Nicht nur das Zimmer ist klein, auch das Bett. Das sieht man auf den Fotos vom „Le Mirage“ in Istres nicht, wenn man bucht. Da wird nur die Breite angegeben. Im Laufe der Nacht habe ich dann die üppige Bekisserung entfernt und hatte soviele Zentimeter gewinnen können, dass ich mich mal strecken konnte, ohne mit den Füßen anzustoßen. „Grand Comfort“ hat überhaupt nichts mit der Größe des Zimmers zu tun, sondern besagt nur, dass das Bett viele Kissen hat, es einen Kühlschrank gibt und alles lila gestrichen wurde. Das Bad ist allerdings sehr modern une geräumig. Einen Spiegel mit Uhr habe ich noch nie gesehen, der Nutzen ist allerdings für Männer auch nicht sofort erkennbar. Vielleicht lässt es Frauen einfach nicht die Zeit aus den Augen verlieren, wenn sie sich schminken. Zusammenfassend zu dem Thema: Auch wenn es die Grand Nation ärgern mag das zu hören, aber bei der Betten- und Zimmer-Größe könnten Sie sich bitte was von den nordamerikanischen Freunden abschauen!

Von Istres haben wir noch nicht viel gesehen. Nach dem Ankommen ruhten wir ein wenig und kurze Zeit später war es schon dunkel. Wir hätten die Strecke durchaus in zwei Stunden schaffen können, aber nur auf der Autobahn und ohne Pause. Wir vermeiden dagegen konsequent Schnellstraßen und lassen uns von diesen braunen Schildern ablenken.

Es ging zuerst in Richtung St. Raphaël auf der schönen Küstenstraße, bevor wir uns in die Büsche schlugen.

Nachteil ist, man ist verhältnismäßig uninformiert über das, was einen erwartet. Gestern war es zuerst ein Gorges, eine Schlucht. Ich hatte dummerweise den GPS-Tracker nicht aktiviert und kann deshalb nur vermuten, dass es sich um den Gorges du Verdun handelt. Was dagegen spricht, ist, dass es nur eine einzige Stelle gab, an der wir einen Blik erhaschen konnten.

Dafür das dies der größte Canyons Europa sein soll, wäre das ein wenig dürftig und entspräche nicht dem Wikipedia-Eintrag. Wir müssen da also auf jeden Fall noch mal hinfahren, um zu erfahren, ob wir schon mal da waren. Irgendwie paradox.

Wir schalteten dann wieder das Navi ein und er führte uns durch die Stadt Draguignan. Die Stadt hatte einen Stopp verdient, da sie in einem Tal lag und in der Mitte der Stadt noch eine Erhebung zu sehen war, auf der ein Turm stand. Ich könnte Susann überreden, mit hinaufzusteigen. Aber der Park für die Aussicht war zu, warum auch immer, und das Turm-Personal hatte Mittagspause. So stiegen wir wieder hinab und machten auch unsere Pause, um dann weiter zu fahren.

Schon kam das nächste braune Schild und ich hatte kaum genau lesen können, worum es sich handelt. Folgeschilder versprachen eine Grotte, was Susann jetzt nicht so sonderlich favorisierte. Da wir aber nun mal auf dem Weg waren und das Navi wieder Sendepause hatte, könnten wir zumindest mal schauen, worum es sich handelt.

Ja, es ging um eine Grotte und wieder hatten wir Pech, denn ab Oktober gab es keine Besichtigungen mehr. Aber, und das ist echt ein ganz dickes ABER: es gab einen wunderschönen Wasserfall. Da war ich natürlich ganz hin und weg, weil dieser auch im Oktober ausreichend Wasser führt, um ernstgenommen zu werden und man kann an ihm auch ein wenig herumturnen. Der Wasserfall wird in dem Namen „Grottes troglodytiques de Villecroze“ nicht mal erwähnt und liegt zudem noch in einem schönen Park. Vom Parkplatz ist der Wasserfall in weniger als fünf Minuten zu erreichen.

Dann fuhren wir aber mehr oder weniger direkt über Land und durch schöne Städt hin in Richtung neue Unterkunft. Eine wichtige Frage blieb unbeantwortet: Warum schaffen die Franzosen es nicht, neue Straßen auf Kreisniveau gerade zu bauen? Das bleibt wahrscheinlich genauso ein Rätsel, wie sich die Franzosen Fragen, warum ausgerechnet Deutsche um halb sieben Uhr vor ihren Restaurants stehen und fragen, ob sie schon was zu Essen haben könnten. Natürlich nicht!

Wenn man mittags nichts hatte (der Franzose: Selber schuld! Wie kann man nur?), weil man als Tourist spät gefrühstückt hat (der Franzose: Warum wohl das „Petit“ für „klein“ im Namen der Mahlzeit extra erwähnt worden ist?), dann hat man um sechs Uhr natürlich Kohldampf (der Franzose: Pfffff!) und steht vor verständnislosen Wirten, wie wir gestern beim „Les heures Claire“ in Istres. Der könnte uns eine Stunde später nicht nur die regionale Variante von Foie Gras servieren (irgendwie gebacken oder gebraten; interessant, aber nicht mein Favorit in dieser Dareichungsform.), sondern brachte mir später eine der leckersten Pizzas, die ich mit rohem Schinken jemals hatte.

