Maultaschen und Entenbrust, dazu – wie man hier sagt – ein wenig Blaukraut. Umtost von einer Soße, die diesen Namen wirklich verdient. Theoretisch, würde man mich fragen, dann wäre die Krönung nicht die Maultasche gewesen, sondern ein schöner Kartoffelkloß. Aber man muss manchmal – im Endeffekt – Konzessionen an die regionale Küche machen, und die schreibt in der Ecke der Republik Maultaschen vor. Zwingend offenbar.

Am Essen lag es also nicht, dass ich mich so schnell vertreiben ließ aus dem Restaurant, dass zu meiner Bettstatt diese Woche zählt. Es war vielmehr die Klientel, die ebenfalls anwesend war. Sie erschreckte mich in zweierlei Hinsicht, denn mir wurde auf drastische Art vor Augen gehalten, womit man sich so beschäftigt, wenn man mit Kollegen abends unterwegs ist: Man unterhält sich über Arbeit.

Das kann für einen Zuhörenden besonders dann besonders öde sein, wenn einen das Metier der Erzählenden überhaupt nicht anspricht und man nicht gerade zu den Wettbewerbern der Erzählenden gehört und wenn es an sprachlicher Vielfalt mangelt. Heute hatte ich das Vergnügen Fuhrleuten zuzuhören. Die wähne ich normalerweise nicht in Drei-Sterne-Hotels, die übernachten vielmehr in ihren Fahrerkabinen. Aber dies waren besondere Fahrensleute, die nicht nur von A nach B über C fuhren, sondern die bevor sie von A losfuhren, erst einmal etwas abbauten – Computer-Tomographen, soweit ich das richtig deutete (CT & Krankenhaus, das liegt irgendwie nahe) – und sich über die Praktikabilität von Kränen an LKWs unterhielten, schlussendlich aber zu dem Ergebnis kamen, dass es sich nicht rechnen würde, und man durch eine genauere Planung viel mehr Geld sparen würde und es auch effektiver ist direkt von A nach B zu fahren, was normalerweise auch gemacht wird, es sei denn Freddie ist mit an Bord, der aber nicht der Truppe angehörte, vermutlich weil er irgendwo Werkzeug klaute – aber nicht böswillig, sondern einfach aus Schlamperei. Und Mannie sollte man auf keinen Fall Mannie nennen, schon gar nicht, sollte man Mannie zu ihm sagen, wenn man das mit einer negierenden Aussage verbinden wollte und ihn gar nicht kannte, dann war bitte schön Hr. Quartz. Auch sollten die Werkzeugkoffer bestimmten Personen zugeordnet und die einzelnen Teile signiert werden, damit dieser Schlamperei endlich ein Ende bereitet werden kann.

Nun lässt sich darüber prächtig lästern, aber wenn ich mich an das Gespräch erinnere, dass ich vor zwei Wochen mit vier Kollegen in einer österreichischen Stadt abends geführt habe, so lässt sich nur festhalten: Es muss sich fremde Ohren genauso angehört haben. Das hat mich das erste Mal erschreckt.

Wenn ich den lieben langen Tag so rede, vor mich hin und an andere Personen gerichtet, hört man sich selbst manchmal nicht so zu. Ist mein Eindruck, während ich rede, und mir dann selbst zuhöre und mich wundere, was ich alles so erzähle. Diese Momente sind in höchstem Maße sonderbar, vor allem, weil ich mich dann manchmal erwische und denke: “Hey, Du hast schon wieder in der Regel gesagt. Das musst Du Dir jetzt mal abgewöhnen.” Dann Rede ich weiter und mein Sprachzentrum vermeidet diese Floskel, bis zu dem Zeitpunkt zu dem ich mich selbst mit einer anderen Floskel erwische. Dann ist mein Sprachzentrum – männlich, alt – in der Regel damit beschäftigt die neu erwischte Floskel zu vermeiden und in der Regel auch recht erfolgreich.

Das funktionierte bei zweien der beiden Fuhrleute (also satte 50%) heute Abend überhaupt nicht. Was mich bewog, von dannen zu ziehen, um diesen Text zu schreiben. Denn für den einen war alles nur “theoretisch”, was aber nicht so gemeint war, wie es gesprochen wurde. Denn wenn jemand Sätze wie beispielsweise “Und dann fahren wir theoretisch nach Segeberg und haben dort abgeladen” sagt, dann hat er das nicht nur theoretisch getan, sondern auch ganz praktisch. Auch “Theoretisch ist in den Koffern immer zweimal das gleiche Werkzeug” konnte mich semantisch nicht überzeugen, denn – ach da ist es wieder – in der Regel, sprich normalerweise war das Werkzeug zweimal in den Koffern vorhanden, heißt praktisch ist das meisten auch so. Nur manchmal halt nicht, was dann aber mit dem oben angeführten Freddie zu tun hat. Das ging aber noch, im Endeffekt ging der Endeffekt-Mann gar nicht.

Der schaffte es in einem Satz, und die Sätze waren nicht so lang, wenn man Glück hatte Hauptsatz und ein Nebensatz, hinterher geschoben, die Floskel “im Endeffekt” unterzubringen. Drei Sätze – sechsmal “im Endeffekt”. Ich ging dann im Endeffekt, verabschiedete mich nett von der Bedienung, sagte, sie könne es auf das Zimmer schreiben, und begegnete auf dem Treppenabsatz dem Mann mit dem Laptop, der mich die letzten Abende mit ausführlichen Handy-Telefonaten im Restaurant genervt hatte, und dachte mir: “Da habe ich im Endeffekt ja noch mal Schwein gehabt!”.