Ausschlafen wäre heute durchaus drin gewesen, allerdings sprach dagegen, dass mich die Sonnenstrahlen kitzelten und die Vögel mir Bescheid gaben, dass rumliegen im Bett, blöde wären – sie würden das auch nicht tun. So stand ich also um kurz nach halb sechs Uhr auf, setzte mich auf die Terrasse, um noch ein paar Ansichtskarten zu schreiben, ein Kurz-Video zum Thema „Vogelgezwitscher in der Früh“ aufzunehmen und darüber zu sinnieren, ob es ungerecht ist, dass ich genau in einer Woche schon wieder am Schreibtisch sitzen muss, die Sonne erst gegen acht Uhr aufgeht, die Temperaturen unter aller Sau sind (wenn das eine offizielle Maßeinheit wäre, würde ich sie auf 12 Grad Celsius festsetzen) und dass es statt Vogelgezwitscher nur Telefongeklingel gibt. Vermutlich auch Probleme. Aber die nächsten Tage soll mir das noch egal sein.

Die Beste aller Ehefrauen wachte kurz nach sieben Uhr auf und scannte als erstes die potentiell lebensfeindliche Umgebung, ohne ihre Augenlicht-Verstärker in Benutzung zu haben. Zack, blieb der Kopf stehen und ihr Finger schnellte durch und zeigte durch das schützende Moskito-Netz auf etwas Schwarzes, was sich auf dem Boden vor der Veranda-Tür befand.
„Was ist das, was da liegt?“
„Das ist der gemeine afrikanische Türstopper.“

Frühstück war für 8.15 Uhr angesetzt und wir saßen so lang, dass der Herr Papa nachher schon zu drängeln anfing, weil er mit dem Personal Mitleid hatte, dass die Tische abräumen wolle – wie er meinte. Aber eigentlich wollte er nur los. Endlich wieder was sehen.

Erst einmal brachten wir die Damen an der Rezeption durcheinander, in dem wir versuchten, mit unseren Finanzen klar zu kommen. Wer zahlt was? Von welchem Budget soll das kommen? In den letzten Tagen ist das Finanzmanagement etwas durcheinander zu kommen, was vor allem damit zusammenhängt, dass die ATMs in Namibia nur 1500 oder 2000 namibische Dollar von sich gaben. Nun ist aber nicht jeden Tag ein ATM zur Hand und ein Game Drive kostet zwischen 250 und 500 Dollar – da kann man sich vorstellen, wie einem das Geld, selbst wenn es umgerechnet gar nicht so viel ist, zwischen den Fingern zerrinnt.

Nachdem sich das Durcheinander gelegt hat und die Lodge das verdiente Geld bekommen hatte, wurde das Gepäck eingeladen und die Wagen gestartet, um auf Tour zu gehen. Nein!, Moment, das war der Plan. Wagen Nummer 2, wie Wagen Nummer 1 ebenfalls nicht mit einem liebevollen Namen versehen, weigerte sich anzuspringen. Die Batterie(n) hatten aus welchen Gründen auch immer entladen und so brachte er uns in eine Bredouille. Im Wagen war kein Starterkabel zu finden. Also musste an der Rezeption nach einem solchen gefragt werden und ein Mitarbeiter kam mit einem solchen an. Die Wagen wurden in Stellung gebracht, die Kabel angeschlossen. Es half aber nichts, Wagen Nummer 2 wollte nicht starten. Wagen Nummer 1 auch nicht richtig helfen.

Unsere Not wurde von einem anderen Gast, der der deutschen Sprache mehr als mächtig war aber wohl doch in Namibia ansässig war, bemerkt, der dem Starterkabel des Hotels nicht traute. Er traute auch Wagen Nummer 1 nicht. So fuhr er mit seinem Toyota heran, holte sein eigenes Starterkabel und verband den Fremdwagen mit dem unsrigen. Das half nichts. Dann kam er auf die Idee, beide Startkabel zu nutzen, wies uns an, den Wagen nicht zu starten und ließ den seinen länger laufen. Das brachte den erhofften Schub in der Batterie des Wagens Nummer 2 und er sprang an. Puhhh. Problem gelöst, Problem vergessen.

Könnte man jetzt wiederum denken, wenn da nicht die Beste Ehefrau der Welt wäre, die das Problem des nicht startenden Wagens wälzte, bis es kein Problem mehr war, sondern eine Katastrophe und die dann kategorisch erklärte, sie würde nun ein Starterkabel kaufen. Diese europäisch-pragmatische Frauensicht kollidierte mit den afrikanischen Gegebenheiten. An der Tankstelle fand man die Idee, Starterkabel zu verkaufen, wohl eher komisch und verwies an einen Laden neben einem anderen Laden mit dem komischen Titel „Chip Shop“, er sollte einen Kilometer in die falsche Richtung entfernt liegen. Wir suchten diesen Laden, fuhren langsam wie ein Tourist in fremder Umgebung so fährt, störte damit aber überhaupt gar keinen. Wunderbar, einfach! Man sollte die Fahrweise mal in München oder Berlin probieren. Was wir fanden, war ein Shop mit dem Namen „Cheap Shop“. Der könne es sein, meinte ich, nur in welcher von den Hütten mag sich der Laden befinden, der das Starterkabel hat. Die anderen Hütten waren zu (im Sinne von vernagelt) oder ohne Bezeichnung. Meine Frau wählte die pragmatische Variante und fragte im „Cheap Shop“ nach. Überraschenderweise musste sie dort erst einmal jemanden finden, der Englisch spricht. Das war mir gar nicht so bewusst gewesen: Ich bin immer davon ausgegangen, dass in dem Land alle Englisch sprechen und verstehen. (Stimmt aber natürlich nicht: Auch in deutschen Landen gibt es Menschen, die unsere Sprache gut verstehen, aber kaum Hochdeutsch sprechen…)

