Es gibt nicht viel, was ich erwähnenswert finde in Heide. Aber das Folgende schon: Es gibt da diese Ampel am Marktplatz vor der Volksbank. Da hole ich hin und wieder Geld. Man steht an dieser Ampel und irgendwann wird es grün. Dann geht man schnurstracks über die Straße zur Volksbank hinein, steckt seine Karte in den Geldautomaten, beantwortet alle Fragen und nimmt das Geld in Empfang. Im Anschluss verlässt man die Bank und dann, wenn man das Gebäude verlässt, wird es grün und man kann die Ampel queren. Das hat bisher jedes Mal gepasst. Meine Vermutung ist, dass der Ampel-Planer Kunde bei der Volksbank ist.

Wäre es ein normaler Tag, würde ich mir darüber noch ein paar Gedanken machen. Aber heute gab es noch etwas, was berichtenswert ist: Susann und ich begingen das Elfjährige. Das ist für uns immer das Treffen, an dem wir uns das erste Mal ganz allein sahen. Wir wissen gar nicht mehr so genau, ob es der 9., 10. oder 11. Februar war – aber um diese Tage herum, wird das von uns immer begangen. Meist indem wir den Inder aufsuchen, der uns beim ersten Mal bewirtete. So auch heute.

Alles lief normal bis zu diesem Moment, magisch würde ich ihn nicht nennen. Ich kam gerade von der Toilette wieder und hörte Musik. Nicht diese indische Musik, die immer bei diesen Indern läuft, sondern irgendwie anders. Eine kleine Kombi spielte tüchtig auf. Was war denn das? So etwas bin ich nur aus Restaurants im Ausland gewöhnt. Aber in Kiel? Die Welt ändert sich und nun wurden hier Gassenhauer aus aller Welt auf der Gitarre und Akkordeon dargeboten. Gesang blieb uns erspart. Susann hatte sich am Tisch schon gewappnet und einen Euro herausgeholt, da sie von den Musikern auch schon bezirrzt wurde. Da kann sie nicht nein sagen, und an einem solch romantischen Abend … ja, ein Euro ist da schon o.k. (Im letzten Jahr waren wir in Greifswald – da war es ja ein wenig runder – da sind wir auch zum Inder gefahren. Nur so am Rande…)

Am Nachbartisch hatte sich ein Mann niedergelassen oder war im Begriff. Nun kam einer der Musik mit dem obligatorischen Obolus-Empfangsgefäß, holte sich den Euro ab und begab sich zu diesem Mann. Der zuckte und sagte etwas komisches:

»Sorry, ich habe kein Geld dabei.«

Was ist denn das für eine Ausrede, dachte ich mir. Geht in ein Restaurant und hat kein Geld dabei. Dem Musiker ging es wohl genauso und erschaute den Mann an, als hätte er sie nicht mehr alle. Vielleicht, so dachte ich mir, geht das ja. Wenn noch jemand kommt und ihn einlädt. Ich gehe auch manchmal ins Restaurant und habe kein Geld dabei. Dafür habe ich dann aber meine Frau an meiner Seite, die mich armen Ossi aushält.

Da kam aber keiner. Irgendwann kam der Wirt mit der Karte:

»Danke!« meinte der Gast, »aber ich habe kein Geld dabei.«
Der Kellner war gar nicht verwundert. »Dann gibt es nichts zu essen.«
»Nicht mal ein Lammcurry?«
»Nicht einmal ein Lammcurry.«
»Aber beim letzten Mal…«, hub der Gast an.
»Beim letzten Mal hast Du gesagt, dass Du demnächst das Geld hast und bringst. Jetzt ein Jahr später kommst Du wieder.«
»Ich habe noch 200 Euro auf dem Sparbuch.«
»Ja, aber nach einem Jahr kommst Du wieder und dann sieht man Dich nicht mehr«, entgegnete der Wirt.

So ging das noch ein Weilchen weiter…

»Gut, ein letztes Mal. Aber nicht wieder ein Jahr warten, bis Du mit dem Geld kommst!«
»Danke!«
»Ein Lammcurry, bitte!«
»Und was willst Du trinken?«
»Einen Rotwein.«

Er hat es bekommen und ich war verblüfft. So viele Gastwirte gibt es wohl nicht. Wir haben einen Teil der Zeche mit übernommen, denn es ist nicht zu erwarten, dass der Lammcurry-Herr so alsbald wieder kommt. Egal, was er gesagt hatte und der Wirt wusste es genauso.