Es muss noch mal ein wirklich ernstes Thema angesprochen werden: die Oberflächenspannung. Unserer Getränke. In England gibt es zwei Varianten, an Flüssigkeit in gastronomischen Lokalitäten zu kommen. Entweder man wird am Tisch bedient oder man muss sich seine Getränke selbst holen. Gefühlt ist die Variante zwei die gängigere Variante.

Hat man eine Bedienung, so kommen die Getränke in Gläsern, in denen gut eingeschränkt wird – die Pint-Marke am Glas wird auf jeden Fall eingehalten, oft übertroffen. Muss man sich sein Glas jedoch selbst holen, dann füllen die Barkeeper das Glas so lang auf, bis das Getränk überschwappt. Wer in Deutschland jemals das Wort „randvoll“ benutzt hat, wird es nach einem England-Besuch auf jeden Fall nicht mehr im Zusammenhang mit der deutschen Gastronomie tun. Das Wort hat nicht die Bedeutung, dass ein Glas ziemlich voll ist, es heißt wirklich, dass die Flüssigkeit sich Mikrometer unter dem Glasrand befindet. Schaum mag man hier nicht oder will dafür nicht bezahlen. Das mag einen als Konsument freuen, aber der Nachteil ist natürlich, dass man die ganze Chose bis zu seinem Tisch selbst zu transportieren hat. Bei dieser Transaktion gibt es einige Unwägbarkeiten, die man zu überstehen hat: das eigene Zittern in den Händen, Stufen und Treppe sowie andere unachtsame Gäste seien da mal als Beispiel genannt. Ich weiß nicht, ob einem die Barkeeper noch ein Weilchen hinterher schauen und sich dabei denken: „Mal schauen, ob er es trocken bis zum Tisch schafft. Ah, der Tölpel von Tisch 12 ist auf dem Weg zum Klo. Oha, der hat aber geladen! So, noch zwei Fuß und ja, ja, ja. Hah, hab ich’s mir doch gedacht. Alles über die Hose. Was für ein Spaß!“

Wir sind gestern nach Oxford gefahren. Nach dem Frühstück, das wirklich überragend lecker gewesen war, fuhren wir mit Hilfe des Navi in die Innenstadt. Man wird weit vor der Stadt schon darauf hingewiesen, dass das keine gute Idee ist. Aber das hält uns natürlich nicht ab, denn wir hatten uns einen schönen Parkplatz ausgesucht. Es wurden uns ein paar Stolpersteine in den Weg gelegt. In dem einen Kreisverkehr war die anvisierte zweite Ausfahrt mal gar nicht mehr erreichbar, so dass wir ein paar Blocks mehr zu fahren hatten. Hinderlich war auch ein wenig, dass das Parkhaus, was wir uns ausgesucht hatten, gar nicht mehr da war und dort eine neue, riesige Baustelle entstanden war. Kein Problem, dachten wir uns, es sind ja noch andere Parkhäuser angeschlagen:

„Schau mal, da ist das Parkplatz Nummer 19!“ Wir folgten diesem. Dann gab es ein Zeichen: „Schau mal, da ist ja der Parkplatz Nummer 8!“ Wir folgten diesem. „Warum ändern sich denn die Nummern immer?“ Dann ging es nach rechts zu Parkplatz Nummer 1, das war uns auch egal, Hauptsache ein Parkplatz. Da fiel uns dann auf, dass es sich nicht um verschiedene Parkplätze handelte, sondern dass die Anzahl der Behindertenparkplätze ausgewiesen war. Also wieder zurück. Wir fanden gegenüber unserem ursprünglichen Ziel ein Ersatzparkhaus und nutzten das.

Der Parkschein-Automat wiederum wollte aber beim Ziehen des Parkscheins, in England basiert das auf einem Prepaid-System, nicht nur den Betrag vorneweg haben, sondern auch noch das Kennzeichen wissen. Bis das unsere besseren Hälften herausgefunden hatten, brauchte es einige Zeit. Das Prepaid-System hat den Vorteil, dass man bei der Rückkehr nicht vom exorbitanten Kosten überrascht wird. Der Nachteil ist, dass man nichts Ungewöhnliches machen kann und seinen Besuch genau planen muss. Oder so viel in den Automaten steckt, dass man auf jeden Fall sicher ist und die exorbitanten Kosten vorher schon entrichtet hat. Einen Museums-Besuch, der sich über Stunden hinzieht, den verkneift man sich. Genauso eine dreistündige Bootstour. Schließlich hat man sein Auto abzuholen. Ein wenig lästig ist dieses Prinzip schon.

