Mir ist heute bewusst geworden, dass ich in meinem Leben noch nicht allzu viele Prominente gesehen habe. Wenn ich jetzt zurückblicke, kann ich auch nicht sagen, dass ich allzu viel vermisst habe – aber wenn man dann einem Prominenten begegnet, dann fällt einem das Fehlen auf.

Nun will ich den Prominenten, die ich traf, nicht Unrecht widerfahren lassen. Schließlich ist ein Dieter Hallervorden schon was. Aber diese Begegnung hat den Makel, dass er sich eine Vorstellung von Ottfried Fischer, die wirklich schlecht besucht war, ansah, und dass in Hallervordens eigenem Theater. Ich habe ihn also irgendwie in seinem Zuhause besucht, und das zählt dann nicht richtig. Mir ist auch Dieter Nuhr schon mal auf der Straße begegnet, was mir aufgefallen ist, weil ihn Tags zuvor live gesehen hatte. Sonst wäre er vielleicht einfach so an mir vorbeigehastet, und ich hätte mir nur gedacht: “Der Student hat das aber eilig.” Und ich habe Heide Simonis schon mal die Hand geschüttelt, zu Zeiten, als ich noch in der SPD war. Das ist meine Prominenten-Ausbeute.

Schlendert man nun durch den Hannoveraner Hauptbahnhof, stellt man schnell und auch leicht fest, dass die meisten Leute wenig prominent ist. Die Leute hinter den Tresen nicht, der Mann nicht, der noch zwei Euro für eine Fahrkarte nach Neumünster wollte und in der Buchhandlung lungerte auch kein Prominenter rum.

Ich dachte mir, dass ich in der DB Lounge aber noch ein Getränk abstauben könnte – ich hatte aufgrund von akutem Kleingeld-Mangel Vormittags nichts gehabt (und ich will mich jetzt nicht über den Kunden beklagen, der ja mal…) und setzte mich für ein paar Minuten in einen der kleinen roten Sessel. Es gab die obligatorische Business-Ecke, wo man sitzen kann und ein wenig Strom für den erschlappten Laptop ziehen kann und ein wenig im WLAN surfen kann, so man den entsprechenden Account hat. Da saß ein Mann mit rotem Irokesen-Schnitt und als er sein Gesicht in den Raum wandte, sah ich – Das ist ja Sascha Lobo!

Das nun setzte die Kette in Gang, in der ich mein Leben überdachte und eine virtuelle Landkarte der Prominenten, die ich jemals erspäht hatte, erstellte und ein Pin mit dem Namen “Sascha Lobo” in Hannover platzierte. Während ich nun auf die roten Haare von Sascha Lobo spähte, welches hervorragend zu den Bahn-Sesseln zu passen schien, wurde mir bewusst, dass Sascha Lobo mir zwar bekannt war und einer ganzen Reihe von Leuten ebenfalls, dass er den Prominenten-Lackmus-Test aber nicht bestehen würde: Tät ich meine Schwester fragen: “Und, Sascha Lobo?”, würde ich wahrscheinlich zur Antwort bekommen: “Häh? Wer?”, und ich wüsste, dass meine Entgegnung: “Ja, der mit den Blogs.” oder “Der aus der Vodafone-Werbung.” nicht viel Erleuchtung bringen würde. Damit wäre klar, Sascha Lobo kann nicht prominent sein, denn meine Schwester kennt ihn höchstwahrscheinlich nicht.

Ich entfernte den Pin wieder von der virtuellen Landkarte und machte mich auf den Weg zum Gleis 7.