Was gab es? Die Frage blieb von gestern über. Und während sich die Frage gestern ja mehr auf das Frühstück bezog, kann man jetzt sagen, dass sich die Frage durch den Tag zog – gestern wie heute -, allerdings in Präsens-Form.

Uns wurde gesagt, dass wenn etwas auszuprobieren wäre, dies die Nudelsuppe wäre. Fünf Sechstel der Gruppe gaben dieser Empfehlung nach und testeten die Suppe. Die Teller waren mit Nudeln und Krams bereits vorbereitet und man füllte aus einem großem Topf die Brühe nach. Dann tat man sich an dieser gütlich und wer immer behauptet hatte, dass dies absolut köstlich sei – wie Luan -, der hat auch Recht. Das war absolut köstlich. Es gab dann noch gefüllte Teigtaschen in verschiedenen Variationen und für die konservativen europäischen Frühstücksesser auch Baguette mit Marmelade.

Um acht Uhr dreißig waren wir bereit für die Abfahrt. Vor dem Hotel empfing uns nicht nur der Fahrer des Busses sondern auch ein Hahnengekrähe – was in einer Stadt wie Saigon schon sehr irritierend ist. Luan sagte uns, dass die Tiere für Hahnenkämpfe gehalten würden. Was illegal ist, aber man hat ja so seine Vergnügungen.

Das Gepäck ließen wir im Hotel und stiegen nur mit Handgepäck in den Kleinbus. Bevor wir die Stadt verließen, gab es einen kleinen Stop bei einer Handarbeits-Firma. Ja, es war interessant. Nein, wir wollten nichts kaufen. Auf der Plus-Seite dieses Besuches stand, dass es wirklich schöne, nicht kitschige Sachen gab; ebenso wie die Freundlichkeit des Personals und die Kühle der Räumlichkeiten; auf der Minus-Seite schlicht und ergreifend die Tatsache, dass wir mit gefühltem Übergepäck unterwegs waren und keine Lust hatten, dieses am ersten Tag schon zu steigern. (Gefühlt deshalb: Wir können mit den Emirates-Flügen dreißig Kilo mitnehmen, bei den Inlandsflügen sind es aber in der Regel zwanzig. Die erste Grenze hatten wir nicht gerissen; bei der zweiten, niedrigeren Grenze, sah es allerdings anders aus.) Es zeigte aber auch, wie klein die Welt ist. Die Frau Mama kam mit der Führerin durch die Räumlichkeiten ins Gespräch und erzählte, sie käme aus Potsdam, worauf hin diese erzählte, dass ihr Bruder in Potsdam Koch wäre.

Auf den Weg in das Mekong-Delta zeigte uns Luan Reisfelder und erklärte uns den Anbau und das Drumherum um diese Frucht. Dann wurden wir auf ein Boot verfrachtet und auf eine Insel gebracht. Dort ab es verschiedene »Attraktionen«, beispielsweise eine Kokusnuss-Bonbon-Fabrik, eine Kutschentour, eine Verkostung von verschiedenen Obstsorten, eine Kanutour durch einen Wasser-Kokusnuss-Wald und der Lunch. Dieser begann spektakulär mit der Präparation eines Fisches zu kleinen Röllchen, die in Reispapier gewickelt worden waren (sehr lecker) und setzte sich dann Gang für Gang durch. Das wollte gar kein Ende nehmen.

Von der Insel setzen wir dann wieder über und betrachteten eine Kolonie von Wasserbooten, bevor es mit dem Bus in Richtung »Bauernhof« ging. Luan – immer noch unser Reiseführer – erinnerte uns daran, dass das Abendessen an diesem Abend selbst gekocht werden würde. Die Begeisterung hielt sich in Grenzen, aber gebucht ist gebucht. Zu der Unterkunft kamen wir wieder nur mit dem Boot, also stiegen wir aus dem Bus in ein Boot und wurden zum Bauernhof gebracht. Vor diesem war nur ein ganz kleiner Weg, man konnte diesen Bauernhof effektiv nur über den Anleger erreichen.

