Dieter Nuhr sagte mal in einem Programm sinngemäß: »Also man weiß ja, dass in Italien nur geklaut wird. Das letzte Mal hatten sie uns schon in Innsbruck die Brieftasche geklaut.« Dem können wir seit heute noch einen drauf setzen: »Während wir in Italien waren, klaute man uns in Hamburg am Flughafen das Auto.« Es gibt also jede Menge zu schimpfen.

Nicht, dass die Reise, die ich Susann zum Geburtstag geschenkt hatte, unter einem guten Stern gestanden hätte. Aber den ersten Punkt muss ich mir voll zurechnen, denn meine gewisse Lässigkeit führt manchmal zu Turbulenzen. Nicht oft, aber manchmal halt schon. Ich war fest der Überzeugung, dass der Flug am Freitag gegen vierzehn oder fünfzehn Uhr Richtung Venedig starten würde. Das würde sich schon klären, aber ich schaute erst um kurz vor Mitternacht am Donnerstag in die Mails, um die genaue Abflugzeit zu checken. Die war dann allerdings etwas zeitiger: 11 Uhr.

Susann würde in solchen Situationen, mit den Augen zwinkern und fragen: »Hast Du mich trotzdem lieb?« Mir blieb es, konsterniert zu schweigen und zu erwähnen, dass ich Mist gebaut hatte. Was nicht hilfreich war, denn Susann hatte sich nur einen halben Tag Urlaub genommen. Klar, dass ein halber Tag Urlaub (wo immer es sowas noch geben sollten), auf keinen Fall um kurz nach acht Uhr an einem Tag beginnen würde.

Wir starteten am nächsten Tag um diese Zeit, denn Susann hatte alles zurechtgebogen und konnte noch einen ganzen Tag Urlaub nehmen. Das war ja nochmal gut gegangen.

Pünktlich, wenn nicht gar überpünktlich, waren wir am Flughafen und warteten auf den Flieger von tuifly. Fliegen zum Taxipreis stimmt zwar nicht ganz, denn ein Taxi von Hamburg nach Venedig kostet sicher mehr, als das was wir bei dem Flieger bezahlt hätten. Andererseits hat man im Taxi etwas mehr Platz. Was beiden gemein ist, ist die Versorgung. Wahrscheinlich würde ein Taxifahrer uns auch mit Getränken versorgen, wir müssten aber dafür bezahlen. Egal. Wir kamen pünktlich am Flughafen in Venedig an und sollten gleich unseren ersten Fehler begehen. Wir hätten für zwei Euro (insgesamt) zu unserem Hotel mit dem Bus fahren können. Stattdessen nahmen wir ein Taxi und zahlten fast zwanzig Euro. Für eine Fahrt, die keine zehn Minuten dauerte, ein recht stolzer Preis.

Aber aus Fehlern lernt man und so haben wir Taxis im Anschluss gemieden und voll auf den Bus verlassen. Der fuhr in der Nähe unseres Hotels, welches ein Vier-Sterne-Hotel namens »Antony« war, und diese vier Sterne auch voll verdiente. Die Zimmer waren große, das Bad war schön und Frühstück gab es als Buffet und dieses war wirklich sehr ausreichend. In der Halle des Hotels gab es noch eine kleine Bar mit zivilen Preisen und ganz vielen Ledersesseln, in denen man sich bequem flezen konnte. Vom Hotel in die Innenstadt von Venedig mussten wir eine Viertelstunde rechnen. Alles in allem mehr als annehmbar.

Meiner bescheidenen Meinung nach reichen zwei Tage für Venedig vollkommen, dann hat man sich an Kanälen und Brücken satt gesehen und möchte mal wieder einen ordentlichen Großstadt-Stau sehen. An zweierlei hat Venedig besonders zu kauen: den Touristen und den Tauben. Beide lassen sich wohl nicht vermeiden. Warum man es zulässt, dass beide noch so reichlich gefüttert werden, ist natürlich eine große Frage. Bei Touristen ist es noch einigermaßen klar, denn die bringen Geld, aber bei den Tauben? Warum muss man Taubenfutter verkaufen?

Eine Fahrt in der Gondel ersparten wir uns, aber die Wasserbusse, die man mit einem Touristenticket recht günstig nutzen kann, wurden in Venedig zu unserem A und O. Zwischendurch liefen wir bei bestem Wetter von einem Eisstand zum nächsten – es war einfach wunderbar, wobei natürlich auch das Wetter half.

