Es fror mich und ich wurde wach. Es gab vier Decken: Eine in Laken-Form, zwei Woll-Decken und eine richtige. Wie immer war mir beim Zubettgehen nicht kalt. Diesmal war ich um zwanzig vor sechs Uhr wach, schrieb noch ein wenig. Nach der morgendlichen Waschung machte ich mich auf den Weg, das Gelände zu erkunden. Ich ging durch die Küche hinaus und wurde von der Hotel-Besitzerin begrüßt, die mit zwei ihrer Angestellten gerade kam.

Unter dem Gebäude, in dem wir wohnen und frühstücken, gibt es einen Teich. Sehr nett. Es schwimmt eine Enten-Familie mit vielen kleinen Ducklings auf dem Teich. Gegenüber gibt es Schilf und dort haben sich an dem Schilf ihre Nester gebaut. Es wirkt wie eine sehr gewagte Konstruktion und man hofft, dass sie die Statik korrekt berechnen. Schließlich gibt es irgendwann Nachwuchs, der auch ein wenig wiegt, und dass hier keinen Wind gäbe, kann man auch nicht gerade sagen. Sie landeten gern auch an der Spitze des Schilfs, der sich dann auch neigte, was das Zeug hält. Ich war ehrlich beeindruckt.

Bei der weiteren Inspektion des Geländes ergab sich die Gelegenheit weitere Bilder der Umgebung zu machen, die allesamt eine freundlichere Stimmung vermitteln würden. Schließlich wurden sie nicht in der Abenddämmerung geschossen, sondern an einem frühlingshaften, wolkenfreien Morgen.

Das Frühstück wurde uns im Freien serviert. Am Vorabend durften wir Zettel ausfüllen, was wir uns wünschten. Es gab Porridge und noch etwas anderes, sehr komisches, dessen Namen ich vergessen habe und Greta geordert hatte. Die Männer haben sich auf solche Experimente nicht eingelassen und begnügten sich mit Eiern, Speck, Tomate, Champignons und Würstchen. Das Komische schmeckte nur der Besten aller Ehefrauen, aber diese kann sich für wirklich sehr viel begeistern und erstellte sich auch eine Komposition dessen, wie sie vermutlich nie zuvor gegessen worden war. Greta fand es nicht so schmackhaft.

Iris hatte eigentlich auf eine kleine Portion Haferbrei gehofft, aber es war ein ganzer Topf. Sie sprach die Hotel-Eignerin darauf an, die lachte und meinte: »Von denen Sachen, die dem Personal gut schmecken, kochen sie immer gleich mehr und essen nachher die Reste.« In Deutschland wäre das ein Fall für’s Arbeitsgericht.

Wir wussten noch nicht so recht, was wir machen wollten. Zur Wahl standen entweder Rafting oder Wandern. Um unserer Unterkunft standen drei Wanderwege zur Verfügung, zwei gingen über zwei Stunden, der dritte über mehrere Tage. Wir entschieden uns für den Mushroom Rock Trail für den Vormittag und das Rafting wäre erst am Nachmittag möglich gewesen, aber der war schon den Golden Gate Nationalpark reserviert.

Den Trail gab es in zwei Ausführungen: Den einfachen und den komplizierten. Das ist das Schöne an einer größeren Gruppe: Man muss sich nicht auf eine Variante festlegen. Die Dame des Hauses erklärte uns ausführlich den Weg. Wir müssten bis zur Hängebrücke und dort würde sich der Weg teilen. Wir überquerten eine Brücke, die in Deutschland jeden TÜV auf den Plan rufen würde und fragten uns anschließend, wo denn die Gabelung sei. Da es keine gab, marschierten wir unverdrossen weiter. Ganz arglos waren wir jedoch nicht, denn die Dame hat uns zugesagt, wenn wir nach zweieinhalb, drei Stunden nicht wieder da wären, würde sie uns suchen kommen. Die Dame geht übrigens locker auf die siebzig zu.

Irgendwann kamen wir zu der richtigen Hängebrücke, die auch in einem wesentlich passableren Zustand war als die andere Brücke, dessen Geländer man nicht benutzen konnte. Hier gabelte es sich und die Senioren marschierten nach links und die Junioren nach rechts. Rechts sollte es noch Leitern und Tunnel geben, die man zu nutzen hätte und der Abgrund wäre auch ein wenig näher. Darauf konnte die Beste aller Ehefrauen getrost verzichten und so kam es zu der Aufteilung.

