Er reckte seine Faust gen Himmel, ein Zeichen aufrichtiger Freude. Dann noch einmal und noch einmal. Wir fragten, wie oft ihm das passiere, und er sagte: „Selten, vielleicht alle zwei Wochen.“ Wieder ging die Faust in die Höhe und ich sah in seinem Rückspiegel, wie er lachte und sich freute.

Das war gegen acht Uhr heute Morgen.

Unser Tag begann aber viel früher. Der Herr Papa hat sich, weiß Gott warum, heute schon um halb fünf Uhr wecken lassen. Das wäre wohl nicht nötig gewesen, der Treffpunkt war um 5:45 Uhr – was immer noch sehr zeitig war. Die letzten Wochen hatten wir schon öfter solche frühen Treffpunkte – nur waren wir dann meist allein. Hier standen Menschenmassen herum und vor dem Hotel ein Rudel von Safari-Autos, welches geduldig darauf wartete, auf die Bewohner des Nationalparks losgelassen zu werden. Das Schwesterchen ließ auf sich warten, war aber die wichtigste Person zu dem Zeitpunkt – sie hatte den Coupon für unsere Safari. Sie sollte ihr Brüderchen und den Herrn Papa gut genug kennen, dass diese leicht in Panik geraten, wenn jemand nicht zu rechten Zeit am rechten Platze ist. Umso mehr, wenn davon abhängt, ob man gute Plätze bekommt oder nicht. Aufatmen, als sie eintraf, wir von der Liste gestrichen werden konnte und uns unser Guide in seine Obhut nahm.

Ich stürmte gleich auf das erstbeste Auto zu, in dem schon ein mächtiger Mann in einem roten T-Shirt und seine schmächtige Frau saß. Der Guide fragte mich, ob mir das Auto zu gut gefalle. Es wäre nämlich nicht das Unsrige. Wir sollten uns an diese Episode aber noch erinnern.

Wir fuhren zum Eingang des Chobe-Nationalparks und wurden dann von unserem Guide, dessen Name mir entfallen ist, eingewiesen, was wir alles nicht machen und was wir unbedingt tun sollten.
„Was wollt ihr sehen?“
Schwesterchen: „Löwen.“
Ich: „Löwen. Das ist die Nummer 1 auf der Liste.“
Australier hinter uns: „Alle Tiere.“
Wie langweilig!

Dann ging es auf die Piste und das hieß auf einem rotgefärbten Sandweg zum Ufer des Chobe. Gerade fuhr man noch durch Dickicht, dann öffnete sich ein schönes Panorama. Ich war so fasziniert, dass im Hintergrund ein paar Flusspferde standen, die ein Nashorn anbrüllten, während im Vordergrund Zebras, Elefanten und Giraffen in Verteidigungsstellung gegen eine Horde Löwen gegangen waren, von der die Kap-Büffel im übrigen völlig unbeeindruckt waren, wir nur durch Zufall das selbstbewusste Fauchen einer Großkatze hörten, der gerade unseren Guide angriff – den dieser natürlich heldenhaft abwehrte, weshalb die Beste aller Ehefrauen jetzt diktatorengleich ein Hütchen aus Leopadenfell zur Silvester-Party trägt. Aber das wäre gelogen.

Es gab also nach dem rotgefärbten Sandweg eine Herde von Elefanten, mit Jungtieren in ihrer Mitte. Die Bilder davon sind ein wenig unscharf geworden, denn ich war mit meinem Objektiv nicht auf Nahaufnahmen vorbereitet. Dann folgte das schöne Panorama und wir sahen die Flusspferde in der Ferne. Dann gab es Karibus zu sehen, gefolgt von Kap-Büffeln und Affen. Unser Guide hatte im Sandboden einen Tatzenabdruck gefunden und erklärt, dass dies der Abdruck eines Löwen wäre. Wir könnten also Glück haben.

In keinem der Nationalparks hatten sich die Guides untereinander via Funk verständigt. Wir kannten das noch aus dem Krüger-Nationalpark. Unser Guide hing quasi mit beiden Ohren an dem Funkgerät und irgendwie merkte man, dass er immer hippeliger wurde. Wir fahren um sechs Uhr vom Hotel losgefahren und damit auch mit die Ersten im Park gewesen. Er wird nicht der einzige Guide gewesen sein, dem diese Spur aufgefallen war. Irgendwann waren – gefühlt – die anderen Tiere egal. Es ging nur noch um das eine Tier: Den Löwen, zu dem der Tatzenabdruck gehörte. Schließlich wurde er gesichtet und unser Guide schoss mit unserem Safari-Bus über Stock und Stein in die angegebene Richtung.