Was das Essen angeht, so war dies ja meine erste Gelegenheit mal wirklich italienisch zu Essen. Schließlich war Venedig meine erste Italien-Reise, eine Premiere. Ich hielt mich an die Standards sprich: Parmaschinken mit Melone, Spaghetti und Tiramisu. Damit konnte ich nichts falsch machen. Susann hatte einmal Hähnchen und Zitronen-Soße bestellt, was wirklich hervorragend war, aber zu dem wohl die eine wie die andere Seite etwas mehr erwartete: Der Kellner die Bestellung der Beilage und Susann eine Beilage, die es aber wohl nur auf Bestellung gab. Beim nächsten Mal gab es auch bei Susann Pasta.

Vier Stunden vor dem Abflug heute waren wir schon am Flughafen. Vorsichtshalber. So sind wir. Der Flug verlief reibungslos, wenn wir von einer halben Stunde Verspätung absah. Mit dem Auto, das muss man sich aber immer wieder vor Augen halten, würde es viel, viel länger dauern. Von daher wollten wir uns nicht beschweren, freuten uns, dass unser Gepäck mitgekommen war und machten uns auf, mit dem Auto nach Hause zu kommen.

Zum Parkhaus P9, welches sogenannten Holiday-Status hat, wurden wir noch mit einem Bus chauffiert, in der vierten Etage des Parkhauses verflog unser Urlaubsgefühl, als wir unser Auto nicht sahen. Aber was heißt unser, wenn es erst einmal nicht da ist? Susanns Wagen war ein Leasing-Wagen und dieser war nicht da. Das, was noch zu sehen war, war ein Haufen Scherben.

Was hatten wir nicht schon alles gehabt? Eingeschlagene Scheiben, geklaute Kassettenteile und Steckenbleiben auf unwegsamen Feldwegen, aber ein geklautes Auto, das gab es noch nicht. Immer mal wieder was Neues. Aber musste einem sowas auf einem Sonntagabend in Hamburg passieren? Den richtigen Zeitpunkt gibt es wohl nie. Also dann heute.

Ich rief bei der Parkhaus-Betreiberfirma an, die einen Mitarbeiter vorbei schickten. Dieser nahm das Autokennzeichen und die Beschreibung auf und expedierte uns umgehend zur Polizei. Dort teilte uns der nette Diensthabende mit, dass das Auto nicht gestohlen worden wäre, sondern einfach nicht mehr da. Es hätte, so seine Auskunft, einen Einbruch gegeben und die Leasing-Firma hätte den Wagen wohl abschleppen lassen. Eigensicherung nennt man das auf gut deutsch. Der Übeltäter, der sich an dem Wagen der Leasing-Firma vergangen hatte und an das Eingemachte wollte, wurde gefasst und zugeführt. Das heißt, so wurde es uns im klaren Deutsch mitgeteilt, dass er nicht gleich wieder auf freien Fuß gesetzt wurde, sondern erstmal in den Kerkern der Hansestadt verschwand. Mögen diesie tief sein und er sich sein Futter mit Ratten teilen!

Weitere Ernüchterung trat ein, als Susann mit ihrer Leasing-Firma telefonierte. Echte Hilfsbereitschaft war nicht zu erkennen, worüber ich mich mehr aufregen konnte als über den Dieb, der versucht hatte, an unser mobiles Navigationssystem zu kommen, welches aber bei uns zu Hause auf dem Schreibtisch lag, da wir den Weg zum Hamburger Flughafen aus dem FF kennen. Statt zu sagen: »Tja, wir haben ihren Wagen abgeschleppt. Nehmen Sie sich mal einen Mietwagen und morgen kümmern wir uns um das Weitere.« kam so etwas in der Richtung: »Ja, Mietwagen können Sie nehmen, die Rechnung reichen wir aber weiter.« Fein! Haben wir den Wagen abschleppen lassen. Nicht, dass ich mich erinnern könnte.

Wir fuhren mit dem Bus heim.

Spannend übrigens auch noch folgende Frage: Wir kamen an, marschierten zum Parkhaus-Automaten und bezahlten für drei Tage. Das Parkhaus hat unser Auto aber nur vier oder fünf Stunden genutzt. Bekommt man das Geld jetzt zurück? Ich bin mal gespannt wie die Parkhaus-Betreiber des Hamburger Flughafen auf meine diesbezügliche morgige Frage reagieren werden…