Um uns herum – Deutsche. Der Camping-Platzeigner – Deutscher. Kinder rennen über den Platz und rufen »Oma! Oma!«. Ein paar Camper sind mit CruiseCanada unterwegs, noch mehr wohl mit CanaDream. Nicht auf allen Wagen von denen, klebt ein Aufkleber, der darauf hinweist – auf unserem auf nicht; man erkennt sich dann aber daran, dass alle mit den gleichen Handtüchern herumlaufen. Die sind jetzt nicht Kanada-Flaggen-bemustert wie die Stühle, haben aber einen gelblichen Farbton.

(Irgendwo – ich glaube, es war in Jasper auf dem Dampfer – kamen wir mit einer Dame aus Edmonton ins Gespräch, die meinte, dass ziemlich viele Deutsche unterwegs wären. Ich sagte, dass solle sie nicht wundern: Wir wären überall auf der Welt unterwegs. Zusammen mit den Holländern!)

Man kann davon ausgehen, dass wir alle den gleichen Reiseführer gelesen haben, in dem dieser Platz als schön gelegen und als Komfort-Platz gewertet wurde. Das mit dem schön gelegen stimmt – keine lästige Eisenbahn oder Autobahn ist in der Nähe – und auch wenn man fast am Airport Drive liegt, hat das bei einem Ort wie Revelstoke nichts zu sagen. Die Sache mit dem Komfort ist relativ – gegen die Plätze, die wir in den Nationalparks haben, stimmt das ganz gewiss. Gegen das, was wir in Radium Hot Springs kennengelernt haben, stimmt es nicht.

An den einzelnen Plätzen ist eine Feuerschale fest installiert, das hatten wir auf den anderen Plätzen nicht und man kann auch Feuer machen. Oder könnte. Wir tun das nicht. Ich wüsste auch nicht warum. Das mag völlig unromantisch sein, aber die Temperaturen liegen bei 25° – es ist warm und da brauche ich um 18.00 Uhr noch kein Feuer, das empfinde ich eher als albern. An den Tagen, an den ein Feuer schön gewesen wäre, weil es kühl war, tja – da durften wir entweder nicht oder es regnete. Und überhaupt: Nachgespielte Lagerfeuer-Romantik neben einem Wohnwagen, in dem man Duschen kann, und der über eine 30-Ampere-Leitung an das Stromnetz angeschlossen ist, damit man die Mikrowelle und die Klimaanlage betreiben kann, ist nicht so meins.

Wir sind gestern von Radium Hot Springs in Richtung Revelstoke gefahren und haben den Weg über Golden gewählt. Vielleicht gibt es ja keinen anderen, aber der war auf jeden Fall sehr schön. Leider, leider spielte das Wetter nicht so mit. Der erste Teil der Tour verlief noch sehr sympthisch durch die Wetlands. Eine Fluss-Seen-Landschaft war auf der linken Seite unseres Weges zu beobachten, zwischendurch auch mal Biberbauten. Das auf der anderen Seite des Wassers sich eine Bergkette erhob, haben wir erst recht spät entdeckt, so tief hingen die Wolken. Aber es regnete immerhin nicht. Käme ich nochmals in die Ecke, hier würde ich mir ein wenig mehr Zeit nehmen.

Hinter Golden ging es auf den TransCanada Highway 1 und es war, als würde man im Berufsverkehr stecken. Da wir wiederum erst einmal einen Abstecher zu einem Wolfszentrum machten, in dem man uns Wissenswertes über Wölfe erzählte und wir auch ein paar – eingezäunte – Wölfe sehen konnte. Durch die Vergitterung hatte sich das mit den schönen Fotos erledigt. Was aber wirklich ein Clou war: Ein paar Hunde in der näheren Umgebung fingen an zu Kläffen. Das inspierierte die Wölfe, dagegenzuhalten – sie fingen an zu Heulen und das war wirklich beeindruckend. Ich hoffe mal, dass wir das auf Video haben. Dieses Wolfszentrum ist keine große Anlage und mehr als eine Stunde ist dort kaum zu verbringen, aber ich fand, es war ein gelungener Abstecher. Gut zu wissen, dass Kanada kein Paradies für Wölfe ist und ebenfalls gut zu wissen, dass die Kanadier sich nicht zu dumm sind, die gleichen Fehler, die ihre südlichen Nachbarn gemacht und korrigiert haben, nochmal zu machen. (Die Herrschaften im Yellowstone Nationalpark haben erkennen müssen, dass es keine gute Idee war, die Wölfe auszurotten, da dies unmittelbare Auswirkung auf Biber hatte und die damit auch verschwanden, und das mit den Bibern hatte keine guten Auswirkungen auf den Fischbestand und da die Wölfe nicht mehr jagten, gab es auch einen höheren Wild-Bestand, der aber nicht mehr gesund war. Das regulierte sich wieder, als man die Wölfe wieder einführte in die Gegend. Die Biber kamen wieder, der Fischbestand erholte sich. In Kanada macht man an einigen Ecken jetzt das Gleiche durch und wenn ich die Bären- und Wolfs-Diskussionen in Europa betrachte, fällt mir nur das Wort Hysterie ein. Zu viele Menschen, denen niemand gesagt hat, das Märchen nicht mit Tatsachen zu verwechseln sind und die zwar keine Sekunde an Riesen, Drachen und Goldesel glauben – aber die Geschichte vom bösen Wolf für bare Münze nehmen. Gruselig!)