Man traf sich nach kurzer Zeit weniger, die Junioren aufgekratzt; die Senioren noch einigermaßen ausgeruht. Der letzte Abschnitt ging steil nach oben und der Weg – sagen wir es mal zurückhaltend – ein wenig haarig. Noch vor dem eigentlichen Kamm, der zum Pilz führte, klingt sich die Beste aller Ehefrauen aus und wartete auf uns, eine sehr vernünftige Entscheidung. Ich hatte die verrückte Idee, dass man trotz Übergewicht und abklingender Erkältung, so etwas gut bewältigen könne.

Man kommt nach ganz oben nur, wenn man eine Leiter nach oben besteigt. Von der hat man dann auch wieder abzusteigen und weiter ein paar Schritte nach oben zu klettern. Vielleicht trifft wandern gar nicht so richtig das, was wir im letzten Drittel gemacht haben. Es war ein leichtes Klettern.

Jetzt ist es mit dieser Art von Weg so: Hoch geht es ganz gut, man ist nur aus der Puste. Runter ist man weniger aus der Puste, aber den richtigen Tritt zu finden ist oft ungleich schwieriger. Unter vernünftigen Gesichtspunkten hat man da oben nichts verloren. Wäre das der Fall, hätte irgendetwas dafür gesorgt, dass uns Bergziegen viel ähnlicher machen würde. Ich habe vorhin noch einmal nachgeschaut: Bis heute ist das nicht der Fall.

Bleibt nur das Hochgefühl, dass man da oben gewesen ist, und ein paar schöne Bilder von der Umgebung, die beeindruckend sind. Als wir vorhin zurückkamen, konnte ich es immer noch nicht fassen, dass ich da oben gewesen bin und wenn mir das jemand heute Morgen gesagt hätte, hätte ich ihn vermutlich für »gaga« erklärt.

Auf dem Rückweg trennten sich die Wege an der gleichen Gabelung, die uns vorher zusammengeführt hatte. Die Beste aller Ehefrauen und ich nahmen den »Home run«-Weg, ein sehr sympathischer Name. Die anderen gingen den schwierigen Weg gemeinsam zurück. Es ergab sich, dass wir noch ein paar schöne Fotos aus anderer Perspektive machen konnten und wir trafen zeitgleich mit den Anderen wieder am Guesthouse ein. Zwei Stunden hatten wir gebraucht, so wie es angekündigt war.

Es gab ein kurzes Abruhen, dann fuhren wir nach Clarens zum Lunch – eine Kleinigkeit war geplant. Die örtliche Gastronomie machte uns einen Strich durch die Rechnung, in dem sie das, was in der Karte unter »Kleinigkeiten« anpries zu einer Hauptmahlzeit aufblähte. Es war lecker, keine Frage, aber ich kapitulierte. Schön zu wissen, dass der Rest meiner Mahlzeit nicht in irgendeiner Biotonne verschwand, sondern dankbar von Lennard zu Ende aufgegessen wurde.

Weiter ging es dann in Richtung Golden Gate Nationalpark. Schon die Fahrt von Clarens in Richtung Nationalpark ist wunderbar und man möchte alle zwei Minuten anhalten und staunen. Im Park wird es dann noch »schlimmer«. Nach ein paar Kilometern kommt man  zu einer Anlage, die einen besonders schönen Ausblick verheißt. Das Drauf-Los-Gehen wird durch eine Anschlagtafel gestört, welches auf die Kostenpflichtigkeit des Genusses hinweist und an eine Rezeption verweist. Die lag dankenswerterweise direkt auf der anderen Seite und dort konnten wir die Gebühr für den Nationalpark begleichen. Sodann machten wir uns zu einer kurzen Wanderung (Echo Ravine) auf. Foto-Shooting. Man ging ein paar Meter und schon hatte man eine komplett andere Aussichten. Es war einfach herrlich.

Unser Ziel war nicht richtig als Ziel gekennzeichnet. Man konnte einen Soundcheck machen und das Echo prüfen. Durch ein von Rüdiger gerufenes »Der Bürgermeister von Wedel« wurde uns das bestätigt.

