»Was sind denn das für Geräusche?« »Das wird die Klimaanlage sein.« »Das hört sich aber nach Regen an.« Das konnte nicht sein! Die hatten doch eine Regenwahrscheinlichkeit von 20% angesagt und wir waren in L.A. – wer hat gesagt, dass es in L.A. regnen kann. Keiner. Also. Aber: Es regnete. Und wie.

Es war, das muss man zur Ehrenrettung von L.A., Kalifornien und des Regens sagen, halb sieben Uhr in der Früh und es war ein Regen, den man auch als solchen bezeichnen konnte. Sprich: Wir wurden nass. Geplant war eine Fahrt nach Hearst Castle mit einem Zwischenstop in Santa Barbara. Kurz hinter L.A. entschloss sich das Wetter gut zu werden und wir sahen, wie die Regenwolken über die Hügel waberten und sich dort abregneten, während es in Richtung Norden immer freundlicher wurde.

Eigentlich wollten wir in Santa Barbara frühstücken, aber irgendwann wurden Fragen laut, wie es denn mit Kaffee oder überhaupt Frühstück wäre und so blieben wir an einem Ketten-Restaurant mit dem an einen Matthau-Film erinnernden Namen hängen – »Denny‘s«. Aus diesem sind wir so satt herausgekommen, dass wir hätten gleich Mittagsschlaf halten können, obwohl es ja erst neun Uhr war. Die Kaffee-Trinker-Fraktion hatte sich wieder der Kaffee-Nachfüll-Gewohnheit erfreut, während ich als Orangensaft-Trinker eine Klage wegen Benachteiligung in Erwägung zog.

Frau Mama hat in der Nacht zum Sonntag eine Schnupf-Nase bekommen und hängt am Taschentuch fest. Nun ist es überhaupt kein Problem, Medikamente am Sonntag zu bekommen. Die Läden haben ja auf. Also auch Nasentropfen zu bekommen, sollte nicht das Problem sein. Unser Fehler war, dass wir Susann losschickten, die Nasentropfen zu besorgen. Ich hatte mir das theoretisch so vorgestellt: Susann geht in den Laden, schnappt sich die Nasentropfen, kommt wieder aus und die Tropfen wandern in die Nase von Frau Mama. Praktisch war das etwas anders: Wir warteten, warteten, warteten. Die Frau Mama hatte eine weitere Packung Taschentücher verbraucht, da kam Susann wieder und hatte nicht nur Nasentropfen, sondern eine komplette Hausapotheke mit dabei und rückte mit den Medikamenten auch nicht heraus, sondern studierte erst einmal die Nebenwirkungen und befragte die Frau Mama, welche Medikamente sie nehmen würde und unter welchen Krankheiten sie leiden würde, ehe sie die Nasentropfen herausgab.

Autos in Santa Barbara

In Santa Barbara gerieten wir in einen Auto-Vorzeig-Wettbewerb. Wer der Meinung ist, nur die Deutschen würden ihre Autos lieben, sie putzen, hegen und pflegen, der hat noch nicht einen Amerikaner vor seinem Oldtimer gesehen. Da wurde das Auto geputzt und gestriegelt, das es nur so blitzte. Die Motorhauben standen offen, das man auch den blank geputzten Motor betrachten konnte und die Besitzer standen lässig um das Auto herum oder saßen auf Camping-Accessoires, die die gleiche Farbe hatten, wie ihre Autos. Einen hatten wir gesehen, da hatten nicht nur die Camping-Accessoires die gleiche Farbe wie das Auto, sondern auch die Accessoires der Accessoires hatten die richtige Farbe. Und dann gab es ein Auto, welches komplett lila war und so etwas von tiefer gelegt, dass ich – angenommen mir läge etwas daran und ich wäre Besitzer eines solchen Autos – jeder Huckel auf der Autobahn weh tun würde.

Die Strecke von L.A. nach Santa Barbara Richtung Hearst Castle ist eine Küstenstraße. Jetzt, wo ich sie gefahren bin, weiß ich, dass ich beim nächsten Mal die Straße besser von San Francisco kommend fahren würde, da man auf der Gegenseite bessere Möglichkeiten hat, anzuhalten. Dies gilt insbesondere für die 101. Später bei der 1, die nicht so befahren ist (selbst an einem Sonntag bei schönstem Wetter), ist das nicht so entscheidend.

Hearst Castle ist etwas ganz, ganz besonderes. Als Potsdamer und Ex-Potsdamer sind wir natürlich etwas verwöhnt und jeder, der uns mit einem Schloss oder Ähnlichem ankommt, muss schon etwas zu bieten haben. Versailles geht gerade noch durch, aber alles andere hat es da schon schwerer und da sprechen wir nicht über die Lachnummer »Kieler Schloss« sondern auch von Schloss Neuschwanstein.

Es ist ja ganz klar, dass ein amerikanisches Schloss für sich keines sein kann. Meiner Erwartung nach habe ich eine Mischung aus Disneyland und Neuschwanstein erwartet. Schön, wenn man positiv überrascht wird. Natürlich hat es nichts mit den Schlössern in Europa zu tun. Oder vielleicht ja doch. Denn man hat nicht simpel kopiert, sondern die Problematik der billigen Kopie dadurch gelöst, in dem man sich Originale aus Europa geholt hat. Den Vorwurf kann Hearst also nicht machen, seine Decken waren spanisch, italienisch, was auch immer und Jahrhunderte älter als das Gebäude selbst.

Hearst Castle
Hearst Castle

Das Lustige ist, dass Hearst bei der Entwicklung des Geländes überhaupt keinen Masterplan hatte, sondern immer wieder etwas dazu kam. Dadurch, dass immer wieder etwas dazu kam, ergab es sich auch, dass schon vorhandene Sachen nicht mehr so recht passten. Dann baute man es halt neu. Ich bin mir nicht sicher, ob Hearst als Erfinder des heutigen IT-Projektmanagements gelten kann. Es kommt mir aber so vor. Immerhin: Die Resultate sind letztlich beachtlich.

Wir zogen über anderthalb Stunden unsere Runden, bestaunten nicht nur die Gebäude sondern auch die fantastischen Ausblicke.

Das Motel (»Blue Bird Inn« in Cambria) war gut: Große Zimmer mit bequemen Betten, nicht verwohnt und Mobiliar, welches über einen Stuhl hinausreichte sowie ausreichend Steckdosen. Der Mexikaner, den wir heimsuchten wollten, hatte zu. Wenn ein Restaurant sonntags nicht geöffnet hat, kann man wohl davon ausgehen, dass er Pleite ist. (Sollte er sonntags nie geöffnet haben, wird er wohl bald Pleite sein.) So landeten wir bei Robin‘s, der oder die (man weiß es ja nie) leckeres Essen servierte, welches asiatisch angehaucht war, hier und da ein Touch mediterrane Küche einbrachte, die Bedienung ein wenig auf vornehm machte, was in meinen Augen nicht ganz passte. Zu dem Curry, was ich hatte, kann ich aber nur sagen: Noch einmal am gleichen Platze und im gleichen Restaurant: Ich würde es noch einmal nehmen. Allein die Wahrscheinlichkeit ist recht gering.