Ich sah nur, dass Susann von dem „Cheep Shop“ in einen anderen Laden verschwand und dort offenbar beschäftigt war. An mir zogen drei kleine Jungs vorbei und winkten schüchtern. Schüchternheit lässt sich leicht besiegen. Dazu braucht man nur eine Bonbon-Tüte. Kichernd zogen sie von dannen.

Die Beste aller Ehefrauen kam aus dem anderen Laden wieder und teilte mit, die hätten nur ein Kabel und das würden sie nicht verkaufen. Es wäre auch gerade in Verwendung und konnte deshalb nicht abgegeben werden. Wir machten uns nun auf den Weg in Richtung Botswana.

Die Fahrt dorthin war wenig aufregend. Wir tankten noch einmal – auch diese Tankstelle führte keine Starterkabel. Man überholt dann mal drei Sattelschlepper auf einmal, ohne das man gedrängelt wird – weder von hinten noch von vorn. Dann überholt man ein anderes Auto und stellt fest: Moment, da sind ja Ziegen auf der Fahrbahn. (Lösung in diesem Fall: Hupen!)

Wenn man an die Grenze Namibia/Botswana kommt, nehme man sich vor allem eines: Zeit. Die Pass-Kontrolle ähnelt der bei der Einreise. Das ausgefüllte Formular wird dem Grenzbeamten vorgelegt, der sie darauf prüft, ob sie valide ist und wenn das der Fall ist, in den Pass einen Stempel gibt. Fertig ist die Angelegenheit. Im Anschluss muss man einer gesonderten „Einrichtung“ die Ausreise des Autos bekannt geben. Dazu hat man von der Autovermietung ein Brief bekommen, in dem die wichtigen Daten drinstehen. Die werden in eine Liste eingetragen. Kontrollieren tut das, was man einträgt, übrigens keiner. Hat man diese Hürde absolviert, geht es in Richtung Botswana. Hier hat man erst einmal mit seinem Auto Kuhle zu durchfahren, die wohl Flüssigkeit gegen Tierseuchen enthält. Dann kommt man in ein kleines Büro, viel kleiner als das was man auf namibischer Seite hingestellt hat, und welches direkt einer Vorlage eines klischeebeladenen Afrika-Films entsprungen schien, im Gegensatz dazu aber eine Klimaanlage besaß. Es gab drei Schalter, davon waren zwei besetzt. Die Dame an dem Einwanderungsschalter wollte genau wissen, was wir wo und wann wollen, zeigte auch ein gewisses Interesse daran, warum wir dieses oder jenes machten und verwies uns dann an Schalter Nummer 2. Dort wurde man an das Buch an Schalter 3 verwiesen, in das man sich einzutragen hatte, womit aber vielmehr wieder die Daten des Fahrzeugs gemeint waren. Dann ging es zurück und ich hatte schon mitbekommen, dass man an Schalter Nummer 2 Geld von einem wollte. Meine Hoffnung war, dass das für uns nicht interessant ist, da wir ja kein Fahrzeug einführten. Hoffnungen sind aber dazu da, um von Beamten und den durchzusetzenden Regeln zerstört zu werden, und so sahen wir uns plötzlich einer finanziellen Forderung gegenüber.

Eine halbe Stunde zuvor: Die Beste aller Ehefrauen sitzt im Wagen und sinniert, was man denn in der Stadt vor dem Grenzübertritt machen könne: „Wir tauschen da unser Geld von namibischen Dollars in Pula. Ja? Vorher nehmen wir aber einen Lunch, dann werden wir noch ein wenig von dem Geld los.“ Gute Idee, scheiterte nur daran, dass es in dem Sinn keine Stadt gab. Auch keinen Ort. Es gab nur diesen Grenzposten. Ich fragte den namibischen Grenzbeamten, ob es einen Geldwechsel gäbe. „Ja“, meinte er zu mir, „in Kasane.“ Das war der Ort wo wir hinwollten und dieser Ort lag 40 Kilometer von der Grenze entfernt.