Da war aber kein Löwe zu sehen, wo einer sein sollte. Es waren drei Wagen da und nun verteilten sich diese in dem kleinen Gebiet – das übrigens ein Übernachtungsplatz für Camper war – und sie hielten Ausschau. Der Wagen mit einer Frau als Guide aus eines Öko-Safari-Unternehmens (was für eine Menge Klischees, nicht wahr?) sah den Löwen zuerst und positionierte ihren Wagen entsprechend gut. Unser Guide pirschte sich an die zweite Position und durch das Gestrüpp konnten wir das mächtige Tier sehen, wie es am Boden lag und in unsere Richtung schaute. Es verlor zwischenzeitlich auch sein Interesse an uns, dann legte es sich wieder hin. Zum Fotografieren war die Aussicht aber nicht.

Dann hörten wir aus dem Öko-Safari-E-Mobil (auch das ungelogen!): „Last pictures!“ und unser Guide machte sich bereit, die gute Position des anderen Wagens einzunehmen. Aber es kamen auch schon andere Wagen an. Einer erdreistete sich, sich unmittelbar vor uns zu stellen, dass wir gar nichts mehr sagen, obwohl wir gerade erst die schöne Position eingenommen hatten. Da wurde unser Guide garstig und der andere Wagen musste verschwinden. So ein Löwe, mit seiner Mähne, ist ein begehrtes Objekt – das gehört verteidigt. Dann hatte der Löwe irgendwann genug, stand auf und verschwand im Dickicht. Wir fuhren zurück und sahen, dass mittlerweile sechs weitere Fahrzeuge gekommen waren. In einem saß der gewaltige Mann mit dem roten T-Shirt und seiner schmächtigen Frau. Gut, dass ich nicht auf dem Wagen beharrt hatte.

Unser Guide reckte seine Faust gen Himmel, ein Zeichen aufrichtiger Freude… und der Australier hinter uns meinte trocken: „Okay, dann jetzt einen Leoparden!“

Auf dem Weg zurück, der fast identisch mit dem Hinweg war, begegneten uns noch eine Reihe von Fahrzeugen. Wir hatten nun unseren Spass mit einer Reihe von Affen und Elefanten. Es ist einfach unglaublich, in welcher Anzahl diese im Chobe unterwegs sind. Ein kleines kam ohne Schwanz daher – unser Guide meinte, dass er es verloren hätte, als Löwen versucht haben, ihn zu reißen. Wenn Löwen großen Appetit haben, würden sie sich an kleinen Elefanten und auch an Flusspferden versuchen. Ansonsten die Impalas, die mit ihrer Zeichnung an der Rückseite, die einem schwarzen M entspräche, ein McDonalds für Löwen wären – wie der gute Coster meinte.

Infos zur Lodge
Die Unterkunft – Chobe Bush Lodge – ist eigentlich mehr ein Hotel denn eine Lodge. Ein ziemlich großer und großzügiger Komplex, der aus zwei Lodges besteht. Man kann die Einrichtung der jeweils anderen mit nutzen. Die Preise für die Nacht waren mit knapp 125 Euro pro Doppelzimmer moderat. Die Zimmer waren gut ausgestattet, der Blick vom Balkon allerdings nicht ganz so berauschend – zumindest im Vergleich mit den hinter uns liegenden Stationen.

Zurück in der Lodge gaben wir uns dem Frühstück hin, organisierten die Fahrt von Kasane nach Victoria Falls und versuchten herauszufinden, was im Hotel an Silvester-Aktivitäten geplant war. Das blieb im Verborgenen, an der Rezeption hieß es, dass das Management sich noch nicht geäußert hätte. Das war gegen halb elf Uhr morgens am Silvester-Tag. Das nenne ich mal eine lässige Herangehensweise.

Während die Beste aller Ehefrauen und ich uns am Nachmittag noch mal auf die Socken machten, ruhten die anderen drei Reisenden sich aus – am Pool, im Bett, beim Haare zurecht machen.

