Das Leben besteht aus Kompromissen, Beziehungen übrigens auch. »Lach nich!« und »Ich hab schon geguckt!« sind bei uns geflügelte Worte, die ich recht selten in den Mund nehme. Wenn also Susann wieder eine Idee aus dem Hut zaubert, muss ich bös‘ aufpassen. Sie allerdings auch manchmal. Wie beispielsweise neulich, als ich wieder maßlos über den nutzlosen Fahrrad-Trainer geärgert habe, der nur im Wege steht. Von mir wurde er nicht genutzt (aus Prinzip), von Susann natürlich auch nicht. Da musste ein Lösung her.

Ein schnödes »Das Teil muss weg!« konnte ich nicht bringen, bei so einer Aktion muss ich auch etwas bieten. Da ist mir was eingefallen: »Ich kaufe mir ein Fahrrad und fahre regelmäßig mit dir Rad, Schatz! Aber das Teil kommt weg!« Man möge mir nicht mit Erpressung kommen, schließlich haben wir jetzt statt einer riesigen Teichanlage auch nur ein Aquarium, auch ein Kompromiss, der in mühsamen Koalitionsverhandlungen ausgehandelt wurde. (Im Augenblick laufen auch Koalitionsverhandlungen bezüglich einer Aquariums-Erweiterung. Aber bisher stelle ich mich auf den Standpunkt: Wenn Erweiterung, dann im Keller. Blöd nur, dass wir keinen Keller haben. Die Verhandlungen verlaufen im Sande.)

Gestern habe ich dann ein Fahrrad gekauft.

Die Schnute war zuerst. Sie kennen das? Sie sagen was und ihr Partner, ja eigentlich mehr die Partnerin zieht eine Schnute. Bei uns war das so: Ich sagte, ich würde mir ein Fahrrad kaufen. Prompt kam die Frage: »Allein?« So hatte ich mir das vorgestellt, aber so sollte es nicht sein. Ich bin über die Jahre skeptisch geworden, denn als ich mir eine Brille kaufen wollte, kam meine Frau mit. Wir hatten im Anschluss die gleiche Brille gekauft, oder besser gesagt, sie hatte sicher meiner Entscheidung angeschlossen. Nun hatte ich mir einen Fotoapparat gekauft, kurze Zeit später hatte meine Frau den gleichen. Ich hatte schon gesagt, gemeinsam zum Friseur würde ich mit ihr nicht gehen. Also ging es nun darum, dass sie unbedingt mit zum Fahrradladen wollte. Schon im Auto wurde mir klar, dass mein Fahrrad nicht unverwechselbar sein würde: »Vielleicht kaufe ich mir auch eines.«

Fahrräder kosten heutzutage ja ein Vermögen, wenn man nicht gerade bei EBay auf Schnäppchenjagd geht oder sich mit Krams aus dem Supermarkt zufrieden gibt. Das wollte ich nicht und der örtliche Einzelhandel musste gestärkt werden.

Mein letztes Fahrrad hatte ich mir im letzten Jahrtausend gekauft (hört sich gut an). Besonderen Schnickschnack gab es da nicht. 28er Fahrrad, damit war die technische Beschreibung schon komplett. Während ich mich bei Computer, Peripherie, Büchern und Hifi, ja sogar ein wenig bei automobilen Themen, auf dem Laufenden halte, ist mir die Fahrradtechnik ziemlich am A…h vorbeigegangen. Ich kam in Fahrradladen und war schlicht überwältigt. In der DDR war man froh, ein Fahrrad zu bekommen. Da nahm man auch eines, dass so grün war, wie das meine. Das es allerdings dann nicht in den Westen schaffte (war mir doch ein wenig peinlich, außerdem ergab sich nicht die Gelegenheit, Fahrrad zu fahren – oder besser gesagt, so eine Gelegenheit wollte ich gar nicht haben).

Nun, denn, ich war aber frohen Mutes und wollte gleich wieder gehen. Das war nichts für mich. Der Fahrradladen fiel für mich eindeutig in die Kategorie, in die auch Läden fallen, in den Parfüms oder Kleidung verkauft wird. Zuviel und nicht unübersichtlich. Es erbarmte sich aber eine nette Dame für uns, die nicht so aussah, als würde sie selbst viel Fahrrad fahren. Aber im Laufe des Gesprächs hörte ich heraus, dass das ganz und gar nicht der Fall war. Aber eines war klar: Heutige Fahrräder sind sehr stabil. Wenn die Dame eines fuhr, dann musste es für uns allemal reichen.

Es fing an mit der Frage, ob das Fahrrad »Rücktritt« haben sollte. Erwischt! Rücktritt, da war was. Ich konnte mich daran entsinnen. In meiner Jugend war das doch Non-Plus-Ultra keinen Rücktritt zu haben. Ich hatte immer Rücktritt, soweit ich mit entsinnen konnte. Also eindeutige Ansage: »Klar, Rücktritt muss sein.« Vor ihren Augen schrumpfte das Angebot schon deutlich. Hängen blieb es bei einer Eigenmarke, wie ich mittlerweile weiß, und nun ging es los: Ausprobieren. Das erste mal seit Jahren wieder auf einem Fahrrad. Ich hatte es ihr gesagt, also wenn es schief gehen sollte, es wäre nicht meine Schuld. Hauptsache weit weg von unserem Auto. Ich drehte meine Runden und war irgendwann ziemlich entschieden. Das Fahrrad war gekauft.

Dann fing meine Frau an zu proben und hatte auch recht bald eine Entscheidung getroffen. Weiter geht’s übermorgen…