Es gibt immer wieder ordentlich was zu lachen: Im Auto haben wir drei Reihen, zwei davon sind besetzt. Wenn Susann vorn sitzt, dann sitzen die drei Senioren in der hinteren Reihe. Frau Schwiegermama immer auf der Fahrerseite, neben ihr dann entweder der Herr Papa (selten) oder die Frau Mama. Egal wie die Kombination hinten ausfällt, man bekommt immer ein prächtiges Hörspiel geliefert, wenn es an das Anschnallen geht. Der eine klickt den anderen seinen Sicherheitsgurt heraus, und dann geht das Gefummel los – das Ganze begleitet durch deftige Kommentare.

Auch die Innen-Ausstattung von Hotels kann manchmal etwas irritieren, besonders dann, wenn Accessoires auftauchen, die man in den einfacheren Hotels vorher noch nicht vorhanden waren. So kam die Frau Mama bei uns ins Zimmer, schaute sich um und meinte: »Sehr schöne Zimmer und so schön groß. Habt Ihr auch so eine tolle Stereo-Anlage?« Ich guckte mich im Zimmer um, aber eine Stereo-Anlage, geschweige denn eine tolle, konnte ich nicht entdecken. Das war doch mal ein Grund neidisch zu sein. Da zeigte sie schon auf die Stereo-Anlage und meinte: »Ahh ja, habt ihr auch.« »Mami«, sagte ich, »das ist ein Safe.«

Nachdem Frühstück marschierten wir die Steiner Street runter zum Wasser. Obwohl ein wenig irreführend ist, denn wir marschierten eigentlich nicht runter, sondern hoch und runter, hoch und runter, bevor wir am Wasser ankamen. Unser Weg ist hier von Irrtümern gepflastert. Am Morgen zeigte mir die Frau Schwiegermama noch Bilder aus einem Buch, in dem die Lombard Street zu sehen war (die unseren Weg kreuzte), auf denen es recht blumig zu ging und meinte, da müssten wir unbedingt hin. Unsere Lombard Street hingegen war eine vierspurige Stadt-Straße mit regem Verkehr, der alle Mühe daran setzte, den videofilmenden Herrn Papa zu killen, der auf dem Mittelstreifen versuchte die Großstadt-Atmosphäre einzufangen.

Angekommen am Wasser sahen wir, dass die Golden Gate Bridge das tat, was sie wohl allermeistens tat – sich verstecken. In Nebel verhüllt, konnten wir erahnen, dass dort was war und aber so ganz sah man sie nicht. Aber die Leute fotografierten ja meist in die Richtung (auch wenn da nichts war) und so schlossen wir uns dem an. Von dort marschierten zu Fisherman‘s Wharf, einem Ort, dem ich so gar nichts abgewinnen konnte. Laut, viele Leute. In einer Ecke gab es eine Bar, in der wir Wasser, Bier, Kaffee tranken (nicht in der Reihenfolge, sondern in der Zusammensetzung) und im Anschluss draußen auf dem Hof ein Eis aßen. Schön ist ja, dass man die Waffel mitbezahlen muss – da lernt man sie erst richtig zu schätzen. OK, der Herr Papa verfütterte sie an die Tauben. Frau Schwiegermama hörte gebannt einem Künstler zu, der die verschiedensten Lieder der verschiedensten Stile interpretierte und dabei sehr unterhaltsam war. Seine CDs wollte keiner kaufen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass er das Gros seines Umsatzes in iTunes macht.

Da es ein schöner sonnige Tag war, hielten wir es für eine gute Idee eine Stadtrundfahrt zu machen. Und da wir einen guten Preis für ein Paket mit vier verschiedenen Touren heraushandeln konnten, machten wir uns mit den roten Bussen auf den Weg, den Sonnenbrand auf unserer Haut zu verschärfen. Susann, im übrigen nicht, die ist ja vorsichtig. Achso, der Herr Papa auch nicht, der sagt, es wäre nur rot und damit kein Sonnenbrand. Der Rest der Partie mochte ihm in der Argumentation nicht ganz folgen.

Der Guide der ersten Tour war ganz amüsant und konnte auch ein paar Brocken Deutsch, der er aber nur für die Geschäftsanbahnung benutzte und damit die Hoffnung der Frau Mama zunichte machte, dass die Tour ggf. auch in Deutsch durchgeführt würde. Nachdem er den Bus bestiegen hatte, waren seine Deutsch-Kenntnisse auf wundersame Art und Weise verschwunden. Der zweite Guide fuhr uns in einem Höllen-Tempo zu Golden Gate Bridge, die zu dem Zeitpunkt ihren Schleier schon verloren hatte, so dass wir ein paar gute Fotos machen konnte. Diesig war es trotzdem, aber wir hatten ja schon gelernt, dass das so sein muss. Golden Gate ohne Nebel ist keine Golden Gate.

»Lustigerweise« machten beide abschließend einen Witz, über den wir beim zweiten Guide schon nicht mehr so lachen konnten: Wenn wir Kritik üben wollten, sollten wir diese auf keinen Fall der Direktion melden, sondern in kleiner Schrift auf einen Hundert-Dollar-Schein schreiben und ihm übergeben.

