An den Haaren herbeigezogene Plots können auch ganz spannend sein. Beispiel gefällig? Das Buch »Knochenarbeit« ist wirklich spannend, aber für die Umgebung, in der sich Reichs Heldin Tempe Brennan sonst bewegt, scheint es mir sehr weit an den Haaren herbeigezogen zu sein. Ich glaube wirklich an Zufällen und bin der festen Überzeugung, dass unser Leben durch Zufälle geprägt ist, allerdings scheinen mir die Verquickungen zwischen Quebec und North Carolina, die es auch in diesem Fall wieder gibt, sehr weit hergeholt.

Es fängt sehr beschaulich an, wenn man das Graben nach Leichen bei eisigen Temperaturen beschaulich nennen kann. Immerhin wusste Tempe Brennan, dass es sich nicht um Verbrechensopfer handeln würde. Es ging um die sterblichen Überreste einer regionalen Heiligkeit, die auf dem Sprung in eine höhere Liga stand. Einzig die Überreste fehlten noch. Da man in der Vergangenheit mit den Büchern etwas geschlampt hatte, ließen sich die Spuren, die Brennan fand, nicht eindeutig zuordnen.

Die Anthropologin brauchte weitere Informationen und fand sie bei einer Spezialistin der Universität von Montreal. Die Frau war etwas exzentrisch, hatte aber einen guten Ruf unter ihren Studenten. Sie war hart, aber jederzeit für die Studenten dar, wenn Not an Mann war. Sie konnte Tempe mit interessanten alten Quellen geben und so erfuhr die Anthropologin allerhand Wissenswertes über das Leben der Frau, der sie den Aufstieg verschaffen sollte. Sie lernte bei der Gelegenheit aber auch Menschen kennen, um die sie sich kurze Zeit später erhebliche Sorgen machen sollte. 

Dann wird Brennan zu einem Haus gerufen, abgelegen wie nichts, in dem sich sieben Leichen findet. Das merkwürdige war: Es gab keine Spuren, wer die Männer, Frauen und Kinder waren, die in diesem Haus gelebt hatten. Der Besitzer lebte in Belgien, einem Land, bei dem man im Falle von Kriminalität immer sofort an Simenon und Kinderschänder denkt. Aber in diesem Fall waren das keine brauchbaren Spuren, sie hätten Brennan nicht vorangebracht und den Leser hätte diese Spur auch nicht vorangebracht.

Dann ein harter Schnitt: Tempe Brennan kehrte in ihre Heimat zurück und will dabei auch wenig entspannen. Allerdings kommt es so, wie es in solchen Büchern immer der Fall ist. Kaum hat man sich entspannt zurückgelehnt, da taucht schon der erste Knochen auf, der an die Stelle nicht gehört. In dem Fall ging es um Knochen, die wohl mal zwei Frauen gehörten. Leider an einer Stelle, an der es sich überhaupt nicht gehört. Kein Friedhof, sondern eine einsame Insel, auf der man Affen züchtete. Was für ein Ärger.

Das hätte, wenn man es genau nimmt, für zwei Krimis gereicht. Aber nein! Kathy Reich machte draus einen Krimi und stellt sogar noch Verbindungen zwischen North Carolina und Quebec her. Das, nun ja, scheint ihr Hobby zu sein und wenn man darüber hinweg schaut, hat man es mit spannender Lektüre zu tun. Man kann sich gar nicht vorstellen, dass das Leben eines Anthropologen wirklich so spannend sein kann. Vermutlich kompensiert Kathy Reich, ja selbst diesem Berufsgenre entsprungen, damit ein wenig die Langeweile, die ihr der Alltag bietet. Aber das ist nur eine Vermutung…