Es gab eine kleine Ruhepause, dann zog Luan mit uns durch den Garten und erklärte uns die verschiedenen Früchte, von denen wir im besten Fall schon mal gehört hatten, im schlechtesten Fall keine Ahnung hatten, dass es so was hätte geben können. Aber der Knaller schlechthin waren die »Strauchradieschen«. So hatte ich sie getauft, da Luan an dem Busch einfach so vorbeimarschiert war und die Gruppe unterhalten werden musste. Die Auflösung gab es erst später, denn der Bauer kam dazu und erklärte Luan, dass man diese Frucht essen müsse (sie schmeckte süß bis nichtssagend) und im Anschluss eine Limette essen könne und diese nicht sauer sei. Das konnten wir nicht glauben und so wurde es experimentell überprüft. Der Bauer hatte recht.

Das gemeinsame Kochen des Abendessen stellte sich als folgende Aktion heraus. Es gab einen Teig und eine Füllung. Ein Jeder musste einen Pfannkuchen backen und die Füllung dazu geben. Dieser Pfannkuchen durfte dann verzehrt werden. Luan zeigte uns, dass man den Pfannkuchen dann wieder auseinander nehmen müsste (wie sinnvoll, nicht wahr?) und in ein Blatt stecken könne (in diesem Fall ein Senfkornblatt) und ein wenig Basilikum dazugeben könne, es in eine Soße als Dipp stecke und dann esse. Ja, was soll ich sagen: Oberlecker und absolut sättigend. Was wir nicht wussten war: Es gab noch eine Suppe, ein leckeres Hühnchen und ein Schweinefleischgericht. Bevor der Nachtisch in Form von frischen Früchten kam.

Die Nacht verbrachten wir auf harten Matratzen mehr oder weniger gut. Ich weniger gut. Um sechs Uhr war ich schon wieder auf den Beinen und machte einen kleinen Spaziergang am Fluss entlang. Es war sehr interessant. Begleitet wurde ich von einem Hund namens »Jacques«, den Namen habe ich ihm gegeben, der ein wenig vorauseilte und sobald er einen Motorroller, ein Fahrrad oder einen anderen Hund sah, bei mir bei Fuß lief. Es ist keine Untertreibung, wenn ich sage, dass ich die Sensation an diesem Morgen war: Die Langnase mit dem Hund. Alle deuteten auf den Hund und auf mich und fragten wohl, ob dies mein Hund sei. Da mein Vietnamesisch eigentlich nicht vorhanden ist, antwortete ich auf Englisch, dass er zu mir gehören würde. Ob das nun verstanden wurde, weiß ich nicht. Für das Anstarren konnte ich mich aber Revanchieren, denn ich zeigte im Gegenzug auf die Kamera und auf einige der Leute, um zu fragen, ob man sie fotografieren dürfe (man kann es auch auf Englisch fragen, man kann es aber auf dem Land auch lassen). Sie standen, um es nicht zu euphorisch zu formulieren, diesem Ansinnen sehr aufgeschlossen gegenüber.

Fuhr ein Mann oder Frau mit einem kleinen Kind an einem vorbei, sagten die Eltern meistens was zu dem Kind, worauf hin es sich mir zuwandte, lächelte, winkte und »Hello!« rief. Darauf konnte man nur antworteten und das Lächeln wurde noch breiter. Überhaupt konnte man fast jeden freundlich grüßen (oder wurde gegrüßt) und bekam eine freundliche Antwort.

Die Hütten waren nicht alle gleich, obwohl sie am gleichen Weg lagen. Viele waren ärmlich, andere waren fast villenartig. Die Unterschiede waren frappierend.

Ich musste nur zusehen, dass ich rechtzeitig wieder zurück war und das war ein wenig schwierig, da ich ja immer noch die Marotte habe, möglichst nicht den gleichen Weg zurück wie hin zu gehen. Wenn man allerdings ohne Karte und Ortskenntnis unterwegs ist, kann das schon mal ins Auge gehen. Heute morgen klappte das zur Freude von Jacques und mir hervorragend, dass ich rechtzeitig zum Frühstück wieder da war. Sehr rechtzeitig sogar.

