Mal wieder früh aufstehen oder: Und täglich grüßt das Murmeltier. Am Vorabend hatte die Frau Mama uns mit der Information überrascht, dass man im Death Valley den Sonnenaufgang erleben sollte. Zeitiges Aufstehen wäre daher angesagt – ich mochte dem nicht widersprechen, den so oder so war zeitiges Aufstehen angesagt. Über das Death Valley sollte es in Richtung Las Vegas gehen und von dort in die Nähe des Grand Canyons. Das war sowieso als langer, langer Reisetag geplant. Mit der Aussicht auf einen Sonnenuntergang mit einer fantastischen Spiegelung standen die Truppen aber noch enger.

Ein großes Lob muss der Truppe ausgesprochen werden. Wir fahren zu fünf Uhr verabredet und 4:53 Uhr waren wir schon an der Tankstelle um das immer-durstige Autovieh zu besänftigen. Für 5:38 Uhr war der Sonnenaufgang angekündigt – nur soviel: Da waren wir noch lange nicht in dem Death Valley, in welchem sich irgendetwas spiegelt und besonders toll aussieht. Wie sich herausstellte, muss man dafür direkt im Death Valley sein und dort an einem bestimmten Punkt stehen. Für uns blieb nur ein fantastischer Sonnenaufgang in der Wüste.

Mitten in der Wüste gab es dann Frühstück – eines der besten überhaupt und das noch zu einem sehr guten Preis. Manchmal wird man aber auch wirklich überrascht. Die Wüste war, ich gebe es zu, gar nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe. Es gibt da diese Dünen, die wirklich nur aus Sand bestehen und was ich mir so langläufig unter Wüste vorgestellt habe. Aber größtenteils hat man es mit Steinen, die einfach nur so rumliegen zu tun. Malerisch war der Artist Drive, der aber gar nichts mit der Wüste zu tun hat und bei dem man Steinformationen begucken kann, in denen sich verschiedene Mineralien in Schichten abgelegt haben, was ein eindrucksvolles malerisches Motiv ergibt. Allerdings eher in einer abstrakten Weise.

Danach ging es zu Badwater und wir schauten auf die Lache von Wasser, in der sich kleine Lebewesen tummeln sollen. Kein so schönes Leben, dachten wir uns und marschierten zum Salzsee. Frau Mama, nicht ganz sicher, ob sie auf Eis oder Salz wandelt, machte den Geschmackstest und bestätigte uns dann, dass es Salz wäre. Ist schön, wenn man weiß, dass man nicht zum Narren gehalten wurde.

Ein Blick auf die Uhr zeigte uns, dass wir ziemlich getrödelt hatten. Die Dame im Navi teilte uns mit, dass wir noch zehn Stunden Fahrt vor uns hätten – und da hat die Dame noch nicht die Restroom-, Zigaretten-, Trink- und Beine-Vertret-Pausen einkalkuliert, ganz zu schweigen von der obligatorischen Kaffee-Pause. Da es schon elf Uhr war, konnte mir ganz zu Recht schlecht werden.

Die Kalkulation der Zeiten war, Gott sei Dank, sehr konservativ, dass wir bei unserem Vorbeifahren von Las Vegas schon ganz gut davor waren. Leider führte uns die Navi-Lady über die Hoover-Damm und da war natürlich ganz klar, dass meine Foto-Finger wie wild zuckten und der Video-Daumen des Herrn Papa ganz fickerig wurde. Zwei Hindernisse mussten überwunden werden – eine Sicherheits-Kontrolle, bei der ein Beamter in den Wagen blickte, fragte, wie viele Leute im Wagen säßen (fragte, nicht wirklich schaute), um uns dann weiter zu schicken und das Parkhaus, in dem tatsächlich sieben Dollar verlangt wurden. Ich betrachte das mal als Guck- und Restroom-Gebühr (womit war das Thema schon mal erledigt hatten), womit ich damit ganz gut leben kann. Die Damen und Herren der Gruppen, die diese Entleerung bei der Gelegenheit vornahmen, stürmten gleich zum erstbesten Restroom – großer Fehler in meinen Augen: Auf dem Damm gibt es eine Toilette, in der der Eingang viel edler und goldener gehalten wird. Da sollte man hingehen – ob es da nun wirklich schöner ist, kann ich nicht sagen, denn mein Bedürfnis war nicht sehr ausgeprägt.

Eigentlich wollte ich es schon gestern schreiben, aber ich hab‘s vergessen. An den Autobahnen gibt es hin und wieder Schilder, auf denen steht, man möge bitte, bevor man sich umbringt, diese oder jene Hotline anrufen – dort würde einem geholfen werden. Gute Idee. Nur von Streifenhörnchen und Kojoten wird sie nicht genutzt. Ich habe in meinem Leben nur zwei Kojoten gesehen, also leibhaftig. Der eine Kojote spazierte gelassen durch den Yosemite Nationalpark, allerdings so fix dann wiederum, dass ich als Fahrer nicht bremsen, Fotoapparat greifen und abdrücken konnte – was ich sehr bedauerlich fand. Der zweite Kojote stürzte sich auf der Interstate zwischen Las Vegas und Flagstaff vor mein Auto und – ungelogen – und trennten nur zehn Meter. Aber er war schnell, sehr schnell. Ich begrüße es ausdrücklich, dass mein zweiter Kojote nicht gleich mein erster toter Kojote gewesen war. Schlimmer sind jedoch die Streifenhörnchen auf den Highways. Sie scheinen regelrecht darauf zu warten, bis ein Auto kommt, um dann über die Straße zu flitzen. Flink sind sie ja, aber es schaffe nicht alle. Sie sind ja so süß, diese Viecher, aber offenbar hat sie die Evolution dazu verdammt, auf der Straße eine leckere Mahlzeit Raben abzugeben.

Kurz nach acht Uhr kamen wir im Cameron Trading Post an und waren darüber heilfroh. Die männlichen Bestandteile der Gruppe schleiften die Damen durch den riesigen Shopping-Bereich zum Restaurant, denn Essen gab es nur bis um neun Uhr abends. Dann war die nächste Gastro-Gelegenheit vierzig Kilometer entfernt und die hätte dann wohl auch zu. Das Essen war oberlecker, man kann es wirklich nicht anders sagen, aber typischerweise viel zu viel. Man konnte es nicht schaffen und von der linken Seite hörte ich immer wieder, ob ich nicht noch ein wenig Roast Beef haben wolle: »Ja, gerne. Wenn Du den Rest von meinem Burito nimmst.« »Nein, ich bin ja satt.« »Ich auch.« »Aber meins ist so lecker.« »Hmm, ja meins aber auch.« »Aber es ist so schade.« Selbst der Herr Papa hatte schon kapituliert, da kam von der gegenüberliegenden Seite. »Willst Du noch eine Scheibe von dem zarten Schweinebraten.« »Ganz gewiss. Ich habe gerade das Roast Beef ablehnen müssen und nehme dafür jetzt das Schwein. Ich bin satt!« »Es ist ja so schade.« (Den letzten Satz, dramaturgisch bitte als Chor vorstellen) Die Bedienungen flitzen herum, und kaum war das Glas alle, so war es auch schon wieder gefüllt.

Um vier Uhr aufgestanden, um halb zehn Uhr abends im Bett – es hatte Keiner mit Einschlafproblemen zu kämpfen.