Beides Vergnügungen, räumlich aber genauso weit voneinander entfernt wie von ihrem Anspruch. Bruhns Deichhotel in Stein bei Kiel ist immer wieder eine Fahrt wert. Leider ist die Küche von Volker Specht von uns aus fast fünfzig Kilometer entfernt, dass man es sich zweimal überlegt, bevor man sich auf die Reise macht. Hartwig Stieper dagegen liegt gleich um die Ecke (in Schülp) und wird von uns öfter mal heimgesucht. Kein Wunder: drei Minuten mit dem Auto, zehn Minuten mit dem Fahrrad.

In Stein waren wir letzten Sonntag gewesen. Der Besitzer Maximilian Bruhn lässt sich in den meisten Fällen nicht nehmen, die Gäste zu begrüßen. Mit einer Leichtigkeit schafft er es, seine Gästen das Gefühl zu geben, sie seien zu Hause und müssten sich nur noch an den gedeckten Tisch setzen. Die Mama, in dem Fall des Deichhotels, Volker Specht, würde gleich das Essen zubereiten und nette Damen aus der Umgebung tragen dieses dann auf. Es gibt ein Menü, welches sowohl als Vier-Gang- wie auch als Drei-Gang-Menü genommen werden kann. Hinzu kommen noch Spezialitäten, die einem der Chef oftmals der Chef persönlich ans Herz legt. Die Überzeugungskraft ist so stark, dass beim letzten Besuch von Vieren Viere das Bauernhuhn nahmen, einen Vorgang, den ich sonst immer verurteilen würde. Schließlich soll man die ganze Küche auskosten.

Es versteht sich, dass auf spezieller Geschmäcker Rücksicht genommen werden: Die Alternativen sind mit genausoviel Sorgfalt zubereitet, wie sie die Originale auch sind. Also gibt es statt Spinat nicht einfach Möhren, sondern Wurzelgemüse, dass eine eigene Note hat, so wie es der Spinat bei Bruhns auch hat.

Unterhalten Sie sich mit Herrn Huber über Wein, sie werden es zu schätzen wissen. Es gibt immer Tröpfchen, die nicht auf der Karte stehen. Ich habe manchmal das Gefühl, dass man sich diese verdienen muss. Das Restaurant ist, wie schon erwähnt, ungünstig für uns gelegen: Zu weit weg, um mal schnell hinzufahren; zu nah dran, um da wirklich einen Kurzurlaub zu verbringen. Was ist das schon für ein Urlaub, bei dem man den Kollegen über den Weg rennen kann?

Das Hotel liegt am Deich, sprich: Man schaut auf die Ostsee. Das ist natürlich schon mal traumhaft. Wenn man dann noch so ein Wetter hat, wie wir es am letzten Wochenende hatten, und man draußen auf der Terrasse essen kann, wird’s fast unfassbar schön. Das sind die Momente, für die man lebt. Reservierung kann man sich sparen, wenn man im Winter auf einem Mittwoch etwas essen möchte, am Wochenende mit strahlendem Sonnenschein ist zeitige Reservierung notwendig. Ich habe Herrn Bruhn schon so manchen Quasi-Gast mit Bedauern wegschicken sehen.

Herr Stieper aus Schülp macht andere Küche. Für uns heißt das Restaurant nicht »Krug zum grünen Kranze«, vielleicht weil wir damit doch Heimatfilme verbinden; es mag aber auch schlicht daran liegen, dass unser Nachbar diesen Namen eingeführt hatte: »Wir waren bei Stieper.« Wenn mich nicht alles täuscht, heißt der örtliche Baumarkt hier auch so. Allerdings sind bestimmte Namen hier gang und gebe, beispielsweise Rohwer (»Hier wohnt also der Rohwer.« Eine blöde Aussage, denn zwei Häuser wohnt schon wieder einer…) Bei Stieper hat mittlerweile der Nichtraucherschutz Einzug gehalten, was ich schon mal lobens- und erwähnenswert ist. Nichts ekelt mich so sehr, wie ein Nachbar, der während ich esse, sich eine Zigarette anzündet und mich vollqualmt. Vielleicht bin ich da ein wenig penibel.

Die Karte ist umfangreich und wenn man eine Spezialisierung sucht, dann könnte man Toast, Schnitzel und Steaks nennen. Alles reichhaltig und schmackhaft zubereitet.

Kommen wir zu Kernfrage: der Preis. Für das, was ich bei Stieper für eine Person bezahle (Getränke, Vorsuppe, Hauptgericht), dafür bekomme ich bei Bruhns das Hauptgericht. Damit sollten die Fronten geklärt sein. Das ist aber kein Urteil: Bei Stieper gibt es günstige und leckere Hausmannkost, wie man sie sich von einem Landgasthof wünscht. Salopp formuliert: Bei Stieper kehrt man ein. Der Genuss ist bei Bruhns ein anderer, dafür überlegt man sich es auch zwei-, dreimal, ob man sich diesen Luxus gönnt.

Die Beiden spielen in unterschiedlichen Ligen, aber bei beiden Gastronomen bin ich noch nie enttäuscht worden: Insofern gehören sie in einen Text.