Um halb drei Uhr fuhren wir Richtung Park-Eingang, trugen uns in die Registrierung ein, bezahlten den Eintritt und „düsten“ dann los. Der erste Teil der Strecke war identisch mit der am Vormittag. Der einzige Unterschied war, dass das Ufer noch mehr belebt war. Hunderte von Elefanten hatten sich eingefunden und wollten Wasser schlürfen, suhlten sich in den Schlammlöchern und bewarfen sich mit Sand. Mittendrin die Babies und Youngsters. Wenn wir durch die Gegend gefahren sind, dann war es meist so, dass wir beim Anblick von Impalas sagten „Ach, schon wieder Impalas.“ Im Chobe sagten wir nachher: „Ach, nur Elefanten!“

Am Vormittag und Vortag hatten sich Zebras und Giraffen rar gemacht. An diesem Nachmittag, waren diese auch gut vertreten. Allerdings – und vielleicht war das auch ein Grund, warum wir sie nicht sahen – im zweiten Teil der Strecke, die wir mit dem Guide nicht absolviert hatten. Dort änderte sich öfter einmal die Landschaft, wurde teilweise sehr karg und – für mich als Fahrer sehr interessant – wenig befahren. Man sah also nicht nur wenige Autos, sondern die Wege wurden auch schwieriger. Ohne Vierrad-Antrieb kommt man in dem Park sowieso kaum zu Rande, hier wurden die Wege richtig fordernd. Es wechselten sich Anstiege aus Geröll mit Wegen aus wüstenähnlichem Sand ab. Die letzten fünf Kilometer schlitterten wir über den Weg – zu langsam durfte man nicht fahren, dann kam man kaum wieder in die Gänge (zumindest mit der rudimentären 4×4-Erfahrung, die ich habe), zu schnell wiederum auch nicht, das regelmäßig lebensmüde Perlhühner über den Weg huschten oder Impalas der Meinung waren, sie müssten unbedingt vor der Ankunft des weißen Nissan, noch auf die andere Wegseite.

Glücklich und zufrieden mit Tonnen von Fotos und Gigabytes von Video-Material verließen wir um kurz nach sechs Uhr den Park und waren da wieder an der Grenze zu Namibia, mussten den Highway von dort nach Kasane wieder zurückfahren. Auf dem Weg über die Asphaltstrecke – knochen- und stoßdämpferschonend – sahen wir nochmals jede Menge Elefanten, an denen wir einfach vorbeifuhren. Außer, als eine Herde von zwanzig, dreißig Tieren, die Straße querte und wir einfach nicht weiter kamen.

Um acht waren wir zum Dinner verabredet – mal ein wenig später. Der Saal war fast leer gewesen. Jeder hatte auf seinem Platz einen Knall-Bonbon liegen und Kronen aus Silberpapier. Das war wohl die Party und das Hotel-Management hatte sich offenbar voll ins Zeug gelegt. Auf Party-Dekoration in weiterem Sinne hatte man verzichtet, und so waren um zehn Uhr die meisten Gäste auch schon verschwunden. Es hieß, man könne in die andere Lodge gehen – da wäre mehr los. Das mussten wir uns anschauen, entsprach aber auch nicht der Wahrheit.

Nach drei Jahren ein Silvester, bei dem wir den Jahreswechsel im Reich der Träume erleben würden. Der Besten aller Ehefrauen ging es nicht gut und der Herr Papa wolle auch ins Zimmer zurück. Das Schwesterchen war investigativ tätig und fragte noch einmal nach, ob es ein Feuerwerk zu Mitternacht geben würde – so war es gerüchteweise in der anderen Lodge zu vernehmen gewesen – davon hatte das Management dieser Lodge dem Personal aber nichts mitgeteilt, weshalb wir uns dann gemeinsam ab in die Federn machten.

Ein kleines Feuerwerk außerhalb des Parks hatten wir gesehen, also wirklich nicht weit entfernt. Es flogen Raketen in die Luft und dazu machte die Feuerwerks-Batterie Geräusche. Leise Geräusche. Man musste schon genau hinhören, um über dem allgegenwärtigen Zirpen des Busches, überhaupt das Gezische und Geknalle zu hören.

Happy New Year!

Namibia 2015

Die Kategorie läuft unter dem Namen "Namibia 2015", aber die eigentliche Reise ging von Namibia über Botswana nach Simbabwe.

Eine zusammenfassende Seite finden Sie hier.

Video-Impression

Aus datenschutzrechtlichen Gründen benötigt YouTube Ihre Einwilligung um geladen zu werden. Mehr Informationen finden Sie unter Datenschutz.
Akzeptieren