Ich kann mich ziemlich genau an das erste Mal erinnern: Gerade erst hatte ich mein anderes erstes Mal hinter mir, meine erste Dienstreise führte mich nach Karlsruhe, wo ich bei Siemens einen kreuzdämlichen Kurs absolvierte, der mir überhaupt gar nichts sagte. Neben mir saßen Leute von Airbus und erzählten, dass sie dort Wartungsarbeiten vornehmen. Was deren Rechner mit meiner Aufgabe zu tun haben sollte war und ist mir ein Rätsel geblieben.

Diese komischen Großrechner gehörten kurze Zeit später schon der Vergangenheit an, ich musste mich mit Macs und PCs herumschlagen. Dann wurde ich ein zweites Mal auf Dienstreise geschickt und landete gleich einen Haupttreffer: Frankreich, Elsass, Strasbourg. Oh ja, ich war ein Glückskind. Überhaupt sollte das für mich nur das erste Mal Frankreich sein. Zwei andere Premieren schlossen sich dem nahtlos an: Zum einen war es das erste (und im übrigen auch einzige) Mal, dass ich das Vergnügen hatte in einem Schlafwagen zu schlafen. Mit einem fremden Mann. Nicht, dass ihn nicht gekannt hätte, schließlich war er seit ein paar Monaten mein Kollege. Aber ich kannte ihn immerhin nicht so gut, dass ich vor Abfahrt noch mal bei einem Türken hineinschaute und (vermutlich meinen ersten) Döner bestellte. Wer konnte denn ahnen, dass er nichts für Knoblauch über hatte, nachdem ich dann penetrant duftete, ohne dass ich durch Zähneputzen irgendetwas anstellen konnte? Meine Wenigkeit jedenfalls nicht. Auch waren mir die Arbeitsmarotten der Elsässer, eigentlicher aller Franzosen, sehr, sehr fremd. Mit meiner deutschen Disziplin war ich es einfach nicht gewohnt, dass man nach einem ausführlichen und umfangreichen Mittagsmahl an die Arbeit zurückkehrte. Wenn mir so etwas in der Heimat passierte, war ich danach auf Mittagsschlaf geeicht. Und, was man auch noch bedenken sollte, ich war zu der damaligen Zeit Alkohol überhaupt nicht gewohnt. Ich glaube nicht, dass ich meinen Kollegen – den, welchen ich mit Dönergewürzen die Nacht über traktiert hatte, der aber dafür im Gegenzug schnarchte – eine große Hilfe gewesen war. Aber darum soll es eigentlich gar nicht gehen. Des geht um das erste Couscous. Der Chef des Kunden und der Vertriebsmann, der den Kunden siemensseitig betreute – Monsieur Winter war der Name des Kunden, der des Vertriebsmannes wird mir nicht mehr einfallen – freuten sich wahrscheinlich schon seit Wochen darauf, uns zu dem Couscous-Laden führen zu dürfen. Wir wurden auch gar nicht gefragt, was wir denn essen wollten, es wurde einfach Couscous bestellte. Nun will ich nicht groß auf die Pauke hauen, aber wenn eines feststeht, dann die Tatsache, dass ich ziemlich mäkelig bin. Die Liste mit den Sachen, die ich nicht esse, ist vermutlich länger als die mit den Sachen die ich esse. Meine Frau ist jedes Mal erstaunt, wenn ich mitteile, dass ich dieses oder jenes nicht essen würde. Und wir sind ja nun wirklich schon eine zeitlang verheiratet. Aber auch mein Kollege ist nicht gerade der große Ausprobierer. Insofern war diese Überrumpelungstaktik vermutlich die einzige Möglichkeit, uns an dieses Essen heranzuführen. Es war scharf! Denn man hatte uns gleich von dem scharfen Gewürz aufgetan, und nur nebenbei mitgeteilt, dass es nicht ratsam sei, zuviel zu trinken. Das sag einem mal, wenn man gerade den Mund voller Wasser (oder Wein) hat, und sich die Gewürzeatome gerade explosionsartig daran machen, sich zu entfalten. Es war eindrucksvoll, aber nach meinem ersten Mal, war ich nicht der Meinung, dass ich das unbedingt wiederholen müsste.

Dann war da dieses Restaurant in Paris, dessen Name hier nicht genannt sein soll, weil es für uns immer noch ein Geheimtipp ist. Da kam mir vor drei Jahren mal wieder Couscous unter die Finger, und ich musste es essen. Ich war begeistert, ich war sowas von begeistert, dass wir es zu Hause auch gleich nachkochten. Es war gut, aber es war anders – irgendwie norddeutscher. Dann hatten wir es in der Nähe von St. Etienne (für den sagenhaften Preis von 8 Euro). Hin und weg, wir sind in diesen Laden, glaube ich, dreimal gefahren. Einmal habe ich Pizza probiert, das habe ich tief bereut. Die Spezialität war eindeutig Couscous. Nun, in diesem Jahr waren wir wieder in der Nähe dieses Couscous-Ladens und wir sind vorbeigefahren, haben einen absichtlichen Schlenker gemacht. Es hat sich gelohnt. Alle, die dabei waren, haben sich tief zufrieden über diesen Abstecher geäußert.

Anfang Oktober waren wir in Paris. Wir sind wieder in das Restaurant, welches wir zu unserem Geheimtipp erkoren haben, diesmal allerdings mit Bekannten. Wir hatten noch gesagt: Es wird toll werden, die machen ein fantastisches Couscous. Ja, Pustekuchen! Was haben wir zur Antwort bekommen, als wir nach dem hausgemachten Couscous fragten? Es wäre noch nicht die Jahreszeit.

Aber dieser Tage bin ich in Luxemburg und um die Ecke ist ein kleines Restaurant. Dort wird Couscous angeboten. Und während ich hier liege und diese Zeilen schreibe (die mit einiger Verzögerung veröffentlicht werden dürften), bin ich vollgefressen von einem Super-Couscous. Korinthen soviel man wollte, dazu Rosinen und Sultaninen (eine Zutat, die ich bisher dazu gar nicht kannte), Gemüse ohne Ende, das Hühnchenfleisch habe ich gar nicht aufgegessen und die dramatische Nachricht zum Schluss: Ich bin nicht mehr zur Patisserie gekommen, weil ich so satt war. Bei Gott! Ich habe noch nicht einmal die Couscous-Portion richtig geschafft und mache mir schwer Gedanken über das morgige Wetter nach diesem Versagen. Aber es war einfach nicht zu schaffen. Wer es mal selbst ausprobieren will: »Chez Abdel« in Esch-sur-Alzette (13, rue du Moulin). Montags hat das Restaurant zu.