Und ich sagte vor der Ankunft noch: „Wenn jetzt noch eine Katze auftaucht, dann ist die Welt, in Ordnung.“ Was soll ich sagen? Nach dem perfekten Essen in einer perfekten Umgebung gingen wir zu unserem perfekten Zimmer und da stand im Mondschein plötzlich eine weiße, zutrauliche Katze neben mir, die viel Wert darauf legte, von mir gestreichelt zu werden. Sollte ich mich da wirklich über eine Fliege beschweren, die mich während der perfekten Mahlzeit umkreiste? Wie käme ich dazu!

Aber nun der Reihe nach.

Die Damen, die das Frühstück für uns in Istres bereiteten, traten gestern in Strickjacken auf. Draußen waren zwanzig Grad und mein norddeutsches Unverständnis war ihnen gewiss. Für ihre Bemerkung, dass es draußen ganz schön frisch wäre, hatte ich nur ein freundliches, aber müdes Lächeln übrig. Frisch?!? Bei zwanzig Grad? Das ist Jammern auf ziemlich hohem Niveau.

Dass wir eine Etappe einlegen würden, war uns schon klar; aber beim Aussuchen des Hotels habe wir dann eines gefunden, das wirklich reizend schien. So entschieden wir uns, dort zwei Nächte zu bleiben und wir kehren nun am Donnerstag heim.

Beim Aussuchen der Route meiden wir gern Autobahnen. Sie sind nicht so reizvoll und das einzig Überraschende stellen die angezeigten Preise bei den Mautstellen dar. Allerdings kamen wir nun bei dem Zeitvergleich für diese Route nicht umhin, Autobahnen nutzen zu wollen: 6 Stunden Autobahn gegen 12 Stunden über Landstraßen.

Fahr’n, fahr’n, fahr’n Autobahn. Langweilig.

Hinter Lyon entschlossen wir uns, eine Kleinigkeit zu essen. Von der Autobahn runter – Hurra! – fuhren wir durch einige Ortschaften, die allerdings keine Möglichkeit der Nahrungsaufnahme boten. Irgendwann fanden wir was, aber da wollte man uns nicht. Es wurde zwar was mit Paradies versprochen, aber das galt wohl nur für alte, trinkende Männer. Das Navi schließlich bot Hilfe an, die aber trügerisch war, denn es schickte uns eine Straße immer rauf und runter. Nach dem dritten „Bitte wenden!“ gaben wir auf und fuhren weiter.

Da man in Frankreich, wenn man Bares hat oder mit der Kreditkarte wenigstens Geld verspricht, nicht verhungern kann, landeten schließlich in einem Hotel-Restaurant an der Saône. Dafür, dass das Wetter nicht so gut und es mitten in der Woche war, konnten sich die Besitzer nicht beklagen. Es war gut gefüllt und abgesehen davon, dass uns als Autobahn-Reisendem die sanitären Anlagen sehr gefielen, war das Essen auch sehr schmackhaft. Oder sagen wir mal, dass die Zutaten zu dem Salat frisch und ausreichend waren. Da wir noch einige Kilometer vor uns hatten, schien es keine gute Idee, uns den Wanst vollzuhauen, um im Anschluss von Mittagsschlaf zu träumen.

Und noch einmal Navi: Von dem Hotel gab es nun keine „richtig genaue“ Adresse. Aber unser TomTom meinte, er würde das Hotel kennen. Die Betonung liegt auf „meinen“. Die Adresse, vor die wir navigiert wurden, war sehr nobel – unseren Wünschen durchaus angemessen, unseren Möglichkeiten aber nicht entsprechend. Es war das Schloss von Gudmont Villiers und kein Hotel. Einmal durch den Ort gefahren, von Ortsschild zu Ortsschild waren das nicht mehr als tausend Meter, dann wussten wir: Hier ist unser Hotel nicht zu finden. Ich erinnerte mich, dass es eine Ausfahrt zuvor ein Schild gegeben hatte, auf dem ein vager Hinweis stand, aber Susann war für ein genaues Studium desselben zu flott vorbeigedüst. Außerdem war ich wie auch Susann zu dem Zeitpunkt noch der Meinung gewesen, dass TomTom in seiner unendlichen Weisheit wüsste, wohin er uns zu bringen hätte.

Wir kamen an. Das Hotel mit dem Namen „La Source Bleue“ liegt recht einsam in der Nähe der Marne (und eines Kanals). Man musste nur den sorgsam verteilten Schildern folgen, um zum Ziel zu kommen. Das Anwesen, so kann man es durchaus nennen, besteht aus einem Altbau, der das Restaurant und die Bar beherbergt, und eigenem Hotel-Neubau. Umgeben wird das durch einen Park mit Teich und Wasser. Früher war dies eine Mühle, insofern sollte sich auch ein kleiner Wasserfall finden lassen.

Das Zimmer hatten wir nach dem Kriterium „Ausprobieren“ gewählt. Es hat eine Whirlpool-Badewanne und, wie sagt Susann immer so schön, „das gönnen wir uns mal“. Der Preis ist für das, was in dem Zimmer geboten wird mit 120 Euro o.k. – würde ich hier längere Zeit verbringen, was ich mir durchaus vorstellen kann (und sogar möchte), so täte es auch ein kleineres Zimmer.