Wir kamen dann erst einmal zurück in den »Berufsverkehr«. Wir druselten komfortabel mit 80 km/h, da wo neunzig erlaubt waren, und wurden ständig überholt. Auf dem TCH verlieren die Fahrer wohl ein wenig an Geduld. Es wird zwar nicht gedrängelt, wie man das als deutscher Fahrer von deutschen Autobahnen gewöhnt ist, aber einige Überholmanöver waren wirklich grenzwertig. Kam es zu Spurverengungen, so waren die Kanadier auf anderen Straßen, die Gelassenheit in Person. Auf dem TCH wurde nicht bedacht, dass so ein Wohnmobil auch gern zurück in die Spur möchte.

Wir kamen auf unserem Campground am späten Nachmittag an, richteten uns gemütlich ein und machten einfach mal nichts mehr, außer lesen, hören, gucken.

Heute morgen war es trüb. Sowas von trüb. Wir schliefen aus – also standen nach acht Uhr auf -, machten uns fertig, frühstücken in Ruhe und ruhten erneut. Wir wollten mal abwarten, was das Wetter so um halb elf Uhr, elf Uhr zu bieten hatte, um zu entscheiden, was wir tun.

Um halb elf Uhr war die Ungeduld dann aber doch zu groß und obwohl es noch trüb war, ganz anders als der Wetterbericht versprochen hatte, machten wir uns auf den Weg. Mount Revelstoke war unser Ziel. Wir quälten unser Gefährt auf den Berg und brauchten dafür einige Zeit, da es immer wieder Viewpoints gab, die ich unbedingt besuchen musste. Das Einparken ist ja nie das Problem, nur das Herauskommen erweist sich manchmal als problematisch.

Fast oben angekommen, kann man den Wagen parken und kann dann einen Kilometer auf die Spitze wandern oder man lässt sich von einem Shuttle-Service hochfahren. Es ist nicht schwer zu erraten, welche Variante wir gewählt haben. War es unten noch trüb und einfach nur »bähhhh«, so wandelte sich das Wetter als wir nach oben fuhren. Zuerst sahen wir noch auf die Wolkenschleier im Tal, später aber verschwanden diese und wir hatten nur noch hin und wieder Wolken über uns.

Es sollte ein wunderschöner Tag werden. Zeit sollte man sich schon mitnehmen, wenn man auf den Mount Revelstoke will, denn es gibt viel zu entdecken von dort oben. Dabei haben wir noch nicht einmal ansatzweise die Trails benutzt, die dieser Nationalpark bietet.

Auf dem Rückweg in die Stadt haben wir noch beim Besucherzentrum der dortigen Talsperre vorbeischauen wollen, die hatten aber schon geschlossen. Ein anderes Pärchen erzählte uns, dass normalerweise bis Oktober auf wäre – dieses Jahr aber schon früher geschlossen wurde. Von oben sahen wir das Besucherzentrum, was wirklich interessant und besuchenswert aussah. So hatten wir die Gelegenheit mit dem deutschen, was sonst, Pärchen ein paar Worte über die Tour zu wechseln. Sie waren noch nicht so lang unterwegs, kamen aber aus dem Süden und haben den Parkway noch vor sich. Die waren so nett, da haben wir ihnen noch einen guten Weg gewünscht … naja, das machen wir ja eigentlich bei jedem.

In der Stadt, die als »Historic Downtown« angepriesen war, haben wir uns ein paar Gebäude angeschaut, die wirklich schon um die hundert Jahre alt waren, aber einen Europäer jetzt nicht wirklich aus der Reserve locken können. Viel wichtiger war der Besuch im hiesigen Alkohol-Geschäft und die Versorgung mit Bier. (Wir haben entdeckt, dass in den Kilkenny-Dosen hier irgendwelche Kugeln drin sind, um das Bier cremiger zu machen. Da hat man vermutlich nur was von, wenn man das Bier nicht aus der Dose trinkt.)

Zurück im Campground erklärte sich die beste Frau von Welt bereit, Wäsche zu waschen – dafür verzichtete sie freiwillig auf eine kleine Wanderung. Die unternahm ich dann mit der Frau Schwiegermama und wir gingen einen Trail und wandelten diesen dann ab. Irgendwie wollte ich an den See auf der anderen Straßenseite kommen. Man konnte ihn gut sehen und ich fand ihn wirklich schön – es war ein wenig wie in den Wetlands. Fotografieren konnte man ihn aber nicht, da die Sicht von Bäumen versperrt waren. Wir sind ein Weilchen spazieren gegangen, bevor wir eine passende Stelle fanden und hatten dann noch ein schlechtes Gewissen, weil wir nicht wussten, ob wir uns auf Privatgelände befanden. Da kam, ungelogen, ein Indianer und ich fragte ihn, ob es Privatgelände wäre. Nein, meinte er, stieg mit seiner blonden Begleiterin in ein Kanu, ruderte auf den Fluss hinaus, um Schildkröten-Fallen zu überpüfen. Die Frau Schwiegermama war ganz hin und weg.