Heute Morgen dann die spannende Frage: Wo soll es hingehen? Zur Auswahl standen Marseille, Montpellier, Nîmes, Arles oder Aix-en-Provence (zumindest bei letzterem Ort hätte ich mir gewünscht, dass mich die iOS-Rechtschreibhilfe ein wenig unterstützt. Aber Pusteblume!)

Die Wahl fiel auf Nîmes, alle anderen Orte kündigten schlechteres Wetter an. Aber in Nîmes sollte ab elf Uhr die Sonne scheinen. Da mussten wir also hin!

Es gibt über Nîmes nicht viel mehr Zusagen als, dass das Navi uns versuchte in eine Einbahnstraße zu lotsen und dann in eine Straße, aus der wir nur herauskamen, weil uns ein netter Mitarbeiter der Stadtwerke von Nîmes behilflich war. Ein schönes Städtchen, dass man gesehen haben muss, so man in der Nähe ist. Das Amphitheater ist auf jeden Fall einen Besuch wert, der Tempel Maison Carrée ist von außen sehr sehenswert, ob ich mir den Film, der mit einer Kombi-Karte verbunden ist, unbedingt hätte ansehen müssen, würde ich mal bezweifeln. Da wir aber Freunde von Rabatten sind, haben wir den familienfreundlichen Film über die Gründung von Nîmes gesehen.

Meine besondere Hochachtung gilt dem alten Bäcker (falscher Begriff, ich weiß, denn es gab da auch Eis, Pralinen und andere Leckereien), der uns nicht nur Nougat verkaufte, dass noch in Susanns Handtasche auf seinen Verzehr wartet, sondern auch den modernsten Eistresen ever. Das war ein runder Trog aus Edelstahl, der sich immerfort drehte und so die verschiedenen Eissorten präsentierte. Das ist vor Allem deshalb recht beachtenswert, weil der Laden ansonsten sehr traditionell eingerichtet war.

Es ging dann zurück nach Arles. Da waren wir am Vormittag schon dran vorbeigefahren. Aber nun war dort auch das schöne Wetter eingekehrt, so wie es geplant war. Das Stichwort zu Arles lautet „Katzenzähmung“. Nicht, weil dies Teil der Kämpfe im dortigen Amphitheater gewesen wäre, da ging es wie in Nîmes eher blutig zu und von Zähmung kann da nicht die Rede gewesen sein. Vielmehr lief mir ein Kätzchen in dem Amphitheater über den Weg und es war so überhaupt nicht entschlossen, sich von mir anfassen zu lassen. Da ich nach einer Woche nun unter einen milden Form von Katzen-Entzug leide, setzte ich einiges daran, dieses Kätzchen zu streicheln. Es setzte sich ein wenig von mir entfernt hin und wenn ich näher rückte, ließ sie es ein wenig zu, bis sie dann wieder auf Distanz ging. Da Susann der Meinung ist, dass ich ein Catenizer bin (ein Wort, was sie für mich erfunden hat), könnte ich dieses schnöde, abweisende Verhalten nicht tolerieren. Ich gewann ihr Interesse, in dem ich ein wenig mit meiner Eintrittskarte spielte (6,50 Euro für Theater (ganz nett und sehenswert) und Amphitheater) und ich hatte sie schon fast so weit, da entschied sie sich um. Ich hockte auf dem Boden und spielte mit Pistazienschalen, auch das fand sie ganz nett und ich hatte sie schon mal am Hinterteil zufassen bekommen, aber so ganz geheuer war ihr das nicht. Es gab kein Drumherum – wir mussten uns trennen.

Ich erklomm ein Stockwerk und sah sodann von oben, dass es auch eine erwachsene Katze gab. Die kleine Mieze kam hinter der Großen her und als sie nach oben blickte und mich sah, mauzte sie. Zumindest bilde ich mir diesen kausalen Zusammenhang ein. Ich sagte zu Susann ich gehe mal nach oben, aber es ist wie im Casino: Man hat noch eine Chance! Ich ging also nach unten und ich fand Zugang zu der Katze, indem ich mit einer Feder, mit der sie spielen wollte, anfing zu spielen und dann war sie bei mir. Schmusen, spielen und schnurren ging einher. Ich war begeistert, das Kätzchen war begeistert und der Rest der Welt dachte wahrscheinlich nur: Schau an, ein Verrückter!

Tatsächlich ging ich noch nach oben und genoss den Ausblick über Arles, aber was auch immer in Erinnerung bleibt, es wird mit dem Kätzchen verbunden bleiben. Ich sah es noch einmal unten, es mauzte mich an und es war immer noch zutraulich. Als wir gingen, schaute es mit seinem Köpfchen um das Eck von diesen uralten Steinen und hat mich vermutlich zehn Minuten später vergessen.