Wenn irgendwo die Zwei-Klassen-Gesellschaft gelebt wird, dann im Friseur-Laden. Männer kommen in die eine Ecke, Frauen in die andere. Was ich auch heute gelernt habe: Flexibilität gibt es keine. Der Zustrom an Frauen war in den Mittagsstunden nur mäßig und da können schon mal 6 Friseure am Tresen stehen und Frauen entgegenfiebern, die Männer werden in ihre Ecke geschickt und müssen warten, bis die zahlenmäßig sehr weit unterlegenen Männer-Friseusen ihre Klienten abgefertigt haben.

Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass Friseure nur Männer- oder nur Frauenfrisuren können. Aber sei’s drum – ich wollte nicht nicht aufregen und konnte interessante Beobachtungen machen. Zum Beispiel ist mir aufgefallen, dass unter Friseuren (Männlein wie Weiblein) der Anteil der Tätowierten höher ist als im Rest der Bevölkerung. Das außergewöhnliche Frisuren dazugehören, war mir ja klar. Bei einer sah der Fuß aus wie der Vorspann von Matrix – halt nur in blau statt in grün und mit chinesischen Schriftzeichen. Da der Alterungsprozess schon einsetzte, konnte ich mir ganz gut vorstellen, wie toll das in zehn Jahren aussehen würde.

Der junge Mann, der vor mir im Friseur-Salong war, hatte definitiv einen Friseurbesuch nicht nötig. Er sah sauber frisiert aus. Ich gehe zum Friseur, wenn es nötig ist. Da spielen auch wenig ästhetische Beweggründe eine Rolle, als der Zeitaufwand den ich in das morgendliche Fönen stecken muss. Ist der zu hoch, geht’s zum Friseur. Der Bursche hatte da wohl eine andere Einstellung. Dass es nichts zu schneiden gab, war mir sofort klar. Aber was wollte er dann beim Friseur? Vielleicht hat er auf was gewartet? Dann wurde ich aber bös überrascht: Der junge Mann wollte sich Striche in das Haar schneiden lassen. Praktischer Nutzwert: null. Danach sah er aus wie ein Streifenhörnchen. Er hatte seine Freundin dabei, die das Ganze neben ihm stehend kritisch beäugte. Das wäre auch so eine Sache, die mir nie in den Sinn käme: Mit meiner Frau gemeinsam zum Friseur gehen. (Bei meinem Glück gehen wir mit der gleichen Frisur raus…)

Beim Schneiden befällt mich dann immer der Gedanke, dass ich es eines Tages bereuen werden, meine Haare so freigiebig von mir gegeben zu haben.