Halb frühes Aufstehen war angesagt. Frühstück gab es im Hotel erst um sieben Uhr – es war ja schließlich Sonnabend und da stehen die Touristen nicht so früh auf. Außer wir, denn wir standen gestriegelt und geschniegelt schon am Eingang und wippten mit den Füßen. Im Internet hatte ich am Morgen die interessante Entdeckung gemacht, dass man sich die Golden Gate Bridge mit einer Webcam anschauen konnte und siehe da – sie war klar und gölden sichtbar. Da war das Sahnehäubchen, denn rübergemusst hätten wir so oder so.

Und immer wieder die Golden Gate Bridge

Und immer wieder die Golden Gate Bridge

So aber fuhren zuerst noch einmal die Straßen von San Francisco hinunter zur Bay und machten ein paar Bilder von der Golden Gate Bridge, die sich Betrachter unserer Urlaubsbilder dann also nur 62 Mal angucken müssen (ohne Video-Bilder hinzuzurechnen). Nun sollte man aber nicht annehmen, dass man an so einem Morgen allein an der Bay gewesen wäre – ganz im Gegenteil. Von den zu den Fotomotiven ganz gut dazu passenden Segelboten waren jede Menge Jogger unterwegs und Grüppchen von Kindern und Eltern, die am Strand ein Fest organisiert hatten. Um acht Uhr morgens wohlgemerkt. Die hatten noch etwas vor sich.

Wir hatten auch noch etwas vor uns, schließlich hatten wir am Vortag den Tagesordnungspunkt »Muir Woods« einfach fallen gelassen und so düsten wir zuerst in diese Richtung. Die Golden Gate passierten wir, ohne Maut bezahlen zu müssen (zwei Tage vorher war das noch so, vielleicht ja Sonnabend morgens nicht?) und kurz darauf standen wir in dem Park, in dem man auch um neun Uhr morgens schon nicht mehr allein ist. Diese frühe Tageszeit machte sich aber trotzdem bezahlt, denn als wir eine Stunde später unseren Rundgang beendet hatten, kamen die Reisebusse und mit diesen vielen Meuten von San-Francisco-Touristen in das Gebiet ein. Es gab ein Abschnitt, der hieß »Die Kathedrale« und in dem sollte man sich besonders ruhig verhalten. Das hat mit den verhältnismäßig wenigen Leuten schon nicht geklappt, die im Angesicht der Riesen und der daraus resultierenden Stimmung nicht das Plappern sein lassen konnten. Wie das mit Busladungen klappen soll, kann ich mir nicht vorstellen und blieb mir auch erspart. Hat also jemand das heftige Bedürfnis, sich dieses Naturschauspiel für fünf Dollar pro Nase auch einmal anzuschauen, dem geben wir mit auf den Weg: Wenn am Wochenende, dann fängt nur der frühe Vogel der Wurm. Wem der Wurm egal ist, der wird sich mit der Stimmung einer Pop-Messe abfinden müssen.

Aus erkältungstechnischen Gründen verzog ich mich nach hinten und ließ Susann die Strecke nach Sacramento fahren, während ich hinten döste und hin und wieder Aufnahmen mit der Videokamera von langweiligen Landstrichen machte. In Sacramento landeten wir direkt am State Capitol und lungerten anderthalb Stunden im dazugehörigen State Park herum. Das lohnte sich auch: Der Kakteen-Garten war prächtig, der Rosengarten entlockte sogar dem Herrn Papa ein paar lobende Worte (»Hätte ich eine Gartenschere, ich würde die Verblühten abschneiden.« Jaaaa, das ist ein Lob!), es gab Orangen-Bäume voller Früchte und und und. Vor dem Capitol stellten sich Brautpaare auf und ließen sich fotografieren. Es stellten sich auch Leute auf, die bunt gekleidet waren, aber nicht heirateten wollten – und diese waren keine Touristen (wir sind aber nicht dahinter gekommen, was die jungen Herrschaften dazu brachte, sich bunt zu kleiden und dann vor ein Regierungsgebäude bei doch erstaunlicher Hitze zu stellen). Wir genossen unser Softgetränk in einem kleinen Laden in der Ecke, flanierten am Schneider von Herrn Schwarzenegger vorbei und fuhren dann in Richtung Lake Tahoe.

Die US 50 ist wirklich eine reizvolle Strecke und sie war offen. Die kleinen Wörter »open« und »closed«, die uns in der Vergangenheit hauptsächlich bei Läden interessiert hatten, sollten uns immer wieder in Erstaunen setzen und hatten schon einige Änderungen an der Reiseroute im Vorfeld bewirkt. Jetzt war ich überrascht, dass diese US 50 hätte geschlossen sein können und fragte mich im Stillen, wie es denn gewesen wäre, wenn sie nicht geöffnet wäre. (Ich fragte mich ebenso leise auch, wie denn die Leute diese Orte erreichen, wenn die Straße nicht geöffnet ist, die Lebensmittel-Laster und Tanker mit Benzin und Heizöl. Das hört sich alles nicht so prickelnd an.) An dieser US 50 sahen wir auch unseren ersten Wasserfall in diesem Urlaub, einen »Kleenen« wie wir ihn definierten, der uns aber schon einmal viel Freude machte. Genauso wie der neben der Straße laufenden Wildbach, der mit einer Wucht vor sich hinplätscherte, die es mir schwer machte, mich auf die Straße zu konzentrieren. Der Verkehr war mäßig und so langsam kletterten wir auf der Straße in Höhen vor, die wir so nicht vermutet hatten. Der höchste Punkt war etwa 7500 Fuß, was vielleicht auch erklärt, warum in der Strawberry Lodge, wo wir eine Pause einlegten, der Cheese Cake noch teilweise gefroren war. Zumindest das Stück, das ich hatte. Lecker war es trotzdem und wir glaubten den Beteuerungen eines anderen Gastes, dass das Abendessen absolut fabulös sei und die Atmosphäre des Hauses (richtig rustikal, großer Bär am Eingang, alte Telefonvermittlungsanlage, die mit Mobiltelefonen nicht mehr zu recht kam).

In der Höhe lag noch Schnee. Nicht beiläufig, sondern wirklich so, dass man Schneeball-Schlachten veranstalten konnte (was einige auch noch taten) und Schneemänner noch standen (teilweise auch obszön). Die Lauben waren noch eingeschneit und einige der Veranden waren unter der Last des Schnees zusammengebrochen.

Dann kam der Lake Tahoe. Wir sahen ihn erst von den Bergen, was ein fantastischer Ausblick war. Vom Süden kommend umkurvten wir den See und beachteten insbesondere die Bären-Warnungen. Irgendwann hatten wir unser Hotel erreicht. Die Zimmer waren eine Mischung aus einfach und irgendwie nicht. Der Ausblick über den Lake Tahoe war phänomenal, die Betten fantastisch, die Möbel waren irgendwie edel – trotzdem hatte man den Eindruck, dass das Hotel seine besten Zeiten schon gesehen hat.

Nach einem kleinen Mahl (die Damen nahmen die kleinen Mahlzeiten und hatten mehr, als die Herren, die den Hauptgänge nahmen). Reiseleiterin und Reiseleiter machten noch kurz Bekanntschaft mit dem Kasino, während die Herrschaften ins Bett gingen.