteilung vornehmen und sind dann flott in der Heia gelandet. Obwohl, von Zimmer würde ich nicht unbedingt reden wollen. Die kleinen Bäder hatten Türen und ein Schlafzimmer. Die Küche war wie eine Wohnküche und von dort ging es eine Etage tiefer, wo sich ein weiteres Schlafzimmer befand. Da gab es aber keine Tür zwischen Bereich. Da konnten die oben nur hoffen, das wir unten nicht so laut schnarchen, während sie sich schon den ersten Kaffee kochten. Das war aber nur eine theoretische Überlegung, denn ich war immer zuerst wach und konnte meine Experimente mit dem WLAN durchführen. Denn ein ernstzunehmendes Internet über den Mobilfunk in Form von LTE oder gar 5G gab es dort nicht. Für wen auch? Und ein WLAN war eingerichtet, aber irgendwie konnte nur einer gleichzeitig drin sein. Das war ein wenig so, wie in der südafrikanischen Lodge an der mosambikanischen Grenze, wo auch immer nur ein im Internet sein konnte. Allerdings war es da ja noch so, dass wir nur eine Stunde Zeit dafür hatten. Hier war es so, dass wir ein offenes Wifi entdeckten, über das wir dann unsere Leckerbissen aus dem Netz holen konnten.

Am nächsten Morgen erfreuten wir uns nicht nur an einem blauen Himmel und frischen zwölf Grad – ja, von wegen, dass es in Italien immer schön warm ist – langes Zeug war angesagt. Sondern auch an dem Anblick des Örtchens von unten. Gestärkt durch das Frühstück konnten wir uns auf den Weg machen. Ins Auge fiel, dass riesige Kräne herumstanden. Für so einen Ort fanden wir das schon mächtig gewaltig. Für hundert Einwohner, die Santo Stefano di Sessanio haben soll, waren drei Kräne schon ortsbildbeeinträchtigend. Jetzt ist natürlich immer die Frage, warum das so ist, wie es ist. In den Abruzzen, wo wir uns befanden, gab es 2009 ein kräftiges Erdbeben und die Schäden waren erheblich. In dem Örtchen gab es einen Turm aus dem Mittelalter, der war komplett eingestürzt. Man kann sich vorstellen, was das mit dem Rest der alten Bausubstanz gemacht hat. Und in den schmalen Gässchen konnten jetzt auch nicht Laster herumfahren, um Material zu bringen. Dafür also die Kräne.

Der Turm steht wieder und an Wochenenden kann man ihn auch besichtigen. Hier hatten wir unsere erste Überraschung. Mit uns war eine polnische Familie mit ähnlich minimalistischen Kenntnissen des Italienischen wie wir. So war es nur eine Begleitung, die uns nach oben brachte und aufpasste, dass wir uns nicht zu Tode stürzen. Wenn man einen Vormittag für die Besichtigung des Ortes einplant (einschließlich der Turmbesteigung), dann ist das völlig ausreichend. In der Zeit kann man sich genügend mit den Widrigkeiten des Lebens damals und heute auseinandersetzen. Hübsch anzusehen, aber dort leben – nein, das wollte man nicht. So sind auch die hundert Einwohner zu erklären, die der Ort nur noch hat.

Wir hatten unseren Gastgeber gefragt, wo man etwas Essen können und ob er das Restaurant empfehlen könne, dass sich der Herberge anschließen würde. Er meinte: »Gut! Aber was soll ich sagen, es ist mein Cousin!« Dabei lachte er. Wir hielten es für einen Witz und reservierten einen Tisch für den Abend.

Danach machten wir uns auf den Weg in die Umgebung besichtigten Berge, Hochebenen und Castel del Monte. Da hatten wir dann auch unsere erste Pasta und lernten eine Regel, die uns den Rest des Urlaubs begleiten sollte: Mittags gibt es keine Pizza!

In der Nähe von Castel del Monte

Zurückgekommen galt es erst einmal ein wenig abzuruhen, bevor es zum Abendessen ging. Das war so ein Ding und kleines Drama. In der Gruppe gehörten wir zu den frühen Abendessen. Also die beste Ehefrau der Welt und meine Wenigkeit essen üblicherweise von 19 Uhr, allerspätestens zwanzig Uhr. Das ist so die Zeit, in der die Italiener anfangen die Abendspeisung zu beginnen. Die Restaurants machen oft erst zwischen 19 Uhr und 20 Uhr auf. Als wir an dem ersten Abend also um 19.30 Uhr zum Abendessen auftauchten, war das Gasthaus gerade erst aufgesperrt worden. Und natürlich waren wir die ersten.

Zum Essen nur so viel: Wir hielten die Sache mit dem Cousin für einen Witz. Es war wohl kein herzhaftes Lachen gewesen, sondern ein verlegenes. Nach dem Motto: »Ich würde euch ja gern warnen, aber es ist mein Cousin. Also, was soll ich denn da machen.« Das schränkt den Spielraum für Empfehlungen natürlich sehr ein, denn bei einer Einwohnerzahl von etwas über einhundert Leuten sind wohl alle entweder irgendwie miteinander verwandt oder befreundet.