Es gab eine Reihe von anderen Trails, die man hätte begehen können. Aber wir hatten unseren Saldo an Wanderungen an diesem Tag erreicht und vor uns lagen noch zwei Drives in dem Nationalpark – der Blesbok Loop (für uns Drive 1) und der Oribi Loop. Es gibt ein paar Abstecher, die man fahren kann (und sollte), die kein Rundkurs sind, aber eigentlich handelt es sich bei den Loops um Einbahnstraßen. Heißt nicht, dass einem nicht trotzdem mal ein Auto entgegenkommt.

Zwar stehen da auch ein paar Tiere rum, aber der eigentliche Star ist die Landschaft und sein Zusammenspiel mit Licht. Andererseits: Wenn da schon Tiere rumstehen, dann beguckt man die natürlich auch. »Da steht was«, meinte Henrik in Wagen 1 und die Beste aller Ehefrauen luscherte durch den Zoom ihrer Kamera, um zu offenbaren: »Es hat vier Beine. Rinder?« In Wagen 2 saßen die dynamischeren Augen, die beim ersten gemeinsamen Stopp verkündeten: »Da waren Zebras!«

Wir entdeckten als nächstes einen schwarzen Fleck, der sich bewegte. An der Straße stand ein Wagen, der das wohl auch beobachtete und ich hielt an und fragte einen Mann der Gruppe, um was für ein Tier es sich so handeln würde: »Buffalos«. Ich war beeindruckt, jedoch ein wenig skeptisch. Durch das Objektiv des Camcorders sah das Tier es nicht danach aus. »Es gehört zu den Big 5.« Ein Kap-Büffel also. Nein, das war es nicht. Die Hörner waren nicht korrekt gerichtet. Greta, die jetzt von allen nur noch Sid genannt wird, was aber eine andere Geschichte ist, meinte es wären Gnus. Damit dürfte sie den Preis an Korrektheit in dieser Beziehung gewonnen haben.

Der zweite Drive war landschaftlich nicht ganz so beeindruckend. Ein Grund dafür könnte sein, dass es dort vor nicht allzu langer Zeit gebrannt hat. Außerdem sind wir wohl schon zu verwöhnt. Dann legten wir einen ersten Stopp in der zweiten Runde ein, der zu einer Vögel-Beobachtungstation führte. Man musste den Weg dahin und in der Beobachtungsstation ganz leise sein, und konnte aus dem Unterstand heraus einen Platz mit mehr oder weniger vollständigen Kadavern betrachten. Vögel ließen sich nicht blicken, aus der Ferne sahen wir einen Schakal, der sich aber nicht näher herantraute.

Den sahen wir wenig später aus dem Auto heraus noch mal. Die Zeit anzuhalten, das Fenster herunterzulassen und loszufilmen war ein wenig zu knapp, so dass meine Aufnahmen nur noch Landschaft beinhalten. Sid … äh, Greta war aber erfolgreicher gewesen. Manchmal ist es ein Vorteil im hinteren Fahrzeug zu sitzen.

Dann gab es aber noch einen Haltepunkt »Drakensberg View« und der war unglaublich. Man konnte das Spiel der Farben der Abendsonne genießen und bekamen schon einen Eindruck der Drakensberge, die sich dahinter auftaten.

Wir aßen im »Clementines« in Clarens, ein nettes, gut gefülltes Restaurant. Hier gab es in Form von Springbook-Carpaccio die ersten Anklänge auf südafrikanisches Essen. Die Creme Brulée, die von Rüdiger und Lennard genommen wurde, kam nicht an die des Vorabends im »Highlander« heran. Die Beste aller Ehefrauen fand, dass ihr Steak am Vortag auch besser gewürzt war. Ich war sowohl mit meinem Rote-Beete-Capaccio (dazu karamellisierte Walnüsse und Rucola) wie auch mit meinem Steak mehr als zufrieden und fand, dass derSchoko-Brownie (warm) mit Vanille-Eis einen gelungenen Abschluss bot.

Eine besondere Erwähnung erwähnt wohl auch die Tatsache, dass Rüdiger an diesem Tag kein einziges Mal seine Brieftasche suchte. Keine besondere Erwähnung verdient die Tatsache, dass wir um kurz nach neun Uhr schon wieder im Bett lagen.