Wir hatten nach der zweiten Tour noch ausreichend Zeit um zum Einschiffen nach Alcatraz zu kommen, allerdings waren dazwischen eine Suche nach einem Restroom (aussichtslos, einfach so), der Besuch eines Burger Kings (Getränke-Aufnahme, Snack, Restroom) und eine Touristen-Shooping-Meile, bei der jedes Geschäft (aber auch wirklich jedes) just an diesem Tag einen speziellen Ausverkauf hatte, mit Super-Preisen nur an diesem einen Tag (als ob der morgige eventuell mit einem Weltuntergang enden würde). Da kamen nicht alle so gelassen vorbei, wie die Männer in der Runde. Mit fetter Beute verließen wir die Meile. Das beste Schnäppchen hatte ich gemacht und das kam so: Draußen stand dran »7 Ansichtskarten – 1 Dollar«, ich habe noch keine geschrieben und so kam mir das wie ein guter Zeitpunkt zur Bevorratung vor, sammelte diese ein und ging in das verkaufende Geschäft. Dort hielt sich schon der Herr Papa auf, ignorierend, dass er einen Verkäufer an seiner Seite hatte, der höchst irritiert war, dass der Herr Papa in einem Foto-Video-Laden so mit (s)einer Kamera herumlief und auf Ansprache wohl überhaupt nicht reagierte. Der Verkäufer, der so aussah wie der Senior in »King of Queens«, war wohl schon etwas beunruhigt, denn wenn er ein guter Verkäufer war, dann sah er dort fünfhundert Dollar herumlaufen, die sich ohne über die Kasse zu gehen, aus dem Laden heraus bewegten. Dass er dabei ein wenig unruhig war, machte ihn zu einem guten Verkäufer. Man könnte ihm nun seine mangelnden Deutsch-Kenntnisse vorwerfen, aber das in den USA ein generelles Manko. Ich kam nun rein und sah ihn, wie er schon nervös herumhüpfte und sagte ihm, es wäre die Kamera meines Vaters, die hätte er schon einmal gekauft. Das Gesicht des Verkäufers wandelte sich zu einem »Ah ja!« und er meinte, die Karten würde er mir schenken. Das mochte ich nicht glauben, aber Tatsache, er bestand drauf.

Die Schlange für das Schiff nach Alcatraz war nun schon sehr lang und wir kamen genau zur Boarding-Zeit dort an, stellten uns in die Schlange und die Zeit bis zum Betreten des Schiffs wurde uns mit Info-Material und einer kleinen Foto-Session (zwei Bilder für 22 Dollar) versüßt. Was uns nicht ganz klar war, war zu diesem Zeitpunkt, dass die Rückfahrt erst um halb zehn Uhr war. Aber dazu später.

Für die Tour durch Alcatraz gab es eine persönliche Einführung, bevor es hoch auf den Berg ging. Schöne Aussichten gab es schon vom Schiff aus (auf dem es auch schon ausführliche Erklärungen gab), aber von der Insel aus sind sie ja noch mal ein wenig besser (ruhiger, weniger Seegang wäre jetzt mal eine Erklärung). Durch den Zellenblock wandert man dann mit einem Audio-Guide, der auch in deutscher Sprache vorlag, und szenisch aufgebaut war. Sehr unterhaltsam gemacht und mit einem gewissen Gefängnis-Flair, denn oft hieß es: »Gehen Sie jetzt am Gang A auf der linken Seite bis zum …« Mir hat es gefallen, zumal auch auf die verschiedenen Perspektiven von Wärtern, Gefangenen und anderen Bewohnern der Insel eingegangen wurde.

Auf dem Weg zurück ging uns dann auf, dass das mit dem Essen recht knapp war. Denn um zehn Uhr schließen schon viele Restaurants. Am Vorabend war uns dies schon unangenehm aufgefallen – weshalb ja nur der Chinese blieb, bei dem wir dann aber (vorsichtshalber) gleich das Menü für sechs Personen genommen hatte (mit dem man aber auch noch den Rest der Familie Ludewig hätte satt bekommen und bei dem abschließend ein Glückskeks nach dem anderen gegessen wurde, bis der passende Spruch kam). Wir landeten also in San Francisco, froh dem Gefängnisalltag entkommen zu sein, und Susann meinte, vor dem Pier würden die Taxis, vielleicht auch Limousinen stehen. Blöd nur, dass die Taxis davon nichts wussten. Wir marschierten also in der Kälte (und wenn ich Kälte schreibe, meine ich Kälte) durch die Straßen von San Francisco auf der Suche nach einem Taxi. Wir sahen nicht viele und die, die wir sahen, waren besetzt. Meine Begeisterung für die Stadt nahm sehr schnell ab. Letztlich kam Susann doch noch zu der Stretch-Limousine und wir bezahlten für den Rückweg zu Hotel 40 Euro.

Nachdem wir das Geld für den Heimweg investiert hatten, war kein Geld mehr für Essen da, weshalb wir (fast) hungrig zu Bett gingen.

Ein Fünfzehn-Stunden-Urlaubstag ging zu Ende und wir hatten zusätzlich zu dem Gefühl, edel nach Hause chauffiert worden zu sein, auch noch das Gefühl einen ziemlich anstrengenden Urlaubstag absolviert zu haben.