Nach dem Motto »Steter Tropfen höhlt den Stein« versucht man bei Blanvalet Olivier Descosse als Nachfolger von Jean-Claude Izzo zu etablieren. Selbst wenn der Figaro der Meinung ist, dass der Autor »souverän« die Nachfolge von Izzo angetreten würde, muss es lang noch nicht stimmen. Um es vorweg zu nehmen: Es kann einfach nicht stimmen.

Es ist kein Marseille-Krimi: Nur weil ein Polizist in einer bestimmten Stadt ermittelt, bringt das die Stadt noch nicht in eine herausgehobene Stellung, so wie es bei Izzo der Fall gewesen ist. Der hat Marseille dreckig und als soziales Pulverfass geschildert. Trotzdem hatte man Lust, sich das mal anzusehen. Das schafft Descosse nicht.

Die Geschichten sind ganz anders erzählt. Bei Izzo hatte man das Gefühl, dass Fabio Montale im Mittelpunkt der Geschichte steht. In Descosses Geschichte hat man das Gefühl nicht. Sein Paul Cabrera ist ein Einzelgänger, der sich aus der Polizeiformation durchaus lösen kann und auf eigene Faust ermittelt. Allerdings ist er beileibe kein Montale, der durch seine eigene dreckige Geschichte auch noch nach Jahrzehnten weilt. Brutal war auch das, was Izzo in seinem Romanen geschildert hat – aber die Machart der Romane von Olivier Descosse erinnert vielmehr an Romane von Mo Hayder. Die Gewalt ist nicht so banal und gewöhnlich wie die bei Izzo, sondern hier hat man es immer mit Verschwörungen zu tun. Was diesen fehlt ist die Glaubwürdigkeit, in meinen Augen ein großes Manko der Romane.

Diese fehlende Glaubwürdigkeit ist auch der große Unterschied zu den Montale-Romanen von Izzo, die sehr realistisch wirken.

Ein kleiner Überblick über den Inhalt dieses Romanes: In einer Bucht vor Marseille findet man die Leiche eines Mädchens, welche grausam verstümmelt ist. Die Identifizierung des Mädchens bringt an den Tag, dass es sich bei dem Mädchen um die Tochter des Polizisten Riad Kellal handelt. Dieser kündigt innerlich seinen Job und geht in den Untergrund. Man kann nicht sagen, dass sein Bruder dort wartet, aber sein Bruder ist schon Bestandteil der Unterwelt und die beiden machen sich auf die Suche nach dem Mörder.

Paul Cabrera wird auf Kellal angesetzt, denn die beiden sind befreundet. Man befürchtet das Schlimmste, denn Kellal wird mit dem Täter nicht nach rechtsstaatlichen Prinzipien verfahren und sich damit selbst zum Täter machen. Die Polizisten wissen, dass die Jagd auf einen mordenden Polizisten ganz anders aussehen würde.

Die Spuren sind verwirrend, nicht nur für Cabrera und Kellal sondern auch für den Leser: Das Mädchen war mit Freunden bei einem Videoabend. Dabei wurden Drogen konsumiert, schon heftig, wenn man bedenkt, dass sich das Mädchen auf dem Sprung in die Pubertät befand. Ausgerechnet die Polizistentochter war es, die damit beauftragt worden war, die Drogen zu besorgen. Dabei geriet sie in die Hände des Mörders. Auf die Einzelheiten, wie der Mörder seine Opfer behandelte, will ich gar nicht weiter eingehen, auf jeden Fall mehr als unappetitlich für den Leser und sehr unangenehm für das virtuelle Opfer.

Ich konnte mich mit dem Roman nicht so richtig anfreunden, deshalb vergebe ich mal folgende Wertung: 2/5.