Ein gelegentlicher Spaziergang durch die Straßen der Stadt kann ganz erstaunliche Aufschlüsse geben. Vor einiger Zeit habe ich schon verlauten lassen, dass ich befähigt bin, bestimmte Geschäftsentwicklungen auszublenden und dann erstaunt festzustellen: »Hier ist ja eine Weinhandlung!« Ja, toll, schon seit zwei Jahren. Gott sei Dank, hatte ich nicht umgehend zur Neueröffnung gratuliert.

Wie so manches öffnet, schließt auch so manches. Jetzt gibt eine Institution auf, zumindest stellt es sich für mich so dar. Sause. Noch kein Eintrag in der Wikipedia, aber immerhin jahrelang die Mitfahrzentrale für den Kieler Raum.

Am Sophienblatt beheimatet, musste man sich manchmal richtig anstrengen, um überhaupt durchzukommen. Freitags steppte bei Mitfahr-Sause der Bär. Man drängelte sich in dem recht engen Raum und lernte schon die interessantesten Typen kennen. Immer mit der Frage verbunden, ob das vielleicht einer der Mitfahrer werden würde. Und wenn dann einer mit dem Autoschlüssel hereinkam, die Frage, ob es denn der Fahrer wäre, den man sich gewünscht hatte. Gekommen waren sie alle, bei Sause habe ich da nie eine schlechte Erfahrung gemacht.

Die Autos wurden mit den Jahren immer besser. Später war ich es, der zur Mitfahrzentrale fuhr, um Mitfahrwillige aufzulesen. Erst mit einem Auto, welches diesen Namen nicht verdiente, mir aber treu diente (wir kamen immer an). Später mit meinem dunkelgrünen 306er, noch ein wenig weiter war es dann ein roter 306er. Mit meinem kleinen Schwarzen habe ich keine Fahrer mehr bei der Mitfahrzentrale, und damit bei Sause aufgelesen. Zwei Entwicklungen führten dazu: Wir fahren meist mit dem Dienstwagen Susanns, da sind keine Mitfahrer gestattet (sagt sie). Und wenn das mal nicht der Fall ist, geht es über Mitfahrzentrale.de – ganz klar, dass sich damit Mitfahr-Sause irgendwann erledigen musste. Erst war er umgezogen, mittlerweile wird der Laden komplett aufgegeben.

Schade ist es trotzdem. Es verschwindet vergangene Alltagskultur aus dem Leben. Und das es früher Räume gegeben hat, kann man sich ein heutiger Mitfahrer gar nicht mehr vorstellen.