Auch in der letzten Nacht im malaiischen Hotel kämpften Klimaanlage und Kühlschrank um das lauteste Geräusch. Letztlich war nicht ganz klar, wer in dieser Nacht als Sieger aus dem Wettkampf hervorging. Wach geworden bin ich durch ein Geräusch, welches ich halt bisher noch nicht wahrgenommen hatte – es war ein Knistern. Es brauchte ein wenig, bis ich geistig so weit rege war, dass ich erkannte, das die Zeitung durch die Tür geschoben worden war. Der Tag konnte beginnen.

Der kleine faule BruderDie Tasche war schon gepackt. Die letzten Sachen wurde noch untergebracht, dann ging es zum letzten Mal durch das kleine Wohnviertel in Richtung Verlag. Ich traf noch einmal den jüngeren, faulen Bruder von Stummel, der wieder zusammengerollt auf der Metallplattform lag, auf der ich ihn schon mal fotografiert habe. Schön, dass wir uns verabschieden konnten.

Die vier Stunden im Verlag ließen sich gut aushalten. Meine Zöglinge bekundeten noch einmal ordentlich Interesse an verschiedenen innerdeutschen Angelegen. Wo ich denn herkomme, wie das mit den Schlössern wäre, mit der Berliner Mauer und überhaupt. Hin und wieder hatte ich das Gefühl, dass sie einfach nur ein wenig Zeit schinden wollten. Ich hatte einen kleinen Test angesetzt, wenn auch nur aus Spass. Nach diversen Diskussionen zog ich es durch – wie eine kleine mündliche Gruppen-Prüfung für alle mit kleiner Punkte-Vergabe – sie hatten ihren Spass. Ich hatte meine Wiederholung und habe gesehen, wer wie fit ist, und hatte natürlich auch meinen Spass. Einen Gruppenfoto gab es auch noch.

Kurz vor zwei Uhr war ich im Hotel und dann ging es zum Check-Out. Es war kein Problem, die Zeit nach hinten zu legen. Da waren sie vom Hotel sehr entgegenkommend. Ich war noch am Bezahlen, da kam schon unsere Taxifahrerin und unterhielt sich in der Zeit mit Steffi. Vor dem Hotel blieb sie dann stehen, statt zum Taxi zu gehen, und winkte. Ein Taxi fuhr vor – mein erster Gedanke war: Wow, jetzt gibt es hier schon ein Valet Parking Service für Taxis? – man hat ja schon so manches erlebt, warum auch nicht das. Aber es stellte sich heraus, dass sie ihren Sohn »anlernte«, der Student war und Automobil-Bau studierte. Da passt das mit dem Taxi natürlich ganz gut. Wenn ich auch nicht weiß, ob er gern Taxi mit seiner Mutter fährt, denn so diszipliniert hatte ich in Malaysia noch keinen Taxifahrer erlebt. Aber was will man machen, wenn die Mutti neben einem sitzt, und einem die Hand tätschelt.

Das gesammelte Gepäck von uns passte nicht in den Kofferraum, der Kofferraum ging nicht zu. Aber unsere Taxifahrerin wusste sich zu helfen: Man muss den ja gar nicht zu machen. Dafür gibt es Gummi-Bänder, die man nur passend befestigen muss, dann geht das auch. Wir haben leider kein Foto davon.

Überrascht musste unsere Fahrerin leider vernehmen, dass das Oktoberfest ja gar nicht im Oktober sondern im September ist. Warum man denn das Fest dann nicht Septemberfest nenne? Eine naheliegende Frage. Teuer, wäre es, erzählten wir ihr und erwähnte den Bierpreis. Sie meinte nur, davon könne sie den Reis für einen Monat für die Familie bezahlen. Übrigens, da sie es schon auf der vorherigen Fahrt erwähnte, die Bierpreise auf Langkawi sind in Malaysia die günstigsten…

Auf dem Flug nach Singapur durften wir einer genervten Stewardess bei der Arbeit zuschauen. Der Grund dafür? Eine vielköpfige Familie aus dem Jemen. Diese hatten die Sitznummern: 9E, 21A, 21B, 21, 21D, 21E und 22F. Mit dabei: Ein Vater, eine Mutti, eine 15 oder 16jährige Tochter, eine zehn- bis elfjährige Tochter, zwei etwa siebenjährige Töchter, ein etwa sechsjähriger Sohn und eine zwei- bis dreijährige Tochter. Für das männliche Geschlecht gab es in dieser Familie nicht viel zu lachen, aber vielleicht war das auch der Grund, warum er mit den harschen Worten der Stewardess ganz gut zurecht kam. Die meinte nämlich zu ihm, dass es eine ganz gute Idee wäre, wenn er das nächste Mal 5 Ringgit ausgäbe, dann hätten alle zusammensitzen können, und partout nicht auf seinen Wunsch eingehen wollte, den Herren auf 21F zu fragen, ob er nicht mit der Tochter auf 9E tauschen könne. Nein, könne sie nicht, meinte sie zu ihm, wenn er das wolle, könne er ja selbst fragen. Ob sie nicht könne, es wäre wohl mehr ihre Aufgabe. Das sah sie überhaupt nicht so und ließ ihn einfach so sitzen. Er sah schon ein wenig elend aus. Neben Steffi saß eine der Sechsjährigen, hübsch anzusehen, und was das Fliegen angeht, absoluter Profi. Sie ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und tobte nicht großartig herum. Wenn Steffi gerade die Augen zu hatte oder wo anders hinschaute, schauten die großen, braunen Augen staunend auf die große, weiße Frau neben ihr – die ganz nett war und die Kindererzieherin nicht weiter heraushängen ließ – und sich abrupt wegdrehte, sobald sich Steffi nur ein wenig bewegte. Ziemlich lustig.

Ich möchte mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber was ich bei der Grenzkontrolle in Singapur erlebt habe, hat mich ziemlich beeindruckt. Wir hatten die Schlange, an der man am längsten warten musste – aber das war einfach ungeschickt gewählt – mehr als drei Leute waren eigentlich nicht vor einem. Ein Lob möchte man auch aussprechen, dass sie in Singapur noch auf den Schnickschnack mit Fingerabdrücken verzichten. Die Malaysier nehmen einem diese auch bei der Ausreise wieder ab – wohl zur Sicherheit, dass auch der Richtige wieder ausreist.

Die S-Bahn war sauber, schnell und vermutlich pünktlich. Das Drängeln hielt sich in Grenzen.

Das Hotel ist eine Wucht und soll später auch noch in Bilder beschrieben werden. Wir blicken aus einem Fenster im 27. Stock auf Singapur. Der Fruchtkorb, den ich mir gewünscht habe, der fehlt zwar … aber es zu perfekt soll es auch nicht sein, sonst schätzt man es nicht mehr.

Warum dieser Titel: Eigentlich sollte der Beitrag »Mit der S-Bahn ins Fünfsterne-Hotel« lauten, aber dann kam plötzlich die Erkenntnis, dass in Singapur kaum Kopftücher zu sehen waren, was schon einen Kontrast nach vierzehn Tagen Kuala Lumpur darstellt, was den Titel »Vorhersage: Kaum Kopftücher« bedingt hätte. Beide gut, also nahm ich keinen von denen.