Beim letzten Roman von Carl Hiaasen hatte ich mich noch ein wenig beklagt, dass man allzu häufig das Schema F finden würde. Ein unterhaltsames Schema zwar, aber ein Schema, dass auf einer gemeinen und witzigen Art einer Rachegeschichte basierte, aber es war halt ein Schema; und wie das so ist, kann sowas natürlich langweilig werden. Gut, dass Hiaasen diesmal das Schema etwas abgewandelt hat.

Es geschehen diesmal am Anfang keine »richtigen« Verbrechen. Wäre man milde, könnte man von Ungeschicklichkeiten sprechen, vielleicht auch Unhöflichkeiten. Allerdings gibt es jemanden auf der Welt, der überhaupt gar keine Lust hat, sich unhöflich behandeln zu lassen und so hat Boyd Shreave, der sich am Telefon Boyd Eisenhower nennt, keinen leichten Stand, als er mit Honey Santana telefoniert, um ihr irgendwas anzudrehen, weil er gar nicht dazu kommt, sein Script abzuarbeiten, weil sie ihn fragt, ob er es normal fände, eine amerikanische Familie beim Abendessen zu stören.

Ein Wort ergibt das andere und am Ende, ist Honey am einen Ende fassungslos und wütend und Boyd am anderen Ende ist wütend und außer sich. Der Unterschied zwischen den Beiden: Honey hat sich vorgenommen diesen Mann zu disziplinieren. Boyd hat seinen Job verloren, weil er sich zu einer üblichen Kundenbeschimpfung hat hinreißen lassen.

Für Boyd mochte es ein Trost sein, dass er Eugenie hat. Allerdings konnte von »haben« keine Rede sein, denn Boyd war nur deshalb Eugenies Liebhaber, weil es so schrecklich bequem war. Sie saßen in dem Callcenter-Unternehmen in benachtbarten Boxen und tauschten während der Arbeit kleine Zettelchen aus. Nachdem Boyd seinen Job verloren hat, hatte der mann für Eugenie seinen Reiz verloren. Überhaupt fragte sie sich, ob es eine kluge Sache war, sich immer nur mit verheirateten Männern einzulassen.

Denn Boyd hatte eine Frau. Die war, undankbarerweise, noch erfolgreicher als er und sie lebten nicht von dem Geld, was er im Callcenter verdiente, sondern von ihrem Geld. Sein Gehaltscheck war nicht der Rede wert gegen das, was sie mit dem Betreiben mehrerer Pizzageschäfte verdiente. Allerdings hatte Lizzy, wie Boyds Frau hieß, schon lang einen Privatdetektiv angeheuert, der sich um die außerehelichen Verfehlungen des ehemaligen Telefonverkäufers kümmerte. Und der hatte gutes Material in den Händen.

Boyd hatte also eine Menge Probleme am Hals, und konnte nicht ahnen, dass Honey dabei war, ihm einen entscheidenden Schlag zu versetzen. Mittelpunkt ihres Planes war es, dass man sich zusammensetzen würde, und sie sich Boyd in Punkto Höflichkeit einmal vornehmen würde. So vornehmen, dass er im Anschluss der netteste Kerl der USA sein würde. Sie dachte sich eine wilde Geschichte aus, organisierte ein paar Tickets und tischte Boyd, nachdem sie herausbekommen hatte, wie sie den ehemaligen Telefonverkäufer erreichen konnte, eine Geschichte auf, dass er einen Reise nach Florida gewonnen hätte.

Allein diese Geschichte hätte schon ausgereicht, das ganze Buch zu füllen. Aber Hiaasen gibt sich mit einem Unglücksraben nicht zufrieden, der hat es eher mit Eintöpfen denn mit Suppen: Da wäre Sammy Tigertail, ein halber Indianer, der sich auf Bootstouren spezialisieren wollte, aber schon mit seinem ersten Kunden extremes Unglück hatte, da dieser ihm an Bord seines Bootes an einem Herzinfarkt verstarb und sich auf die Flucht begab, da er die Vermutung hatte, man würde ihn wegen Mordes verfolgen. Da wäre Ginnie, die von Sammy Tigertail entführt werden will und sich wie eine Klette an ihn hängt. Mit dabei ist auch Skinner, der früher mit Honey verheiratet war und eine kleine beschützende Gottheit für die Frau war, auch wenn die ihn gegenüber dem Sohn Fry immer als »Exvater« bezeichnete. Fry, meines Erachtens der einzige vernünftige Mensch in dem ganzen Roman und Louis Piejack, der sich in Honey verschaut habe, und der Meinung war, wenn sie erst einmal Sex gehabt hätten, würden sie glücklich bis an das Ende der Tage leben, selbst wenn der erste Sex unter Gewalt zustanden gekommen war.

Die ganzen Leute landen auf einer einzigen Insel vor der Küste Floridas und fangen an, miteinander zu kommunizieren. Das klappt mal mehr, mal weniger. Herausgegekommen ist in meinen Augen weniger ein Krimi, denn wer was tut und macht und denkt, weiß man vorher schon. Herausgekommen ist eine Geschichte über eine Belehrungsaktion, die völlig in die Hose geht, und über eine Gruppe von skurilen Gestalten, wie sie nur ein Carl Hiaasen erfinden kann.