Mit dem Wissen des kommenden Wasser-Vergnügens hatte ich kurz hinter Marseille schon mal mit einem spontanen „Erster!“ Susann wissen lassen, was ich im Hotel zu tun gedachte: die Badewanne ausprobieren! Meine Whirlpool-Erfahrungen sind recht begrenzt. Einmal hatte ich einen Whirpool in meinem Zimmer, während ich in den USA auf Dienstreise war. Das Vergnügen war allerdings nur immer von kurzer Dauer, da das Wasser gechlort war. Das trieb mich wirklich schnell aus der Badewanne. Da war das hier schon anders, auch wenn Susann mit ihrer sehr vorsichtigen Übersetzung beinahe für eine Schweinerei gesorgt hätte. Sie zeigte mir in der Badewanne eine Stelle knapp über den Düsen und erklärte, hier wäre dann Schluss. Ich schaute mir das an und dachte mir, dass ich dann ja kaum mit Wasser bedeckt wäre, was den Badespass ziemlich getrübt hätte. Die beste aller Ehefrauen stand dann bei mir und meinte, ich solle das Vergnügen jetzt mal aktivieren. Wie zu erwarten, püsterten die Düsen nun ordentlich Schaum über den Rand und nur der kombinierte Aus- und Notaus-Schalter bewahrten uns vor Üblerem. „Schnell wieder aus“ war also eine gute Devise, und da sind wir schon beim nächsten Thema: Schaum.

Es gab eine Reihe von Kosmetika, die zur Verfügung gestellt wurden, allerdings kein Badezusatz. Also nahm ich ein wenig von meinem Duschgel. Okay, ein wenig mehr als ein wenig, es sollte ja gut riechen. Kennt Ihr das Märchen von dem Topf mit dem süßen Brei? So ähmlich ist das, wenn man die Whirlpool-Funktionalität mit Schaum kombiniert. Zu Hause leide ich ein wenig darunter, dass in der Badewanne kein richtiger Schaum erzeugt werden kann, dass das Wasser etwas dünn aus der Leitung kriecht. Das war nun ein wenig zu viel, des Guten. Innerhalb einer Minute war das Wasser aufgeschäumt und das Whirlpool-Vergnügen beendet. Man konnte gar nicht die Illumination mit farbigem Licht bewundern, so sehr breitete sich der Schaum breiähnlich aus.

Um 19 Uhr sollten wir beim Essen sein. Wir waren pünktlich und überraschten damit die Bedienung. Nach uns kam ein Paar aus England und dann irgendwann auch die einheimischen Gäste. Wir gingen aber auch fast als Letzte, insofern konnten sich unsere Gastgeber nicht beklagen – wir taten alles für eine Umsatzsteigerung. Wie genossen ein schönes Menü, welches einige Überraschungen vorneweg für uns bereithielt und ich kann es nicht anders sagen, als das wir schon nach kurzer Zeit so angetan waren, dass wir uns zu einer Wiederholung entschlossen. Ebenso entzückt waren wir vom Frühstück: Die größte Hürde ist immer noch, wie man sich den frischen Orangensaft selbst macht. Daran bin ich schon in Nizza kläglich gescheitert (wie kann man nur den Anschalter hinter dem Gerät anbringen), wie auch hier (er ging an und quetschte mustergültig die Orangen aus, nur der Abfluss ins Glas erwies sich als kompliziert). Es gab von Lachs über Gänserilette bis hin zu Nutella einfach alles, was das Herz begehrt.

Das Hotel hat den erklärungsbedürftigen Namen „La Source Bleue“, der übersetzt soviel wie „Die blaue Quelle“ heißt. Heute eroberten wir das Gelände, um diesem Rätsel auf die Spur zu kommen. Es hätte vielleicht auch genügt mit Google Translator die Hotel-Webseite zu untersuchen, aber das wäre weniger spannend gewesen. So marschierten wir also um den Weiher und ergründeten, das wasserfallartige Etwas. Es war zu sehen, was die Mühle früher antrieb, selbst wenn sich die dazugehörigen Wasserräder nicht mehr drehten. So kamen wir aus dahinter, dass der Weiher die Quelle eines Baches ist und keinen anderen Zufluss hat. Der Name kommt daher, dass die Quelle im Wasser auszumachen ist und diese Stelle wirklich blau schimmert.

Absolut faszinierend und das, obwohl das Wetter wirklich dürftig zu nennen war und bei Sonnenschein das Blau noch sehr viel intensiver sein dürfte. Herbst halt, und die Blätter fielen in den Teich und auch die Kastanien, so dass die Fische – Forellen und Störe – die in dem Teich schwammen, sich bös vorsehen müssen.

Das Wetter war anders als angesagt: prophezeit war, vormittags Regen und nachmittags schön. Gekommen ist: vormittags geht so, nachmittags Regen. Wir haben ein paar Dörfer und Kirchen in der Umgebung besucht und uns mit Beginn des Regens in unseren kuschligen Raum zurück gezogen.

Eine interessante Katze haben wir noch gesehen: vorne schwarz, hinten braun. Sie lief  komisch, neigte den Kopf katzenuntypisch, die Zunge steckte zu oft aus dem Mund und sie war tapsig. Sie schaffte es aber trotzdem auf das Dach eines Hauses zu klettern, so das die Gründung einer Stiftung „Aktion Katze“ wohl übertrieben wäre.

Wir warten nun auf das Abendessen, betten uns dann zur Ruhe und starten morgen früh die Heimat-Etappe. Frankreich 2014 ist damit sehr wahrscheinlich erledigt.