Gründe, zu klagen, gibt es immer. Was fällt mir jetzt mal auf Anhieb ein? Ich habe einen Kunden, dem alles ganz dringend gewesen war, dass ich mein Projekt, maigret.de zu aktualisieren, hintenanstellte und eine Woche an einer Webseite schuftete, bis ich eine Idee hatte, und nun kommt er nicht in die Hufe. Mann! Mittlerweile bin ich schon dabei, mein zweites Kundenprojekt abzuschließen, um mich dann wieder maigret.de widmen zu können.

Während Susann damit beschäftigt ist, hier im Zwei-Tages-Rhythmus irgendwelchen Krams für den Garten, den wir noch nicht besitzen, anzuschleppen, explodieren in ihrem Mini-Treibhaus die Auberginen und Kürbisse. Das erste Bücherregal haben wir schon mal ausgeräumt und, ach ja, wir sind jetzt wirklich hoch verschuldet. Es ist schon ein komisches Gefühl: Man sieht ganz viel Geld auf dem Konto und weiß, dass es demnächst ganz woanders sein wird. Wie aber das Leben im Haus und das Leben mit dem Garten sein wird, davon habe zumindest ich noch den geringsten Schimmer.

Meine Hauptsorge gilt im Augenblick den Büchern und der damit verbundenen Schlepperei. Warum habe ich eigentlich diesen Besitzzwang, was Bücher angeht? Gibt es dafür Behandlungen. Flott geht das natürlich nicht vonstatten. Schließlich beguckt man jedes Buch ausführlich und denkt sich, ach das könnte ich ja auch mal wieder lesen. Beim Durchblättern eines Buches fiel mir obiges Bild in die Hände, was wir 1989 im Sommer aufgenommen hatten. Nicht ahnend, was noch kommen würde, sagte ich schon damals zu meinen Eltern, dass das wohl ein ziemlich lahmes Tempo wäre, um zu einem Parteitag zu spurten.

Später konnte ich noch hinzufügen, dass man mit Tempo 40 zwar flott in Tempo-30-Zonen unterwegs ist, aber nicht unbedingt zum Ziel kommt. Lustig finde ich das Bild immer noch. Ich sollte es mir einrahmen lassen.

Und dann war da noch das Gespräch mit der Eisverkäuferin, dass ich natürlich völlig anonymisiert hier darstelle:

“Ich hätte gern fünf mal zwei Kugeln.”

“In der Waffel?”

Witzig ist sie ja.

“Nee, Becher wäre schon besser.”

“Das hätte ich mir angesehen, wie Du die weggebracht hättest.”

Hmm. Da war ja noch was.

“Herzlichen Glückwunsch!”

“Danke.”

Sie war nämlich gerade Mutter geworden. Der weitere Gesprächsverlauf wurde dann für ein Gespräch mit der Verkäuferin eines Eisladens, den man nicht sooo häufig besucht, ziemlich sureal.

“War ‘ne schwere Geburt.”

“Tatsache?”

“Ja, zwanzig Stunden lag ich in den Wehen.”

“Aha.”

“Na ja, besser eine schwere Geburt als eine schwierige Schwangerschaft.”

“Das stimmt.”

Merkt man, dass es eigentlich kein Gespräch war? Egal.

“Und jetzt erst danach. Die ganzen Untersuchungen.”

“Hmm.”

“Habe ich eigentlich keine Lust zu. Aber muss wohl sein.”

“Hmm.”

“Na wirklich. Ich finde, es haben mir jetzt genügend Leute da unten rein geguckt.”

Schwitz. Eine Antwort fiel mir dazu nicht ein und “Hauptsache das Kind ist gesund”, schien mir nicht passend sein, das brachte ich bei anderer Gelegenheit unter.

“Aber das muss wohl sein.”

Aha. Guter Satz, auf den konnte ich was erwidern: “Ja, sowas ist wichtig.”

“Und dann muss ich noch zu der Nachsorge-Gymnastik.”

“Ach was.” Was es nicht so gibt.

“Ja, die haben mir gesagt, wenn man daran nicht teilnimmt, hat man als Frau keinen Spaß mehr am Sex.”

Erwähnte ich, dass es sich um eine Eisverkäuferin mit türkischen Migrationshintergrund (wie es heutzutage so schön heißt) handelte. Ich war schon überrascht. Zehn Kugeln Eis für sieben Euro sind schon eine Menge, aber das man mit solchen Details verwöhnt wird, überraschte mich schon.

“Hmm”, meinte ich, “wie haben die Frauen das früher denn gemacht?”

“Ja, das habe ich mich auch schon gefragt. Da gab’s sowas ja auch nicht.”

“Genau, dafür hatten die gar keine Zeit.”

“Naja, ich geh da aber hin. Muss ja wohl sein.”

“Ja, besser ist.”

Das braucht aber auch Zeit, bis so fünf Becher mit je zwei Kugeln Eis gefüllt werden.