So, wie ich das überblicke, gab es in der DDR zwei Gruppen mit Previlegien: Verkürzt könnte man sagen, die bei der Regierung, SED und Stasi (wobei sich der Kreis sicher noch weiter und detaillierter fassen lässt, aber darum soll es letztlich gar nicht gehen) und die, die eine freigiebige Westverwandtschaft hatten. Verlierer waren die, die weder zu der einen noch zu der anderen Gruppe passten. Ich darf von dem Glück berichten, mit meiner Familie zu der zweiten Gruppe gehört zu haben. So gab es zu Feiertagen immer die berüchtigten Pakete und in denen fanden sich auch immer Konserven, wie beispielsweise Dosen-Champignons.

Mich beschleicht jedes Mal ein gewissen Gefühl der Undankbarkeit, wenn ich bei einem Italiener sitze und meine Pizza Funghi entgegennehme und denke: »Dosen-Champinons! Manno!« Was habe ich mich früher über die gefreut, wenn sie am Frikassee, am Gullasch oder an anderen Gerichten gewesen sind. Ich stand in der Küche und sah zu, dass da ein, zwei von den Champignons für mich abfielen. Gewiss kann ich nicht soweit gehen, zu sagen, dass ich, hätte ich die Wahl zwischen Schokolade und Champingnons aus der Dose, ich mich für die Dosenfrucht entschieden hätte; aber ein wenig ins Grübeln wäre ich schon gekommen.

Wenn jemand daran Schuld hatte, dass sich das geändert hat, dann sicher die – schon häufiger erwähnte – Bambule in Kiel, deren Pizza sich nicht nur durch den Füllgrad und die Teigdicke auszeichneten, sondern auch dadurch, dass sie frische Champignons für den Belag verwendeten. Da bin ich schnell verwöhnt worden. Mein andere Pizza-Hersteller in den frühen Neunzigern war eine spanische Dame in einen Imbiss um die Ecke und die waren partout nicht dazu bewegen, die Pizza mit frischen Champignons zu belegen. Da war man der Meinung, man müsste die Pizza nicht nur mit Pilzen belegen, sondern auch mit Peperoni und Zwiebeln – ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber der Preis sorgte dafür, dass ich mir angewöhnte, wenigstens Erstere von der Pizza zu klauben.

Heute war es mal wieder soweit: Pizza-Tag in Schwäbisch Gmünd. Ohne der hiesigen Bevölkerung zu nahe treten zu wollen, kann ich nur konstatieren, dass das Angebot an Restaurants ein wenig dürftig ist. Nun befinde ich mich in einem italienischen Viertel, was man der Altstadt gar nicht ansieht, aber es gibt schlicht nichts anderes. Das Beste der italienischen Restaurants habe ich nun schon einmal herausgefunden, sowohl was die Speisen wie auch die Freundlichkeit angeht – allerdings die Pizza Funghi wird auch hier mit Dosen-Champingons bestückt. Was mich in meiner Glücksseligkeit zwischen Tomaten-Salat und Tiramisu doch ein wenig melancholisch machte…