Hatte ich schon erwähnt, dass in England viele Sachen ganz anders laufen, als auf dem Kontinent? Mich beschleicht manchmal das Gefühl, dass sie es nicht machen, weil es besser ist, sondern weil sie nicht als zu nett gelten wollen. Irgendwie aus Trotz. Ich kann es ihnen aber nicht beweisen.

Nachdem wir unser Auto wohlbehalten abgestellt hatten, marschierten wir auf Umwegen in die Innenstadt. Ulf wollte und musste vor der Universität fotografiert werden. Dieser Plan wurde durch einen Aspekt gestört – die Universität manifestierte sich nicht in einem Gebäude. Es gibt wohl die Universität von Oxford, aber dahinter verbergen sich diverse Colleges, die alle in mehr oder weniger wunderschönen Gebäuden an unterschiedlichen Orten untergebracht worden sind. Wir können Ulf nicht vorwerfen, dass er unvorbereitet gewesen war, denn er hatte genaue Vorstellungen, wie dieses Gebäude, vor dem er fotografiert werden wollte, aussah. Glücklicherweise ist das alte Universitätsviertel nicht so groß, dass wir es nach einer halben Stunde gefunden hatten: Es war das Museum of Natural History. Dabei handelt es sich wirklich um ein sehr schönes Gebäude zum einen und zum anderen, lohnt es sich auch, da mal hinein zu gehen. Nicht nur aus praktischen Erwägungen, wie zum Beispiel Free Wifi und ansprechenden Toiletten (wie mir berichtet wurde), sondern auch, weil es schon im Erdgeschoss schöne und interessante Ausstellungen bietet (teilweise auch Mini-Ausstellungen). Ich hätte nie erfahren, wie weich das Fell einen Schwarzbären ist, wenn ich Ulf nicht in dieses Museum gefolgt wäre und ich hätte auch nicht die Schönheit von Insekten dank Mikrofotografie erfahren. Es war faszinierend.

Nach einem Stopp in einem Stopp in einem Pub, in dem es gute Pizza und mäßige Bedienung gab, ging es zur Themse. Eine kleine Bootstour war angesagt. Für etwa acht Pfund könnt man vierzig Minuten die Themse entlangschippern. Man kann die acht Pfund auch nehmen und sich zwei große Eis kaufen, was vielleicht eine bessere Investition in die eigene Glückseligkeit ist. Allein zehn Minuten ist er schon mit dem Wenden des Bootes am Anfang und am Ende der Tour beschäftigt. Dann sieht man im Anschluss nicht so besonders viel. Als herausragend kann ich nur die Gans nennen, die laut mit uns geschimpft hat, weil wir nichts zu Futtern für sie hatte und die Kindern, die sich freuten, wenn man ihnen zuwinkte.

Wir aßen trotzdem noch ein Eis. Wir versuchten es zuerst bei einem Pub am Bootsanleger, der einen schönen Namen hatte. Aber Eis schien nicht die Kernkompetenz zu sein. Es lag schön, so an der Themse, aber nachdem ich die Reste eines herunterfallenden Tellers der Bedienung abbekommen hatte, war ich nicht mehr in der Lage, ein gutes Wort einzulegen. Susanne meinte nach meiner Rückkehr aus dem Schankraum: „Es riecht plötzlich nach Pommes und Bratwurst.“ Da musste ich ihr gestehen, dass ich das vielleicht bin.

Ein Eis bekamen wir dann trotzdem noch, marschierten mit diesem in Richtung Parkhaus und fuhren heim.

Am Abend waren wir im lokalen Pub vor Ort gewesen. Das Essen war gut und die Bedienung war ziemlich lustig und freundlich. Es gefiel uns gut. Besonders spassig wurde es, nachdem wir auf Deutsch diskutierten, was wir denn noch in welchem Ausmaß trinken wollen und kein Ende fanden, meinte sie, sie würde nicht viel verstehen, da sie nur Englisch und Walisisch könne. Als sie beim nächsten Mal auftauchte, fragte ich sie, ob sie denn mal was auf walisisch sagen könne. Ach, die Aufregung! Ihr fiel nicht so richtig was ein, obwohl sie wohl aus der Gegend kam. Wir haben viel gelacht an dem Abend und es könnte sein, dass wir da heute Abend noch einmal aufschlagen. Ist ja auch viel näher, als die anderen Restaurants, die alle im Nachbarort sind.