Sprung vorwärts: „Nehmen Sie auch Kreditkarten?“ Der Blick darauf wirkte befremdet. Der Beamte, der natürlich nett, freundlich und witzig war, fragte zurück: „Dollar?“ Er meinte keine Namibischen. „Ja, die haben wir.“ Das Schwesterchen, schoss aus der Hütte, um der Frau Mama ein paar der wertvollen amerikanischen Dollars abzuluchsen. Da fragte er: „Euro?“ Die hatte ich auch. Er teilte mir mit, dass er sich mit 15 Euro oder 20 Dollar zufrieden geben wird. Ich gab ihm zwanzig Euro und er gab mir als Wechsel botswanische Währung wieder. Yippie, wir hatten die richtige Währung. Einen Schein und ein wenig Kleingeld. (Allerdings hatte ich nicht lang Freude daran, denn später im Hotel stand ich mit einem einzelnen Koffer da und den schnappte mir ein vorbeilaufender Security-Mann weg und brachte ihn eine Etage hoch. Da fühlte ich mich verpflichtet, eine Entlohnung vorzunehmen, die aber recht üppig ausfiel. Ich hatte ja nur den einen Schein. Der junge Mann hat sich richtig gefreut.) Es besteht aber ein gewissen Missverhältnis, zwischen dem, was ich Euro und dem was ich in Dollar zu bezahlen habe – das ist mir auch schon vorher bei den Tarifen für die Aktivitäten in dem Hotel aufgefallen. Die werden wir in Puta bezahlen, da kommen wir viel besser bei weg.

Nachdem wir die Einreise in das Land geschafft hatten, ging es gleich in einen Nationalpark – dem Chobe-Nationalpark. Der Weg führte über einen gut asphaltierten Highway. Dort entwickelte sich folgendes Gespräch:
„Wie kommen wir denn von Kasane nach Victoria Falls?“ fragte die Beste aller Ehefrauen.
„Weiß nicht.“
„Jetzt mal ehrlich!“
„Weiß ich wirklich nicht. Habe keine Ahnung.“
„Du veräppelst mich doch, oder?“
„Nein“, meinte ich, „das tue ich nicht. Ich habe noch nichts organisiert und ich weiß auch noch nicht, wie wir genau von Kasane nach Victoria Falls kommen.“
„Sag die Wahrheit!“
„Ich sag die Wahrheit!“
„Nein!“
„Doch!“
„Da waren gerade Elefanten.“
„Was?“
„Da waren gerade Elefanten!“
„Nein!“
„Doch.“
Ich glaubte ja, dass dieses Elefanten-Manöver eine Retour-Kutsche für die Transfer-Geschichte war, aber sicher konnte ich mir natürlich nicht sein. Das wäre schon höhere Veräppelungsschule und bei aller Liebe zu meiner Frau, das traue ich ihr nicht zu.
„Ich drehe um.“
Keine negative Reaktion. Ich drehte um. Als ich den Wagen vom Schwesterchen passierte, sah ich die Fragezeichen in ihrem Gesicht.
„Steffi glaubt sicher, wir haben was an der Grenze vergessen.“
Dann kamen die Elefanten. Eine Gruppe aus sechs, sieben Tieren – davon einige Jungtiere und ein Baby.

Wir fuhren dann noch ein Weilchen, da sah ich am Horizont die nächsten beiden Elefanten auf der rechten Seite. Es war ein Elefantenweibchen mit einem Jungtier, wieder unter einem Baum stehend. Als wir uns später im Hotel über die erfreulichen Elefanten-Sichtungsresultate freuten und wir über die zweite Sichtung sprachen, fragte das Schwesterchen:
„Und dann die zweite Gruppe!“
„Die zwei.“
„Nein, nicht die zwei.“
„Doch die Mutter mit dem Kleinen“, meinte ich.
„Ja, auf der einen Seite“, klärte das Schwesterchen auf, „aber auf der anderen Seite. Habt ihr die andern nicht gesehen? Da waren ganz viele.“
Haben wir nicht gesehen. Das war die Beifahrerseite!

Es steht und fällt alles mit dem Beifahrer. Der darf halt nicht stur auf die Straße schauen. Da hat ja schon der Fahrer seinen Blick drauf und natürlich auch auf die rechte Seite. Der Beifahrer hat die linke Seite zu prüfen und vielleicht auch die rechte. Nur im Notfall kann der Beifahrer mal geradeaus schauen. Was, fragten sich das Schwesterchen und meine Wenigkeit, haben wir wohl alles verpasst, weil unsere Beifahrer lieber geradeaus geschaut haben? Wieviel Leoparden und Löwen? Und Elefanten?

In Kasane angekommen, fuhren wir erst einmal zur falschen Lodge – aber so ganz falsch war sie dann auch wieder nicht, denn unsere Lodge gehörte zu der anderen und war auf der anderen Straßenseite. Es handelt sich dabei mehr um einen Hotel-Komplex. Die Zimmer sind schön – großzügig und modern eingerichtet. Ich weiß nicht genau, was den Innenarchitekten bewogen hat, ganz große Türen einzubauen und die Türklinken auf die Hälfte zu setze. Es sieht aber auf jeden Fall lustig aus, wenn ein Normalsterblicher neben der Türklinke steht.

Namibia 2015

Die Kategorie läuft unter dem Namen "Namibia 2015", aber die eigentliche Reise ging von Namibia über Botswana nach Simbabwe.

Eine zusammenfassende Seite finden Sie hier.

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