Diese Woche, ich erwähnte ich, war ich mit meiner Deutschsprachigkeit in Saint-Lô nicht allein gewesen. Ein Kollege unterstützte mich von Dienstag an und stürzte sich vom ersten Tag an in kulinarische Abenteuer.

Das ist mir ein wenig fremd. Ich habe eine Lieblingsvorspeise, weiß auch, welche Tiere ich gerne esse, welche Tiere ich nur essen würde, wenn es sein müsste, und es gibt noch die Kategorie von Tieren, die vollständig sicher vor mir sind. Keine Muschel muss befürchten, dass sie wegen mir aus dem Wasser gefischt wird und Seeschnecken können auch sorglos leben, wenn es nach mir ginge.

Geht es aber nicht und von daher, hilft es ihnen relativ wenig, einen Fressfeind weniger zu haben, wenn umso mehr vor der Türe lauern. Mein Kollege gehört dazu und machte sich sofort daran, merkwürdige Würstchen zu essen. Lamm-Bries löste in ihm Erinnerungen an die Jugend und seine Mutter aus, und so konnte er – ganz im Gegensatz zu mir – diesen Leckereien aus dem Inneren nicht widerstehen. Angestachelt wurde er von französischen Kollegen, die ihm bedeuteten, dass wäre nun wirklich ganz, ganz selten zu bekommen und wenn er schon die Gelegenheit zu bekäme, sollte er sie auch nutzen. Und sie aßen Fischstäbchen. Neeeeinn, taten sie nicht. Aber ganz so exotisch war es dann doch nicht.

Von mir wurde erwartet, dass ich Geflügel in allen Variationen aß, und das tat ich. Da war wieder diese ober leckere Salat-Teller, auf den ich beim letzten Mal, so gar ein wenig mehr Fois gras bekam, als üblich, meine Vorlieben wurden in dem Sade-Restaurant schon erkannt, und angesichts dieser schieren Übermacht an Fett war sich sogar bereit, ein Stück meinem Kollegen zu geben, der dies noch nie gegessen hat, und sofort schwor, er müsste noch einmal zurückkommen, um Fois gras auszuprobieren.

Aber es war etwas anderes, was unseren Spesensatz diese Woche immer und immer wieder sprengen sollte: Calvados. Ich bin in den Tagen, die ich hier war, nicht auf die Idee kommen, nach dem Essen, noch einen Calvados zu nehmen. Mein Kollege schon. So wurde daraus in den letzten Tagen ein liebe wenn gleich auch teurer und überflüssige Gewohnheit, den Abend mit einem Calvados zu beschließen. Und im Sade-Restaurant – keine Frage – hatten sie sehr guten Calvados. Nicht nur einen, sondern gleich mehrere. Aber einmal einen ausgewählt, blieben wir bei diesem.

Das geht natürlich auch ganz anders: Was ich noch nie erlebt habe, zumindest nicht in deutschen Landen, dass man den Digestif vorher probieren darf. Oder noch anders ausgedrückt. Man probiert verschiedene und entscheidet sich dann für einen. Das hat einer der französischen Kollegen gestern mit Whiskey gemacht. Die Reste der Proben machten dann noch die Runde, und so wurde probiert und probiert, bevor man zum eigentlichen kam – dem Calvados.

Würden wir auf Dienstreisen immer so essen, wie am gestrigen Abend, dann müssten wir bald Konkurs anmelden. Wenn man von einem realen Spesensatz von 32 Euronen ausgeht, die man in Frankreich ohne Frühstück etwa hat, so habe ich gestern das Gleiche noch mal oben auflegen können und hätte dann immer noch nicht meinen vollständigen Anteil bezahlt. Zur Feier des Tages wurde ein Quincy als Weißwein ausgewählt (nicht von mir, nennen wir es mal eine Hommage) und ein Rotwein, der nicht aus Bordeaux stammte. Ich hatte dazu das beste Fois gras meines Lebens (wobei ich nur eine 18 von 20 möglichen Punkten vergeben hatte, da ich nicht weiß, wie das Fois gras der Mutter meines französischen Kollegen schmeckte, von dem ich eine Dose mit auf die Reise nahm) und dazu Wild. Da wir in den Wildbegriffen weder im Französischen noch im Englischen besonders mächtig war, half der Begriff Bambi oder No-Bambi – für mich war es dann Bambi, welches nur mit ein paar Pilzen und einer netten kleinen Soße angerichtet vor mir erschien und so dann verleckert wurde. Danach sollte es ein Camembert frois et chaud geben, der schon suggiert, was es denn sein könnte, aber was einen wirklich erwartet, war nicht abzusehen. Ein Stücken von dem Käse der Region – klar – und dann das ganze auch noch einmal warm in einem Eierlikör-Glas. Dazu zwei Stücken Weißbrot, welche zum Einstiepen gedacht waren. Sehr, sehr schmackhaft. Der Nachtisch war Sorbet, aber was für eins…

Der deutsche Kollege erfreute sich mit einem Schweinenacken-Steak als Hauptgericht, über welchem ein Camembert zum Schmelzen gebracht wurde. Die Soße – ein Traum.

Gearbeitet haben wir auch: In der Regel von halb neun bis halb neun. Das reichte dann auch über die Woche und so bleib zu sagen: Schön war’s immer erst nach acht Uhr.