Terra Gallus

Sommerloch

Gestern habe ich es schon geahnt, da sprechen es die Politiker heute schon aus. Einige, nicht alle. Schließlich sind Sommerferien, und da können sich nicht alle so schnell äußern. CDU-»Innenexperte« Clemens Binninger hat ein geduldigen Zuhörer gefunden und konnte denn gleich parlieren, dass es wohl sinnvoll wäre, würde man deutsche Bahnhöfe durchgängig überwachen.

Da freut sich der Herr Mehdorn schon, denn die Bahn hat ja nur 5707 Bahnhöfe und das Innenministerium wird bereits ein, die Deutsche Bahn mit finanziellen Mitteln auszustatten, um eine solche Überwachung zu gewährleisten. Sicher ist auch, dass genügend Mitarbeiter eingestellt werden, um diese dann auch zu überwachen. Wird das nicht gemacht, hat man nur etwas davon, wenn etwas passiert ist und unterstützt die Ermittler bei ihrer Puzzlearbeit. Aber vermutlich will Herr Binninger gar nicht, dass alle Bahnhöfe überwacht werden, sondern nur die großen. Dabei hat er wohl übersehen, dass diese schon überwacht werden.

CSU-Innenexperte Stephan Mayer befürwortet auch die Überwachung in den Zügen. Wird ja auch schon in Bussen und Straßenbahnen gemacht, nicht wahr Herr Mayer! Ist ja auch egal, ob wir alles bis in den letzten Winkel ausleuchten, schließlich ist uns seit dem großen Lauschangriff nicht einmal die eigene Wohnung heilig. Warum sollte man in einem öffenlichen Raum wie dem Zug sich nicht beobachten lassen.

Überhaupt: Das Manko der Videoüberwachung ist doch, dass nur das Offensichtliche gesehen wird. Geht ein Mann mit einem Koffer in den Zug, wer sagt einem, dass sich darin nicht vielleicht ein kleinerer Koffer befindet, in dem die Bombe steckt? Niemand. So kommt er vielleicht ungeschoren davon, weil er mit dem großen Mutter-Koffer den Zug wieder verlässt, während der Bomben-Koffer weiterreist. Was haben wir gewonnen? Nichts. Was haben wir verloren? Eine Menge.

Nicht zu vermeiden, dass sich noch ein CSU-Mitglied, Norbert Geis, zu Wort meldet und fordert, dass Bahnreisende sich den gleichen Kontrollen zu unterziehen haben, wie Flugpassagiere. Offenbar hat die frühe Morgen- oder die gestrige späte Abendstunde diesem Experten ein wenig das Hirn vernebelt. Wie stellt er sich das denn vor? Mal davon abgesehen, dass der gute Mann auch noch sehr, sehr ungerecht ist: »Wir können es nicht darauf ankommen lassen, dass die erste Bombe in einem ICE explodiert«, meint er. Natürlich wäre es sehr unschön, wenn eine Bombe in einem ICE explodiert, aber die Kriminalitäts- und Terrorbekämpfer haben wohl aus den Augen verloren, dass die Bombenattrappen in Koblenz und Dortmund sich in Regionalzügen befanden, also mitnichten in Fernzügen und ich weiß nicht, ob Herr Geis in der letzten Zeit in der Stoßzeit mal mit einem Regionalexpress beispielsweise von Frankfurt oder Köln aus verreist ist. Vielleicht ist ihm als 1.-Klasse-Passagier auch nicht klar, was sich an Mon- und Freitagen so in einem Zug alles abspielt. Überlegt man weiter, wird es sicher auch interessant zu interfragen, was passiert, wenn man umsteigt. Muss man dann noch mal durch die Kontrolle. Soll die Bahn alle Fahrpläne umstellen, weil sie beim Umsteigen immer mitkalkulieren muss, dass die Passagiere noch durch eine Sicherheitskontrolle müssen. Wie verhält es sich, wenn ein Passagier seinen Zug verpasst, weil eine freundliche Sicherheitskraft der Meinung ist, ausgerechnet ihn zu kontrollieren – beispielsweise, weil der Passagier einen solchen gehetzten Eindruck macht. Also außer der Verhältnismäßigkeit, die ich mal in Frage stellen möchte, sprechen schon eine Menge praktische Überlegungen gehen die Gehirn-Ergüsse von Herrn Geis und Co.

Reflexartig reagieren Politiker, wenn irgendwo ein Stasikontakt geäußert wird (vielleicht bei der PDS nicht so, aber sonst…). Böse, böse, böse. Dass man aber den Eindruck haben könnte, das es Ex-Stasi-Mitarbeiter sind, die diesen Politikern diese Überwachungstaktiken einflüstern, auf den Gedanken kommen sie nicht. Und wenn man ihn laut äußern würde, käme gleich zurück: »Stasi war Werkzeug eines Unrechtsstaates.«

So manchmal habe ich meine Zweifel, wo wir uns hinbewegen. Wohl ist mir dabei nicht.

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