»Zwischen den Jahren«, den Begriff darf man sich auch nicht auf der Zunge zergehen lassen. Schließlich kann nichts zwischen Jahren sein, da es ja kein 2006a, 2006b oder ähnliches gibt. Aber nachdem der SPIEGEL 2006 Jahresrückblick schon am Kiosk zu haben ist, kann man wohl nicht anders als zuzugeben, dass sich das unwiederbringlich seinem Ende nähert. Zeit, Rückblicke zu starten. Hier der Musikalische.

Völlig schrecklich beim Konzert, aber gut auf der CD kam »Mother Dear« von »The Divine Comedy«. Ja, ich erwähnte es in einem kleinen Konzertbericht schon, aber dieser erste Song, eigentlich ein Lieblingslied von mir, war eine riesige Enttäuschung wie er auf dem Hamburger Konzert präsentiert worden ist. Man glaubte, der Soundcheck sei schiefgelaufen. Die erste Single-Auskopplung aus dem Album, »Diva Lady«, war o.k., nicht mehr oder nicht weniger. Die anderen Songs auf dem Album »Victory For The Comic Muse« sind wesentlich erbaulicher, wenn auch das Gesamtalbum an die beiden Vorgänger-Alben nicht heran kommt.

Ich kenne kaum jemanden in meinem Bekanntenkreis, der nicht »Herr der Ringe« gesehen hat. (Meine Eltern klammere ich bewusst aus.) Der Soundtrack war monumental und ich habe ihn wirklich gehört. Im ersten Teil war die markante Stimme Enya, die demnächst auch wieder von sich hören lassen wird, soweit ich das mitbekommen habe. Im dritten Teil, Teil 2 habe ich bewusst übersprungen, war es Annie Lennox, die mit »West«-Song prägend war. Nett, aber gegen Enya und gegen die Stimme aus »Gollums Song« aus dem zweiten Teil ein Nichts. Mich hat von den ersten drei Teilen die Stimme zu Gollum maßlos fasziniert. Aber es war wirklich nichts zu machen, die Sängerin schien sich nur einmal produziert haben oder, eine andere denkbare Möglichkeit, war eigentlich nur eine Background-Sängerin, was schade gewesen wäre. last.fm brachte Abhilfe: Bei anderen Usern tauchte ein Name auf, der mich sehr an die Interpretin erinnerte, die den Gollum-Song interpretiert hatte. Nur, ganz anders geschrieben. An der Stelle soll ein kleiner Fluch auf die FreeDB ausgebracht werden, die meinen Tracks von der CD falsch verschlagwortet hatte (auch wenn es sonst natürlich ein feines Tool ist|war). Die gute Frau heißt Emiliana Torrini und hat eine berauschende Stimmung, die ein wenig an Björk erinnert. Im Gegensatz zu dieser, aber mit melodischer Musik auftritt. Ein wenig Trip Hop-mäßig kommt sie in »Love in Time of Science« daher, an Songwriterinnen wie Tori Amos und Suzanne Vega wird man bei ihrem zweiten Album »Fisherman’s Woman« erinnert, das sehr viel ruhiger und besinnlicher ausfällt.

Drittens seien noch die Pet Shop Boys erwähnt, die sich wieder in mein Herz gespielt haben. Mit dreierlei sogar in diesem Jahr: Zuerst sei natürlich das fantastische Album »Fundamental« genannt, mit dem sie mich im Frühsommer dieses Jahres wirklich überraschten. Ich hatte sie schon fast abgeschrieben, aber da kam zuerst der Soundtrack zu Panzerkreuzer Potjemkin, der mich sehr faszinierte. Das hatte mit PSB-Musik wenig zu tun, zeigte aber, dass die beiden Künstler mehr konnten, als gute Pop-Musik zu produzieren. Dass sie das auch noch drauf hatten, bewiesen sie dann mit dem erwähnten fundamentalen Album. Dann kam das Konzert in Ludwigslust, eine Reise in die eigene Musikvergangenheit. Wenn ich ehrlich bin, dann gibt es zwei Gruppen, die ich als Beatles meiner Zeit bezeichnen würde: Depeche Mode und PSB. Aber Letztere noch mehr, da sie bis zum Ende der 80er Jahre wirklich den Mainstream mit einem Hit nach dem anderen begeistern konnten. Dann, um das Jahr zu einem wirklichen Pet Shop Boys-Jahr zu machen, gab es noch »Concrete«, eine Doppel-CD eines Londoner Konzertes, das erste Live-Album der beiden Künstler überhaupt. Ich habe mir ja schon kaum vorstellen können, wie ein Konzert mit denen sein kann. Halb-Playback, o.k., aber es wurde echt gesungen. Das war schon mal was, und mir war es jeden Euro wert, den ich dafür hingeblättert hatte. Das mitgeschnittene Londoner Konzert ist aber die reine Wucht, zusätzlich aufgewertet durch diverse Special Guests.

Wenn wir schon bei Konzerten sind: Yann Tiersen war ja auch auf Tour, unter anderem auch in Potsdam. Der Mitschnitt der Tour ist im November erschienen. Viele Besucher des Konzertes in Potsdam, hatten seine Musik aus »Amélie« und »Good bye, Lenin« in Erinnerung. Lieblich und nett, viel Klavier, ein wenig Akkordeon. Aber da schon immer viel mehr. Dazu musste man nur die alten Live-Alben hören oder seine regulären Alben. Auch die, die er mit Partnern gemacht hat. Dann wusste man, dass er auch anders konnte. Die Besucher des Potsdamer Konzerts, das sicher exemplarisch für seine anderen Konzerte auf dieser Tour waren, wussten das in der Mehrzahl nicht. Viele durften überrascht gewesen sein: Ich möchte mal hintenanstellen, ob positiv oder negativ. Es dürfte gleichbleibend große Fraktionen gegegeben haben. Das Album konnte insofern nicht anders ausfallen als rockig. Beeindruckend fand ich eine Rap-Nummer einer Gast-Künstlerin, die sich in ihre Darbietung derartig hineinsteigert und die Instrumentalisten um Yann Tiersen wirklich fordert. Der klassische Yann-Tiersen-Fan dürfte mit dem Album nichts anfangen können, da kaum Weiches und Ruhiges zu hören ist. Diejenigen, die es aber mögen, dass Künstler sich entwickeln, sollten mal reinhören.

Hinzu kommen über das Jahr Entdeckungen, die wahrscheinlich keine sind: Charlotte Gainsbourg beispielsweise, die ich auf den Seiten schon erwähnte (»5:55«) oder Leigh Nash, die ein wunderbares Album herausgebracht hat (»Blue on Blue« mit meinem Favoriten »Ocean Size Love«). Frei im Netz zu hören und runterzuladen, aber hier sicher noch nicht erwähnt, die Kleptones (einfach bei Google suchen, man wird schon fündig werden). Ich habe mittlerweile alle Alben, aber das letzte Album »24« dürfte sicher das Komplexeste sein. Ich habe es gehört, und mich nur gewundert und mich über die Musik-Zitate amüsiert. Obwohl, kann man bei den Kleptones wirklich noch von Zitaten sprechen nicht. Da es nichts kostete, möchte man an der Stelle einen Hörbefehl geben…