Was nun zu verkünden ist, hat absoluten Seltenheitswert. Um acht Uhr sollte es Frühstück geben. Wer nicht anwesend waren, waren Frau Mama und Herr Papa. Ich versuchte es mit zaghaftem Klopfen und auch mit deutlicherem Türbearbeitungsgesten. Auch Steffi scheute sich nicht, ein wenig kräftiger zu werden. Nach unzähligen Anläufen öffnete ein zerknirschter Herr Papa die Tür und gestand, dass sie verschlafen hätten. Der ganze Kontrast dazu war Steffi, die vierzig Minuten (in Zahlen: 40) vor dem Frühstückstermin schon im Hof saß und auf Frühstück wartete. Ruth hatte den Wecker ein wenig zu früh gestellt (sechs Uhr) und damit war die Nacht auch für Steffi vorbei.

Wach war man dann recht schnell, denn das Wasser, welches etwas dürftig aus der Dusche tröpfelte, war für mitteleuropäische Warmduscher-Verhältnisse einfach nur kalt.

Luan fuhr nach dem Frühstück mit uns zu einem Markt, den man Markt nennen konnte. Was es da gab, hatte ich noch nicht gesehen. Wir waren als Langnasen aber auch eine Sensation und wurden beguckt, bestaunt und belächelt. »Fotografier mal die!« war eine gängige Geste auf dem Markt, mit der sich die Marktfrauen erheiterten. Vom Markt ging es zu einer Puffreis-Fabrik. Oder einem Herstellungsort. Denn das Andere wäre ein wenig zu reißerisch formuliert. Es war fast ein Hinterhof-Betrieb. Es gab dort geröstetes Reispapier und davon nahmen wir eine Packung mit. Das Problem: Es wird immer etwas verkostet, dann gibt es Tee oder Früchte und dann werden die Sachen gezeigt, die man kaufen kann. Das ist in gewisser Art emotionale Erpressung und ganz ehrlich: Bei mir funktioniert das und ich weiß nicht recht, wie man damit umgehen kann.

Dann ging es zurück auf das Boot und wir fuhren zu den schwimmenden Märkten (ist mehr ein Großhandels-Ding, um es mal absolut nicht-fachmännisch auszudrücken – und deshalb interessant aber nicht sonderlich beeindruckend. Die, die beeindruckend sind, sind allerdings oft für Touristen und wenig authentisch. Blöd aber auch!)

Dann machten wir uns auf den Weg zurück nach Saigon, bekamen noch ein Acht-Gang-Menü in einem Restaurant. Das erschreckte uns zuerst, aber die Portionen waren so übersichtlich wie sie auch schmackhaft waren. Insofern: Wieder einmal Glück gehabt.

Weniger Glück hatten wir mit einem Tempel, die geschlossen waren. Aber wenn man schon ein wenig Pech hat, braucht man auch wieder ein wenig Aufheiterung, und die hatten wir dann auf einem Markt in Chinatown von Saigon. Der Markt war mehr für Groß-Einkäufer gedacht, aber ich wusste gar nicht, dass es so zahlreiche Taschen in mit Mercedes-Logo gibt und dass Apple auch Jeans herstellt. Es gab dann noch eine Pagode in Saigon und dann waren wir auch schon wieder so geschafft, dass wir uns gern ins Hotel bringen liegen, um ein wenig abzuruhen.

Den Verkehr von Saigon hatten wir aus dem Auto heraus schon begutachten können. Als Fußgänger in der Rush Hour waren wir dann aber doch Anfänger. Es ist ein recht mutiges Unterfangen als Langnase, die Straße überqueren zu wollen. Dazu braucht man dreierlei: Courage, einen gewissen Abenteuersinn und Unerschrockenheit. Wenn man das nicht aufzubieten hat, wird man die Straße nie überqueren.