Die Durchmacher-Fraktion schwächelte dann doch. Die Frau Schwiegermama saß am Donnerstag um zehn Uhr auf der Couch und war gar nicht mehr der Meinung, dass Durchmachen eine gute Idee war und Susann, die aus Athen gekommen war, schlüpfte auch irgendwann ins Bett, so dass im Haus eine Ruhe herrschte, die nur vom verschnupften Mauzen der Miezen unterbrochen wurde, die sich über das volle Haus beklagten und vielleicht auch eine Ahnung bekamen, dass eine lange, lange Zeit unter Stubenarrest anstand.

Um kurz nach drei Uhr morgens begann das große Aufstehen, Kaffee wurde für die Koffein-Junkies bereitgestellt, die letzten Sachen gepackt und ungeduldig darauf gewartet, dass der Taxifahrer kam, der uns zum Flughafen bringen sollte. Der war auch pünktlich wie ein Maurer und stand um halb fünf Uhr vor der Tür. Nach dem Verstauen des Gepäcks gab er uns auf der A7 eine Ahnung davon, wie sich in einem VW-Bus Lichtgeschwindigkeit anfühlen könnte und so waren wir zeitig am Flughafen.

Frau Schwiegermama war ganz aufgeregt, konnte das aber gut verbergen. Also wir haben nichts bemerkt, wenn sie es nicht hin und wieder erwähnt hätte. Beim Boarding traten wir so massiv auf, dass die Eincheck-Dame fragte, wie viele Hahns denn noch kommen würden. Da hatte sie aber mit der Frau Mama die letzte am Wickel.

Hamburg erfreute mit einem teilbedeckten Himmel, später wurde das Wetter sogar noch besser. Wir bekamen einen Gratis-Rundflug über London und konnten der Königin und den Parlamentariern noch zuwinken, die aber zu so früher Morgenstunde noch nicht zurück gewunken haben. Ich bin schwer am Überlegen, ob ich London jetzt auf die Liste der besuchten Städte setzen sollte, nachdem wir eigentlich alles gesehen haben, was es zu sehen gibt.

Mit einer 747 ging es dann später in Richtung Los Angeles. Die Kontrollen sind in London mittlerweile schon wohlorganisierter als vor vier Jahren und so kamen wir auch zügig durch. Anderthalb Stunden zum Umsteigen sollte man sich aber schon nehmen, man weiß ja nie, welches Gate einem zugeteilt wird. Auf dem Flughafen Heathrow standen auch überhaupt Herrschaften, ich nenne sie mal »Grüßer«, die sich um einen kümmerten, wenn man im Journeyflow stehen blieb und ermahnten einen, nicht Reise nicht zu unterbrechen und bitte weiterzugehen.

Eigentlich weiß man ganz genau, was man vom Essen zu erwarten hat. Große Erwartungen habe ich ja nie in der Touristenklasse. Schön, wie sich BA immer wieder Mühe gibt, die Erwartungen auch ja nicht zu übertreffen.

Über Island, Grönland ging es in Richtung Kanada und von da aus weiter. Ich hatte meine Schlaftablette bei, die ich auch genommen habe. Nun bin ich mir nicht ganz sicher, ob diese wirklich richtig gewirkt hat oder ob die Erinnerungslücken eingesetzt haben, die einem im Beipackzettel »versprochen« werden. An richtigen Schlaf kann ich mich nicht erinnern.

Die Houdson Bay war noch zugefroren und auch später sahen wir noch lang ziemlich viel Schnee und Eis. Der Himmel war sehr, sehr freundlich zu uns, so dass wir zuerst die Rocky Mountains in ihrer ganzen Schönheit sahen, später dann auch den Grand Canyon. Wir sind jetzt, nachdem wir ihn schon gesehen haben, am Überlegen, ob man überhaupt noch hinfahren sollte. Neben mir saß ein Einheimischer, der mich immer auf die Highlights, die aus der Luft zu sehen waren, hinwies. Sehr nett, diese Amerikaner.

Sehr nett, zumindest für einen Einwanderungs-Beamten, war der Grenzpolizist, mit dem wir es zu tun hatten. Er wollte nun nicht unsere Fünfer-Gruppe komplett haben, so dass Frau Mama und Herr Papa einzeln antreten mussten und Frau Schwiegermama auch. Unseren Einwand, die würden kein Englisch verstehen, ignorierte er und meinte, da würden wir zum Übersetzen kommen dürfen.

Susann fragte er, wann sie geboren wurde und mich, wann wo ich geboren wurde. Die Fragen konnten wir ohne Probleme beantworten. Frau Schwiegermama wurde gefragt, wie viel Geld sie dabei hätte und »Money« kam bei ihr zwar noch an, aber ob er nun Geld von ihr haben oder ihr Geld geben wollte, erschloss sich ihr dann nicht mehr ganz, worauf Susann heran gewunken wurde. Auf eine eingehende Befragung der Eltern verzichtete er dann ganz.

Die Gepäck-Leute müssen sich nicht so beeilen, bis die Leute durch das ganze Prozedere durch sind, hat man ja Zeit. Aber positiv zu vermerken ist, dass wir dann unser Gepäck auch sofort hatten. Ratzfatz waren wir durch den Zoll, fast genauso schnell hatten wir unseren Mietwagen und kurz vor vier Uhr waren wir im Motel, fast direkt am Hollywood Boulevard.

Parken kostet 10 Dollar am Tag, was recht moderat ist und nach einer kurzen Pause – einmal Duschen, zweimal Frischmachen und einem kleinen Verschnaufer auf dem Bett, ging es hinein in den Trubel.

Der keiner war. Der Hollywood Boulevard hat jede Menge Sterne, die meisten waren uns unbekannt. Anthony Quinn haben wir noch fotografiert, Frank Sinatra nur wahrgenommen und dann ging uns auf, dass sich dieser Boulevard noch Kilometer hinziehen würde, ohne, dass wir zu den anvisierten Herrschaften kommen würden. So bogen wir ab und bewegten uns in Richtung Sunset Boulevard.

Die einsetzende Dämmerung und später die Nacht sind gnädig zu den beiden Straßen. Läuft man den Hollywood Boulevard hinauf und hinab, könnte man meinen, die Amerikaner und deren Besucher haben ein besonderes Faible für Tattoos. Ein Laden reiht sich an den nächsten.

Wir nahmen unsere Abendmahlzeit in einer Bar ein und mussten, jeder, unsere ID vorweisen. Mit einem Altersdurchschnitt von 60 Jahren waren wir nicht gerade die Youngster. Es gab Burger und jeweils ein Bud – Milch hatten sie ja nicht und Tomatensaft gab‘s ja schon im Flugzeug. Die Bedienung, die auf im Namen des Gesetzes auf den Ausweisen bestand, sah aus, als hätte sie schon mit jedem Tattoo-Laden der Umgebung Bekanntschaft geschlossen und trotz oder gerade wegen der knappen Kleidung hatte man das Gefühl, ein Großteil der Körperbemalung auch gesehen zu haben. Sie war übrigens ein gutes Beispiel dafür, dass man sich nie von Äußerlichkeiten irritieren lassen sollte, denn man hat noch nicht einen halben Blick in ihre Richtung geworfen, da stand sie auch schon neben dem Tisch und es war nicht so, dass sie unterbeschäftigt gewesen wäre.

Das Ambiente war eher rustikal – eine Sportsbar, die uns müden Reisenden von der Pflicht entband, großartig Konversation zu betreiben. Wir schauten auf die Bildschirme und verfolgten wahlweise Eishockey, Base- oder Basketball.